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Madru

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Titel: Madru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Hetmann
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sind die Gesandtschaft einer Großmacht. Mir scheint, in diesem Dorf, das hinter uns liegt, hatten wir es mit der Bevölkerung eigenwilliger Randgebiete zu tun. Die Halunken der Halunken. Mit der Entfernung vom Fürstenhof nimmt überall die Selbstherrlichkeit zu. Vielleicht sind sie auch beschämt, daß sie so töricht vor uns davongelaufen sind, und versuchen nun, die Brüskierung wieder gutzumachen, bevor wir uns beim Fürsten des Waldes beschweren. «
    Die Überfahrt ging sehr langsam vonstatten. Das schwarze brakige Wasser der Sumpfseen war nicht sehr tief. An den meisten Stellen konnte man nicht rudern, sondern mußte die schmalen langen Nachen stakend vorwärtsbewegen. Die Mückenschwärme waren so dicht, daß sie manchmal die Sonne verdunkelten. Immer wieder kam man an kleinen Inseln vorüber, auf denen Wollgras stand und Enten dösten, die beim Herannahen der Kähne mit einem Geräusch, das an eine Ratsche erinnerte, hochflogen. Die Luft war feucht. Es war stechend heiß.
    Das ewige Quaken der Frösche machte den Ritter nervös. Einmal sah er eines der Tiere auf dem Blatt einer Seerose sitzen. Es war dreimal so groß wie die Frösche, die er aus seiner Heimat kannte, auch nicht grün, sondern haferfarben. Zuerst war er geneigt, den unförmigen Haufen auf dem idyllischen Blatt für Pferdedung zu halten. Aber dann schraubten sich aus dem gelblichen Mist, der da lag, zwei gallerthafte Punkte an Muskelsträngen hervor, die ihn herausfordernd anstarrten. Höhnende Bedrohung ging von den Augen des Tiers aus. Er befahl den Stakenden, den Nachen näher an das Blatt heranzulenken. Er zog sein Schwert, aber gerade, als sie bis auf Reichweite heran waren, stieß der riesige Frosch einen höhnischen Laut aus und sprang ins Wasser. Jessach konnte von Glück sagen, daß er von der Wucht des Hiebes, den er geführt hatte, nicht über Bord stürzte.
    Die Männer an den Stangen unterdrückten ein Grinsen, und er ärgerte sich, daß er sich von einem Frosch zu einem solchen lächerlichen Kraftakt hatte verleiten lassen.
    Später versank die Sonne hinter Schilffeldern im Westen und immer war die Uferlinie noch nicht in Sicht. Jessach dachte unruhig daran, wie es sein werde, wenn sie die ganze Nacht auf dem Wasser würden verbringen müssen. Er erwog schon, auf einer der kleinen Inseln ein Lager aufschlagen zu lassen, da erschallte aus dem vorausfahrenden Nachen der Ruf: »Strand in Sicht.«
    I n der Ferne war jetzt am Himmel ein Streifen schwefelgelb, der Rand in der Höhe aber war bläulich-weiß. Einige kleine graue Wolken trieben dahin, auf die ein Widerschein der eben untergegangenen Sonne fiel. Das Wasser wirkte jetzt noch schwärzer als hei Tag. Wie Lack. Abgesehen von den Linien, die durch das Staken entstanden, war darin kaum eine Bewegung zu sehen. Es schien, Als ob es langsam selbst zu Nacht werde.
    »Wird es ein Dorf geben am Ufer?« fragte Jessach den Sergeanten, der hinter ihm im Boot stand und sich anstrengte, im Zwielicht die Küstenlinie auszumachen.
    »Nein«, sagte der Sergeant, »ihre Siedlungen liegen jenseits des Bannwaldes.«
    »Dann übernachten wir auf dem Strand.«
    Der Gedanke an den Großen Wald verursachte dem Ritter Unbehagen. Hinter dem Bannwald? Was bedeutete das nun schon wieder?
    »Ich weiß nicht recht«, meinte der Sergeant und rieb sich das Kinn, »auf den Bäumen oben wären wir vielleicht sicherer.« »Wie meint Ihr das ... auf den Bäumen?«
    »Ihr werdet gleich sehen, Herr. Ein paar Schritte vom Ufer fort, und der Wald beginnt. Einzelne alte Mammutbäume. In der Mehrzahl sehr hohe Buchen und Fichten. In ihrem Schatten sind Eichen und Ahorn nicht ganz so hoch aufgewachsen. Das ist der Bannwald. Unten ist ganz und gar kein Durchkommen. Ein Dschungel aus Sträuchern und Dornhecken. Aber wir sollten die Trittäste finden, die auf die Höhe der Bäume hinaufführen. Dort oben auf den Wipfeln läuft der Weg, und da werden uns die Waldmenschen nie und nimmer angreifen.«
    »Wollt Ihr Euch über mich lustig machen … ein Weg über einen Wald hin?«
    »Kurios, gewiß, aber es verhält sich so wie ich Euch sage.« »Und weshalb sollten wir gerade dort oben besonders sicher sein?«
    »Weil dieser Bannwald für sie heilig ist. Es gibt da eine Sage. Sie meinen, er sei ein Wesen, oder vielmehr, die Mammutbäume seien Riesen, die, zu Bäumen verwandelt, ihr Reich schützen.«
    »Dummes Zeug«, raunzte der Ritter.
    »Nein«, sagte der Sergeant, »wovor man sich aber dort oben hüten muß, sind Luchse

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