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Madru

Madru

Titel: Madru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Hetmann
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Ohnehin«, so fuhr er fort, »lernt man in dieser Kunst nie aus, und eine Kunst ist es. « Früher, da habe es wohl zum selbstverständlichen Wissen des Menschen gehört, aber als der Mensch andere Fähigkeiten für wichtiger erachtet habe, seien ihm darüber diese verlorengegangen. Heute müsse man das nun mühsam erst wieder lernen, das eben nenne man, den ›Weg des Waldes‹ gehen. Zur Bestärkung des Einzelnen und als Anreiz zu seiner immer weiteren Vervollkommnung habe man verschiedene Ränge eingeführt. »Als Schüler«, erklärte Ase nun Madru, »lernst du begreifen, was der Weg ist. Als Läufer kannst du ihn mühelos gehen. Als Gefährte bist du ein Teil des Weges. Als Meister beherrschst du den Weg. Du gebietest dann über all seine Kräfte und Bilder.«
    Ase machte eine Pause, damit Madru Zeit blieb, über das, was er da gehört hatte, etwas nachzudenken. Zu welchem Rang es denn Ase bisher gebracht habe, erkundigte er sich. Man spreche nicht über den eigenen Rang, sagte Ase. Das sei eine der Bedingungen der Lehre. Man sage: Der Anfang ist so leicht wie das Ende. Das Ende ist so Schwer wie der Anfang. Wenn man selbst einen höheren Rang erreiche, lasse einen das der Lehrer wissen. Nur dem Fürsten des Waldes aber sei der Rang aller bekannt, die den Weg des Waldes gingen.
    »Wollt Ihr mein Lehrer werden?« fragte Madru.
    »Warum nicht«, erwiderte Ase, »aber ich will dir auch gleich sagen: in mir wirst du einen besonders strengen und anspruchsvollen Lehrer haben.«
    Er wolle sich gern gehörig anstrengen, meinte Madru. Ase möge ihm ruhig einiges zumuten. Er sei begierig, auf dem Weg des Waldes rasch voranzukommen.
    »Es gibt da eine Redensart«, erwiderte Ase, »man kommt nicht schneller voran als die Bäume wachsen.«
    Es war unterdessen heller Tag geworden. Sie blickten jetzt auf eine weite Fläche schwarzen Wassers hin … mit vielen kleineren und größeren Inseln darin, auf denen weißflockiges Gras blühte und Weiden und Erlen standen. Frösche quakten. Manchmal sprangen Fische im Wasser. Die Wärme nahm spürbar zu. Die Mückenschwärme wurden größer und lästiger für die Wanderer. Einmal bückte sich Ase. Er pflückte einige Blüten einer kleinen braun-gelben Blume, gab sie Madru und hieß ihn, sich damit über Stirn, Nacken, Waden und Arme zu fahren. »Du wirst sehen«, sagte er, »die Mücken lassen dich dann in Ruhe.«
    Die Wirkung war erstaunlich, aber Madru überlegte, weshalb Ase sich nicht auch mit dem Moos eingerieben habe.
    »Wenn du dich fragst, warum mich die Mücken nicht stechen«, sagte Ase, »… die Antwort kannst du dir selbst geben.«
    »Ihr seid gefeit!«
    »So könnte man es nennen«, antwortete Ase, »nur halte das jetzt nicht gleich wieder für Zauber. Ich habe mich lediglich schon so häufig damit eingerieben, daß sich auf meiner Haut immer noch Spuren jener Essenz finden, die das Moos enthält.«
    Madru hatte in den letzten Stunden immer wieder daran denken müssen, wie es wohl am Fürstenhof zugehe. Er wußte wenig darüber. Zu den Wohnstätten, die südlich des Bannwaldes lagen, drang nur selten Nachricht davon. Jetzt erkundigte er sich bei seinem Begleiter danach.
    »Weißt du«, erklärte ihm Ase, »es wird da auch nur mit Wasser gekocht. Laß deine Neugier ruhig noch ein bißchen wachsen. Nur dies solltest du jetzt schon wissen: Ich habe dir vom ›Weg des Waldes‹ erzählt. Daneben aber gibt es noch den ›Weg des Allwiss‹. Über ihn werden dich die Druiden belehren. Und schließlich kennt man den dritten Weg, den der Ritter. In ihm wird dich der Fürst des Waldes selbst unterweisen. Und wenn du genug über die Wege weißt, wird man dir ein Bilderspiel in die Hand drücken. Es ist vor allem dazu da, um herauszufinden, welcher von den drei Wegen gerade für dich der richtige ist.«
    »Diese drei Wege«, sagte Madru und runzelte die Stirn, »verzeiht meine Unwissenheit, aber ich habe nie davon reden gehört. Ihr müßt mir noch mehr darüber erzählen.«
    »Nun gut«, sagte Ase, »vielleicht sollten wir ein wenig rasten. Es spricht sich nicht gut von solchen Dingen, wenn man einen Weg unter den Füßen hat.«
    Auf einem Grasfleck am Rand des Wassers erhob sich eine mächtige alte Buche. Unter ihren weitausladenden Ästen ließen sie sich nieder. »Wenn du in die Große Halle in der Fürstensiedlung kommst«, begann Ase seinen Bericht, »wirst du dort einen langen braunen Stein liegen sehen. An der Oberfläche erkennt man noch deutlich die Baumrinde. Tatsächlich

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