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Madru

Madru

Titel: Madru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Hetmann
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dem Sklaven sprach, ließ Madru zögern.
    »Nun also … was gibt's?«
    » Ich bitte dich, diesem Kolwey und seiner Frau, die in die Gebirge im Westen verkauft worden ist, die Freiheit zu schenken.« Jetzt, da er es vor Bator ausgesprochen hatte, klang es ihm recht verwegen.
    Bator gab ein gereiztes Lachen von sich. »Wie käme ich dazu?« »Weil ich dich darum bitte. Weil ich es Kolwey versprochen habe. Ich habe so eine Art Handel mit ihm abgeschlossen. Ich bin ihm noch etwas schuldig. Ich nahm ihm ein Schmuckstück fort, das mir gefiel. Ich versprach, mir von dir für ihn und seine Frau die Freiheit zu erbitten, sofern er mir ein besonders schönes Bilder-spiel mache. Das Spiel kam. Es gefällt mir sehr gut. Was ich Kolwey versprochen hatte, kam mir überhaupt nicht mehr in den Sinn. Doch heute Nacht hat mich die Möndin wieder daran erinnert.« Der Fürst stand auf, ging zum Fenster und sah hinaus. »Tatsächlich Vollmond«, murmelte er, und zu Madru gewandt fuhr er fort, »du bist diesem Sklaven weniger als nichts schuldig. Und keine Möndin hat dir ins Gewissen geredet. Papperlapapp. Du hast schlecht geträumt. Viele Männer träumen schlecht, wenn der Mond voll ist. Dafür gibt es eine ganz einfache Erklärung. Als die Frauen noch mächtiger waren als die Männer, war der Mond das wichtigste Gestirn. Es war wichtiger als die Sonne. Die Möndin scheint unserem Geschlecht die Zurücksetzung der Frauen noch immer nicht ganz verziehen zu haben. Deswegen plagt sie uns, wenn sie die Herrschaft am Himmel hat, mit schlechten Träumen. Laß dich nur nicht zu sehr davon beeindrucken. Nimm etwas Rauschmoos. Das wird dir gut tun.« Er suchte nach der Dose, in der er es aufzubewahren pflegte, hielt diese Madru hin, der aber schüttelte den Kopf. »Danke, ich möchte nicht.«
    Madru atmete tief, als könne er sich damit Mut verschaffen und sagte dann: »Wie wäre es, wenn wir die Sklaverei ganz und gar abschaffen würden?«
    »O weh«, sagte Bator mit kummervoller Miene, »hat dir das etwa auch die Möndin geflüstert?«
    »Nein«, sagte Madru ruhig, »es ist mir so in den Sinn gekommen.« Er stockte. Er mußte an seine Mutter denken und daran, daß er nie darauf gedrängt hatte, sie an den Fürstenhof holen zu lassen. »Wenn bei uns daheim zum Jarl ein Skalde kam«, sagte er weiter, »durfte ich nie zuhören, weil ich der Sohn einer Sklavin war.« »Du hast trotzdem zugehört«, sagte Bator rasch.
    »Woher weißt du das?«
    »Ein wenig kenne ich mich schon mit dir aus … und was deinen Vorschlag angeht«, er verfiel in einen spöttischen Tonfall, »wir wollen uns das einmal vorstellen: mitten in einer Vollmondnacht, kurz vor dem Fest der Wintersonne, ließ der Sternensohn, nachdem er schlecht geträumt hatte, den Fürsten des Waldes wecken. Sie pflogen lange Rat und beschlossen darauf, ihre uneingeschränkte Macht dazu zu nutzen, allen, die bis dahin Sklaven gewesen waren, die Freiheit zu schenken.«
    Er schwieg und sah Madru fragend an.
    »Was wäre daran auszusetzen, wenn sie später das über uns erzählen?« wollte Madru wissen.
    »Herr des Diesseits, Herrin des Jenseits«, rief Bator grimmig, »wen haben die Sterne da nur für uns ausgewählt? Was bezwecken sie mit soviel Eigensinn und Verstoß gegen Anstand und Sitte! Die Sklaverei abschaffen! Womit wird er uns als nächstes überraschen? «
    Madru sah beschämt zu Boden. Bator ging ein paarmal unruhig auf und ab, ließ sich dann in einen Sessel fallen und nahm noch eine Prise Rauschmoos.
    »Falsch … völlig falsch, nicht wahr?« fragte Madru bekümmert und ratlos.
    »Nun hör mir mal gut zu, mein Junge. Gewiß wäre es ehrenvoll, die Sklaverei abzuschaffen. Jeder hat dann und wann einmal solche Träume. Aber dazu müßten wir wirklich Macht besitzen, viel Macht. Wir wollen einmal nachrechnen, wie es um unsere uneingeschränkte Macht tatsächlich bestellt ist. All meine Jarls sind gewohnt, Sklaven zu besitzen. Die tun für sie die schmutzige Arbeit, die schwere Arbeit, die unangenehme Arbeit. Was meinst du, was die Jarls sagen würden, wenn es mit ihrem bequemen Leben vorbei wäre, denn darauf liefe es ja hinaus? Ich will es dir sagen. Ich würde ihnen mit einem solchen Dekret eine hervorragende Ausrede dafür liefern, dem nächsten Heerbann fernzubleiben, zu dem ich sie aufrufe. Sie würden mir in diesem Fall nämlich ausrichten lassen: wir wären dir gern zu Diensten gewesen, aber leider müssen wir nun all jene Arbeit tun, die zuvor Sklaven zu verrichten

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