Madru
blitzend zwischen das Laub, das den Boden bedeckte. Der Norrländer stand wie versteinert da. Turku schüttelte den Kopf.
»Scheißkerl!« schimpfte Nuri.
»Laß ihn«, 'sagte Turku und griff nach dem Axtstiel, »eh wir uns noch länger mit dem rumärgern, mach ich es lieber gleich selbst. « Er wollte mit dem Fällen beginnen, aber ehe er noch den ersten Hieb führen konnte, war der Norrländer vor den Baum gesprungen und streckte abwehrend seine Hände aus.
»Jetzt reicht's aber, Freundchen!« rief Nuri und sprang ihn an. Sie
rangen miteinander, stürzten zu Boden, wälzten sich im Laub. An Körperkräften schien der Norrländer Nuri überlegen. »Der schafft dich«, sagte Turku etwas schadenfroh. »Soll ich dir helfen?« »Der und mich schaffen. Das wollen wir doch noch sehen.« »Dann mach Schluß mit der Balgerei.«
Jetzt bekam Nuri den Dolch zu fassen, den er im Gürtel trug. Man hörte einen heiseren Laut. Das war alles. Nuri sprang auf, spie aus, klopfte sich die Blätter von den Hosen und sagte: »Der hat genug für heute.«
»Der Waldmensch ist tot«, sagte Turku. Er hatte sich über den verkrümmt am Boden liegenden Mann gebeugt und richtete sich jetzt wieder auf. »Auch recht«, sagte Nuri nur und begann mit der Axt eine Kerbe in den Stamm zu treiben. Holzsplitter wirbelten. Er arbeitete wie besessen, bis der Stamm krachend fiel.
»Sieh mich nicht so an«, sagte Nuri, als er die Axt hatte sinken lassen, »es war Notwehr. So werden wir es melden.«
»Dem Alten wird das gar nicht gefallen.«
»Ach was … er ist dafür, daß den Waldmenschen eine Lektion erteilt wird. Wir haben nur schon mal damit angefangen.«
Turku starrte erschreckt auf die Pfütze Blut, die sich neben dem verkrümmten Mann gebildet hatte und auf der ein paar Holzsplitter trieben.
»Hast wohl noch nie einen Toten gesehen«, sagte Nuri und machte sich daran, die Äste vom Stamm abzuschlagen.
»Zu viele«, sagte Turku.
»Wegen eines Baumes«, sagte Nuri mit einem geringschätzigen Lachen, »nicht zu fassen. So. Das wäre es jetzt. Machen wir, daß wir fortkommen. «
»Sollten wir ihn nicht begraben?«
»Die Wölfe wollen auch leben.«
»Ich finde, wir sollten ihn verscharren. «
»Womit denn … etwa mit den Fingern?«
»Na ja. Da hast du wohl recht.«
Sie nahmen den Stamm auf und gingen. Auf dem Rückweg sprachen sie nicht. Ihre Kameraden sahen sie fragend an, als ihnen auffiel, daß sie ohne den Norrländer zurückkamen. Turku machte Meldung. Der Waldmensch sei plötzlich gewalttätig geworden. Ein Handgemenge. Wie ein Berserker habe er um sich geschlagen. Notwehr.
»Sollen wir noch einmal zurück … den Burschen begraben?« fragte Turku, der vor Jessach und dem Sergeanten stand. »Dummes Zeug«, sagte der Ritter schroff, »wir müssen schnellstens weiter.«
»Hatte er Schmuck auf dem Leib?« fragte der Sergeant. »Wir haben nicht nachgesehen«, sagte Nuri.
»Wohl mit der Angst zu tun gekriegt, was?«
»Schluß davon jetzt«, befahl Jessach, »an die Arbeit, Männer. Das Feldzeichen auf die Stange.«
Eine halbe Stunde später brach die Abteilung auf. Es war immer noch sehr heiß. Wenn Turku aufblickte, sah er in der Luft die Pfütze Blut mit den kleinen Holzsplittern, die darauf trieben. Plötzlich war Nuri neben ihm.
»Noch mal Schwein gehabt, was Kumpel?«
Turku gab keine Antwort.
»Ist was …?«
Noch immer sagte Turku nichts.
Sein Gesichtsausdruck gefiel Nuri nicht. »He … wie ich dir sagte, dem Alten ist's ganz recht gewesen. Keine Bedenken.« Er lachte. »Wir müssen aufpassen«, sagte Turku wie aus einem Traum, »wir müssen höllisch aufpassen. Wir sind in großer Gefahr.«
»Aber wie denn, was denn? Nun spuck's schon aus.«
»Es ist mir erst hinterher aufgegangen. Er hat etwas gesagt … der Waldmensch. Gleich zu Anfang. Es war ein Baumheiligtum! Und was es noch schlimmer macht … jetzt, in diesen Tagen, beginnt für sie der Monat der Erlen. Und die Erle ist Bru heilig.«
»Wem, verdammt?«
»Der Feenkönigin, der Herrscherin über die Anderswelt.« »Dich hat's wohl«, sagte Nuri erleichtert, »du redest ja schon wie der Waldmensch. Feenkönigin … wenn's weiter nichts ist. Das sind doch Hirngespinste!«
»Da wäre ich nicht so sicher«, antwortete Turku, »sie läßt uns alle umbringen, wenn wir nicht abhauen.«
»Ich und abhauen«, sagte Nuri, »hier gibt's Beute. Gute Beute, viel Beute. Das riecht meiner Mutter Sohn.«
Das Dorf erwies sich als eine Ansammlung von vielleicht dreißig,
Weitere Kostenlose Bücher