Madru
und blieb keuchend stehen. Er war erleichtert. Aber es dauerte einen Moment, bis er begriff, woran das lag.
Das Trommeln hatte aufgehört. Man vernahm nur noch das Zischen und Knacken der im Feuer zerspringenden kleinen dürren Äste.
Es war Jessach, als müsse er weinen. Einen kurzen Augenblick wurde er wieder das Kind, das auch er irgendwann einmal gewesen war. Er spürte Geborgenheit und empfand, was er lange nicht mehr empfunden hatte: wie schön es sein könnte, zu leben.
Er sah den Sergeanten auf sich zukommen. Von dem Gefühl, unschuldig zu sein, geborgen, blieb nichts. Sein Gesicht verzog sich zu einer höhnischen Grimasse.
»Was nun?« fragte der Sergeant, der noch außer Atem war. »Ist er tot?«
»… so tot wie nur einer sein kann. Ich glaube, jeder der Männer hat ihm seine Klinge durch den Leib gerannt.«
»Werft die Leiche ins Feuer«, sagte Jessach mühsam, als müsse er die Worte erst wieder entdecken, »und dann laßt antreten. Wir brechen sofort auf. Wenn wir uns beeilen, sind wir noch am Vormittag am Ufer der Schwarzen Seen.«
»Ihr wollt weiter, Herr … weiter nach Norden?«
»Ja, was denn sonst? Habt Ihr etwa gemeint, ich ließe mich von diesem Spektakel hier einschüchtern?«
»Es war ein Zaubertrommler, Herr.«
»Was kümmert uns das. Jetzt ist er tot … oder etwa nicht?« »Gewiß, Herr. Aber wir sind nur dreißig Mann, und dort in den Wäldern stecken hundert, die wissen, daß wir ihn getötet haben.
Wir sollten erst Verstärkung heranziehen. Wir sollten zurück zum Grenzkastell. «
»Ich habe dem Fürsten des Großen Waldes einen Befehl des Königs von Svea zu überbringen und Tribut einzuziehen«, sagte Jessach großspurig.
»Herr, Ihr wißt nicht, wie groß die Gefahr jetzt geworden ist. Ihr kennt Euch hier noch nicht aus. Sonst …«
»Es bleibt dabei.«
»Herr, ich bitte Euch. Wir laufen in unser Verderben.«
»Wie redet Ihr denn plötzlich mit mir? Was sag ich reden … Ihr winselt. Die Sänfte … mein Gepäck. Das Feldzeichen vorangestellt und dann nach Norden Marsch. Nun lauft und führt aus, was Euch aufgetragen ist, Sergeant. «
»Zu Befehl, Herr.«
Jessach schien es richtig, dem Sergeanten nachzugehen, ihn einzuholen und ihm auf die Schulter zu klopfen. »Seid unbesorgt. Ich mag mich mit den Waldmenschen vielleicht nicht auskennen, aber glaubt mir, der Feldzug gegen Norge war auch nicht gerade ein Picknick-Ausflug. Hart durchgreifen und die Disziplin aufrechterhalten – das erwarte ich von meinen Unterführern. Darin liegt das Geheimnis unserer Siege, Sergeant.«
»Wir werden keine Boote vorfinden.«
»Dann holen wir sie uns aus einem Dorf oder wir bauen uns selbst welche.« Jessach versuchte, ermunternd zu lachen. »Denkt doch auch einmal an die Beute … reiche Beute. Ich hatte vor, statt zweitausend Fellen viertausend zu fordern. Nach diesen Unverschämtheiten jetzt sollten es vielleicht sogar fünftausend werden. Was würdet Ihr sagen, wenn ich Euch mit fünfhundert beteiligte?«
»Wer tot ist, braucht keine Reichtümer mehr«, erwiderte der Sergeant, »so sagt man in unserem Dorf daheim. Ich beschwöre Euch, Herr, laßt uns umkehren und Verstärkung holen. Dann könnten wir es ihnen zeigen.«
»Wir zeigen es ihnen auch ohne Verstärkung, Sergeant. Verlaßt Euch darauf.«
Eine halbe Stunde später beschien die nun aufgehende Sonne einen rauchenden Aschenhaufen auf dem Anger, in dem die noch nicht völlig verbrannte Leiche des Zaubertrommlers lag.
Der Ritter schaukelte in seiner Sänfte nach Norden. Die Kettenhemden der Wachmannschaft klirrten und klimperten beim Marsch. Die Abteilung zog durch sumpfiges Gelände. Auwald. Manchmal Vertiefungen, in denen fauliges Wasser stand. Über Knüppeldämme, die wohl die Waldmenschen angelegt haben mochten. Rechts und links knisterte Schilf. Hin und wieder flog ein Entenschwarm hoch. Im Wasser, das nirgends fern war, quakten die Frösche. Das Wasser hatte Augen. Aber sie blickten nur Jessach an.
Gegen Mittag erreichte die Abteilung die Schwarzen Seen. Zu ihrem- Erstaunen fanden sie am Ende des Knüppeldamms in einem kleinen natürlichen Hafen am Rand des Schilfdickichts fünf Boote festgemacht. Jessach bekam gute Laune.
»Was sagt Ihr jetzt, Sergeant«, meinte er aufgekratzt, »es scheint sich herumgesprochen zu haben, daß es besser ist, unser Wohlwollen zu gewinnen. Oder seid Ihr immer noch anderer Meinung?«
»Vielleicht habt Ihr recht, Herr. Ich traue den Halunken immer noch nicht über den Weg.«
»Wir
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