Madru
vierzig Gehöften auf einer Waldlichtung. Jessach ließ seine Kettenhemden auf dem Anger antreten und befahl dem Sergeanten, den Dorfältesten herbeizuschaffen. Der dicke Ritter erwartete Ihn in eindrucksvoller Pose, hinter sich die Abteilung Soldaten, vor ihm einer mit dem Feldzeichen, neben ihm sein Dolmetscher. Der Dorfälteste erschien in Begleitung zweier anderer Männer. Alle drei trugen trotz der heißen Jahreszeit schöne Pelzmützen. Der Dolmetscher übersetzte Jessachs Befehl: Bequemes Nachtquartier. Verpflegung. Für den anderen Morgen einen Scout bis zum Ufer der Schwarzen Seen. Nachricht an ein Dorf dort, dessen Namen ihm der Sergeant, die Landkarte in der Hand, souffliert hatte. Die Aufforderung, dort die Nachen bereitzustellen, um übersetzen zu können. Hundert Eichhörnchenfelle als Sühne für den feigen Überfall unterwegs.
»Und sag ihm«, hatte Jessach geschlossen, »sag ihm, als Zeichen dafür, daß er unserem König und uns wohlgesinnt und gewillt ist, zu tun, was wir von ihm verlangen, soll er sich vor unserem Feldzeichen verbeugen.«
Die drei Waldmenschen hörten die Worte des Dolmetschers mit unbeweglichem Gesicht an. Eine unbehagliche Stille trat ein. Endlich sprach der Dorfälteste ein paar Worte.
»Er will alles tun, was Ihr befehlt. Nur Felle besitzt er keine. Sein Dorf ist arm, behauptet er.«
»Sag ihm noch einmal: ich will hundert schwarze Eichhörnchenfelle oder er wird etwas erleben.«
Wieder rührte sich kein Muskel im Gesicht der Männer, während der Dolmetscher sprach.
»Nun?« fragte Jessach.
Immer noch keine Antwort.
»Sag ihm, wir schlagen hier alles kurz und klein, wenn er keine Eichhörnchenfelle herausrückt.«
»Der fremde Mann redet zu schnell. Die Tiere sind unsere Freunde«, sagte er Dorfälteste ruhig.
Während der Dolmetscher übersetzte, gab Jessach über die Schulter den Befehl: »Zieht eure Schwerter!«
Man hörte das Geräusch der eisernen Klingen. Endlich zeigte sich in den Augen der Waldmenschen eine Wirkung. Wieder redete der Dorfälteste.
»Er läßt Euch sagen, er weiß, daß Ihr nicht spaßt«, sagte der Dolmetscher.
»Das will ich meinen.« Jessach lachte selbstzufrieden.
»Er wird sich bemühen, jedes Fell herbeizuschaffen, das im Dorf vorhanden ist, aber er kann zu dieser Jahreszeit keine Tiere töten.«
»Seine Sache. Hundert ist gnädig«, sagte Jessach, »und jetzt sollen sie uns gefälligst huldigen.«
Er lauschte den unverständlichen Lauten nach, zu denen seine Worte wurden. Die drei Norrländer schritten gehorsam auf das Feldzeichep zu. Plötzlich, sie waren nur drei, vier Schritte von der Stange entfernt, rissen sie die Arme hoch, schrien etwas, schrien wie am Spieß und rannten auf die Gehöfte hin davon.
»Was hat das zu bedeuten?« fragte Jessach den Dolmetscher, als er sah, daß aus den Häusern rings um den Anger Waldmenschen stürzten und unter wildem Geschrei in den Wald hinein flüchteten.
Der Dolmetscher zuckte die Achsel: »Offenbar hat ihnen unser Feldzeichen einen solchen Schrecken eingejagt.«
»Aber weshalb? Und was haben sie geschrien?«
»Geschrien haben sie: Baumfrevel.«
Jessach erinnerte sich an den Bericht der beiden Soldaten, daß der Eingeborene sich geweigert hatte, den Baum zu fällen. Er wurde unsicher. »Sergeant!«
»Zu Befehl, Herr.«
»Wie beurteilt Ihr die Lage? Was sollen wir tun?«
»Das Dorf räumen. Biwak im Gelände. Die ganze Nacht über große Feuer.«
Jessach dachte daran, daß ihm der Sergeant schon vor ein paar Stunden dasselbe geraten hatte. Eigentlich neigte er jetzt dazu, darauf einzugehen. Etwas war ihm unheimlich an diesem Dorf, aber dann überlegte er sich, daß es seiner Autorität abträglich sein werde, wenn der Sergeant am Ende seinen Willen durchsetzte.
»Falsch«, sagte er deshalb scharf, »wenn die Waldmenschen fortrennen, sind wir hier in Sicherheit.«
»Mir scheint …«, mischte sich der Dolmetscher ein.
»Euch scheint, und ich weiß«, schnitt ihm Jessach das Wort ab. »Wir bleiben. So. Und nun wollen wir uns dieses Dorf einmal etwas näher ansehen.«
Gefolgt von der Gruppe der Kettenhemden ging er auf das nächstliegende Haus zu. Die Eingeborenen hatten offenbar nicht einmal das Nötigste von ihrer Habe mitgenommen. Um seine Männer bei guter Laune zu halten, gab Jessach die Ortschaft zur Plünderung frei. Aber sie fanden nichts in den Häusern, was sie verlockt hätte. Die Waldmenschen schliefen auf Strohmatten. Ein Tisch, Stühle, ein Schrank, irdenes
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