Madru
übernommen.«
»Er riecht so übel nicht.«
»Entfernt nach Alissa … oder täusche ich mich da?«
»Wie kommt er zu diesem Tuch? Mir ist so, als hätte ich es bei ihr gesehen.«
»Ja, das stimmt.«
»Vielleicht, daß sie es ihm geschenkt hat?«
»Ach was … gehen wir's an.«
Sie waren im Begriff zuzuschnappen. Da sprang er auf und hielt ihnen die Wolfspfote entgegen.
»Warum hast du das nicht gleich gesagt, Bruder?«
War das nur Einbildung? Wo war der Weg? Nichts mehr zu sehen. Dichtes Schneetreiben und Halbdunkel. Muß wärmer geworden sein.
»Was nun?« fragte eines der Tiere.
»Ich war zu müde. Ich mußte schlafen, ich habe mich verlaufen«, gab er Auskunft.
»Und wir sind um ein Stück Fleisch gekommen.«
»Wir traben voraus. Du folgst uns.«
Er steckte die Wolfspfote fort und rieb sich eine Handvoll Schnee ins Gesicht. Keine Wölfe mehr. Hatte er mal im Schnee gelegen? Er war nicht sicher. Vielleicht so eine Art zweites Gesicht. »Weiter«, sagte er zu sich selbst und begann im Trab zu laufen. »Immer weiter und nicht stehenbleiben.«
Als er endlich die Fürstensiedlung erreicht hatte, dachte er: es macht keinen Unterschied, ob es etwas Wirkliches war, das mir das Leben gerettet hat oder ein Traum.
Er brüllte seine Freude, am Leben zu sein, aus sich heraus. Wäre ihm jemand auf der Rodung am Rand der Fürstensiedlung begegnet, er hätte ihn wohl für verrückt gehalten. Sofort ging er in die Sauna. Dann schlief er bis zum anderen Morgen durch.
Zwei Tage später rief ihn wieder einmal Guh zu sich. »Man macht sich Sorgen um dich.«
»Wer ist man?«
»Wir, die Druiden. Man hört, du schläfst schlecht, hast Visionen, wenn Vollmond ist. Und dann diese Geschichte mit dem Sklaven, dem du das Schmuckstück zurückbringst, das du ihm erst abgenommen hast. Benimmt sich so einer, der Herrscher des Großen Waldes werden will?«
»Ich habe mich nun einmal so benommen«, sagte Madru, drehte sich um und ging weg.
Das Fest rückte näher heran. Alle wurden jetzt nervös. Guh fragte: »Welchen Weg gehst du?« Bator fragte und erwähnte die Vorfahren. Auch Ase erkundigte sich.
»Verdammt«, sagte Madru zu Padur, »ich halte das nicht mehr aus. Alle erheben sie Anspruch auf mich. Sie halten dir eine Kiste hin, fordern dich auf hineinzuklettern und, sitzt du drin, dann nageln sie den Deckel zu und rufen laut, damit es auch jeder hört: ›Er gehört uns‹. Am liebsten würde ich auf und davon gehen.«
»Willst du ihnen das wirklich antun?« fragte Padur. »Sie würden dir nachsetzen und dich einfangen. Es bliebe ihnen gar nichts anderes übrig. Wenn du ihnen abhanden kommst, geht die Welt unter.«
»Glaubst du daran?« fragte Madru und dachte an eine Leibwache aus Wölfen. Padur zählte auf: »Einen Schlitten hätten wir. Was wir außerdem noch brauchen, wäre ein Hundegespann, besser noch zwei. Aber Hunde sind nur gegen Goldstaub zu bekommen. Den müßtest du aus der Schatzkammer im Fürstenhof stehlen. Die Leute aus den Westbergen schicken nicht nur Felle, sondern bezahlen ihre Steuern manchmal auch mit Goldstaub, den sie aus den Flüssen waschen.«
»Ich bin kein Dieb«, sagte Madru. Dann fragte er: »Was liegt jenseits der Westberge?«
»Ein steiniges Land mit Meeresbuchten, die sich bis in die Küstengebirge hineinwinden … dann die Große See und jenseits davon die Insel mit dem grünen, grünen Gras. Man nennt sie auch die Insel des Regenbogens.«
»Warum zweimal grün?«
»Oh, man sagt, das Gras, das, dort wächst, habe neunundvierzig Schattierungen von Grün. Es wäre etwas umständlich, sie alle aufzuzählen. «
»Und weiter?«
»Abermals Meer … und dann weiß ich nicht. Irgendwo kommt man dann wohl zum Rand der Welt.«
»wenn ich schon fortlaufe«, sagte Madru, »möchte ich bis über den Rand der Welt hinausgelangen.«
»Was willst du nun tun?« fragte Padur.
»Ich überlege noch.«
»Wenn du fort möchtest«, erklärte Padur, »müssen wir bald aufbrechen. Mit jedem Tag, den wir warten, wird es schwieriger. Bis zum Gehöft meiner Leute zu kommen, ist kein Problem. Sie würden nicht gerade erfreut sein, wenn sie hörten, daß wir auf der Flucht sind. Aber natürlich würden sie uns mit Proviant versorgen, und wir könnten dort unsere Schlittenhunde gegen ausgeruhte Tiere einwechseln. Nur werden eben jetzt die Schneefälle immer häufiger und stärker und bald werden die Pässe der Westberge bis zum Frühjahr nicht mehr zu überqueren sein.«
»Es ist klar«, sagte Madru,
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