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Madru

Madru

Titel: Madru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Hetmann
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Und Mola … sie besitzt vielleicht sogar noch ein Quentchen mehr davon. Das ist es, was Guh so gegen sie aufbringt. Und dich zieht offenbar dieses alte Wissen an. Und Guh sagt sich: wenn der Sternensohn eine solche Frau heiraten würde, wenn der Große Wald es zuließe, ja, es vielleicht sogar begünstigt, dann …«
    »Ich begreife«, sagte Madru. Er schwieg einen Augenblick und schien über etwas nachzudenken. Dann sagte er: »Wie habt Ihr vorhin den Zustand beschrieben, den man erreichen sollte, wenn man von allem Leiden erlöst sein will?«
    »Ein Zustand, in dem alles zu Nichts und Nichts zu Etwas geworden ist. Das ist freilich eine verkürzende Formel. Denk einmal darüber nach. Ich muß jetzt gehen.«
    »Adieu«, sagte Madru, »ich danke Euch, Jammes. Ihr habt mir viel geholfen. Ich hoffe, wir sehen uns irgendwann einmal wieder. Wenn ich Herrscher des Waldes geworden bin, könnte ich Euch als Berater an meinen Hof berufen.«
    Jammes sah ihn eindringlich an und sagte dann: »Du wirst nicht Herrscher des Waldes, aber im übrigen hast du ein recht interessantes Leben vor dir. Das immerhin kann ich dir versprechen. « »Woher wißt Ihr das?«
    »Darüber möchte ich nichts sagen. Adieu, Madru.«
    Bestimmt war er durch die Tür hinausgegangen, aber Madru kam es vor, als habe er sich in Luft aufgelöst.
    In der folgenden Nacht hatte Madru wirre Träume. Mal war es ihm heiß, dann wieder überkam ihn Schüttelfrost. Er sah Jammes und Alissa vor sich, die auf ihn einredeten. Er sah sich selbst auf einem endlosen Lauf durch einen brennenden Wald. Das Feuer kam näher. Er hörte sich Worte der Sommersprache murmeln und stand schließlich keuchend vor einer Frau auf einem weißen Pferd. Die Frau hob bedauernd die Hände. Ein kleiner Mann, dessen ganzer Körper aus einer großen Wurzel zu bestehen schien, trat vor, ver-neigte sich und sagte: »Verzeihung, aber Ihre Majestät sprechen nur die Wintersprache.« Alissa in ihrem Baumkleid kam auf ihn zugetanzt, begleitet von einem Rudel Wölfe. Sie legte ihre Arme um seinen Hals, küßte ihn und sagte: »Bei mir mußt du weder die Winter- noch die Sommersprache sprechen können, Liebster!« Um sie sprangen aus dem Wald, zwischen den Stämmen, viele Lichter hervor. Die Lichter überwucherten Alissas Gesicht. Es verbrannte, als sei es nur auf Papier gemalt. Madru spürte die Hitze, die von den Flammen ausging. Dann merkte er, wie ihm jemand mit einem Schwamm übers Gesicht fuhr.
    Er erkannte jetzt Gestalten, die sich über ihn beugten. Es waren Granna, die Frau, die im Haus der Lehren in Heilwissen unterrichtete und sein Mitschüler Padur.
    »Was ist denn? Wo bin ich?« fragte er.
    »Du bist in deiner Zelle. Du warst sehr krank. Wir fürchteten schon, deine Seele könnte sich in die Anderswelt davongemacht haben.«
    »Wo ist Jammes? Ich muß ihn dringend etwas fragen.« »Das geht nicht«, sagte Padur.
    »Was soll das heißen?«
    Madru richtete sich auf. Er merkte, das etwas Schlimmes geschehen sein mußte. Granna drückte ihn wieder auf den Strohsack zurück.
    »Das erfährst du alles noch früh genug«, sagte sie beruhigend, »erst einmal mußt du wieder ganz gesund werden.«
    Sie griff nach einem Becher. »Hier, trink das. Es wird dir gut tun.« Die Flüssigkeit schmeckte wie eine Brühe, der man bittere Kräuter beigesetzt hat. Madru schüttelte sich.
    »Brrr … widerlich.«
    »Ganz austrinken«, befahl Granna.
    Er nickte verdrossen, gehorchte aber.
    »Ich fühle mich schon besser«, sagte er dann.
    »Immer langsam«, sagte Granna, »wie schwach du bist, wirst du erst merken, wenn du aufstehst. Du hattest das schwarze Fieber. Die Krise ist vorbei.« Madru schüttelte den Kopf. Schwarzes Fieber? Das war eine Krankheit, an der, wenn sie auftrat, die Menschen wie die Fliegen starben.
    »Waren die Töchter des Fürsten auch krank?«
    »Wenn du Alissa meinst … sie ist gesund«, sagte Padur lachend, »du hast ständig von ihr phantasiert. Du kannst beruhigt sein. Die Seuche hat diesmal nur die Fürstensiedlung heimgesucht.« »Und was ist mit Jammes?«
    »Er ist tot«, sagte Padur.
    »Junge!« rief Granna aufgebracht.
    »Was soll's! Einmal muß er es doch erfahren.«
    »Ist er an der Seuche gestorben?«
    »Nein«, sagte Padur, »Guh hat ihn hinrichten lassen.« »Und weswegen?«
    »Wegen Ketzerei. Wir mußten alle bei der Verbrennung zuschauen.«
    »Verbrennung …?«
    »Erst Folterung bis zum dritten Grad mit dem Ziel, seinen Willen zu brechen und ihn zum Widerruf zu zwingen.

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