Madonna, ein Blonder!
Klar!«, sage ich.
» Na, dann schreiben Sie mal«, sagt der Kollege. » Und, ach ja, wie ist übrigens das Wetter?«
Ich schaue durch den Vorhang an meinem Bett im Ferienhaus der Bianchis. Es ist Ende Oktober. Draußen ist es kalt und es regnet.
Managgia, che freddo! Römischer Winter
Einige Wochen und Abendessen mit Elisa und Dino bei Leo im » Delizie Antiche« später ist das kalte, nasse Wetter, auf das wir in Angolorotondo am Ende schon einen Vorgeschmack bekommen hatten, auch in Rom angekommen. Es ist so zugig und klamm in unserem » Palazzo« und unserer Wohnung, wie man es sich gar nicht vorstellen kann, wenn man als Tourist in einem schönen, beheizten römischen Hotel ein Wochenende mit allem Drum und Dran verbringt. » Ach Quatsch«, sagen die Freunde in der Heimat, wenn ich mich beschwere, » in Rom ist doch immer schönes Wetter.« Dabei kann man nirgends so frieren wie im Winter in südlichen Ländern.
Ein Zeichen für den kommenden Winter ist auch, dass schon zweimal Blumentöpfe von den beiden über uns liegenden Stockwerken auf meine Terrasse geknallt sind, so heftig hat der Sturm ums Haus gepfiffen. Zum Glück ist nichts passiert, weil weder Elisa noch ich in diesem Moment draußen waren. Gut, beim kleinen Ficus im Plastikbecher wäre man mit einem blauen Fleck davongekommen. Aber auf eine Begegnung mit einem fallenden Olivenbäumchen im Terrakottatopf lege ich keinen Wert.
Das Schlimmste ist die Kälte in der Wohnung. Wenn wir am Computer sitzen– ich für die Zeitung, Elisa für » Huber-Reisen«–, sind unsere Hände kalt, als hätten wir stundenlang Schneebälle geformt, und ich trage im Haus Mütze und zwei Pullover übereinander.
Was für ein Unterschied! Von Deutschland bin ich es gewohnt, im T-Shirt am Schreibtisch zu sitzen und dem Schneesturm zuzuschauen. Das finde ich auch immer besonders gemütlich: Drinnen warm, draußen eiskalt. In Rom ist es, egal wo, eiskalt. Das mit der Kälte in der Wohnung liegt daran, dass sie zentral beheizt wird. » Nur der Hausverwalter darf die Heizung anstellen, morgens zwischen 7 und 9 Uhr, abends zwischen 18 und 21 Uhr.« Bravo! Es ist mir ein Rätsel. Von März bis Oktober laufen die Römer im T-Shirt herum, weil es so warm ist, und dann akzeptieren sie es stillschweigend, monatelang zu frieren wie Schnittlauch im Tiefkühlfach. Der Rekord der Niedrigtemperatur liegt an einem Novembernachmittag bei 15,7 Grad. In der Wohnung wohlgemerkt. » Stell dich nicht so an«, sagt Elisa, ich aber schalte den Heizlüfter der Marke » Super Calor« noch eine Stufe höher. Ich würde mich jetzt sogar an Bacione, den Hund meiner Nachbarn, kuscheln, um nicht zu erfrieren.
Natürlich bin ich ein paar Tage später krank– ausgerechnet als Elisa mit einer Reisegruppe im Hotel wohnt. Als ich mich einmal aus dem Bett quäle, um ein wenig frische Luft zu schnappen, winkt mich Dino ins » Papagallo«.
» Was ist los? Ich sehe dich ja gar nicht mehr.«
Ich schildere meine Beschwerden.
» Geh in die Notaufnahme und frag nach Bexter«, meint Dino. Mit einem simplen Schnupfen die Notaufnahme zu bemühen, ist in Italien ganz normal, weil die Behandlung dort nichts kostet.
» Und wer ist Bexter?«
» Das sind Tabletten«, erklärt Dino. » Du nimmst eine und bist ein paar Stunden später gesund.«
Ich sage: » Super, Dino«, verzichte aber darauf, seinen Rat zu befolgen. Die Römer haben nämlich ein sehr unverkrampftes Verhältnis zu Brachialmitteln. Dino hat mir vor einiger Zeit einmal einen Abflussreiniger empfohlen, ein verdächtig giftgrünes Gel namens » Mr Muscolo«, das dann auch prompt zischend und dampfend in mein Waschbecken quoll und die Armaturen verätzte. In jeder italienischen Putzmittelabteilung bekäme der Despot eines Schurkenstaats leuchtende Augen angesichts des dort aufgebauten Chemiewaffenarsenals.
Statt Bexter hole ich mir Hausmitteltipps aus der Verwandt- und Nachbarschaft.
» Nimm ein Glas Essig und gurgle damit«, empfiehlt mein Kotelett-Metzger, als ich Zutaten für eine Hühnersuppe kaufe. Der Gemüsehändler aus Ägypten, bei dem ich Zitronen gegen meine Erkältung erstehe, schwört auf eine Knolle Ingwer mit Salz bestreut, während Leo vom » Delizie Antiche« mich auf jeden Fall vor Milch warnt, die Francesco, der schwarzgebrannte DVD s verkauft und deshalb der Held meines Stadtviertels ist, wiederum für das Allheilmittel schlechthin hält.
Als ich wieder gesund bin, aber vorsichtshalber noch Schal trage, winkt mich Dino ins
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