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Madru

Madru

Titel: Madru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Hetmann
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etwas anderem. Da kommt die Königin ... Majestät ...!« Sie versank in einen tiefen Knicks.
    »Aber ich bitte dich«, sagte Bru, »steh doch auf. Wie oft soll ich dir noch sagen, daß ich Hofknickse nicht leiden kann?«
     

FÜNFZEHNTES KAPITEL
    Brus Feengericht über König Lausbart
    Madru wird als Ritter des Großen Waldes verpflichtet

    Stolz und selbstbewußt kam sie daher. Ein großes Schiff unter Segel, in voller Fahrt, wie er es am Meer gesehen hatte. Es war aber auch etwas an ihr, das an eine blühende Sommerwiese, an über Berg und Tal sich hinziehende Weizenfelder erinnerte, an einen Buchenwald mit geraden Stämmen im frischen Grün, durch den die Sonne flutet, an Blumen und Pflanzen mit gesundem Wuchs und üppigen Blüten wie sie an Bachrändern gedeihen.
    So wie Bru da auf sie zukam, war sie freilich für einen besonderen Anlaß herausgeputzt. Sie trug gewissermaßen ihre Amtskleidung. Auf ihrem Kopf saß eine Krone aus den verschiedenen Getreidesorten. Zwischen den Ähren waren Heckenrosen und Kornblumen eingebunden. Ihre Stirn verdeckte eine hochgeschobene Halbmaske: der Schädel eines Luchses. Um den Hals lag ein Kranz aus Ginster- und Distelblüten. Ihr Kleid war aus den Blättern all jener Bäume und Sträucher zusammengesetzt, die auch im Bilderspiel vorkommen. Der Gürtel bestand aus kleinen weißen und blauen Häherfedern und hatte eine Schließe in Form einer Libelle ... jener Libelle, die Madru als Knauf an Alwiss' Stock gesehen hatte. Brus Beine steckten in Stiefeln aus mausgrauem Leder, dazu trug sie Strümpfe, die vorn lachsrot und hinten moosgrün leuchteten.
    Madru küßte ihre Hand. Ein Geruch von Maiglöckchen und wilden Tieren fuhr ihm in die Nase.
    »Willkommen zum Mitternachtsgericht!« sagte sie und fügte augenzwinkernd hinzu: »Du bist aufgehalten worden, höre ich.« Sie sprach Brusinisch, und zwar die Sommersprache. Ehe er noch etwas antworten konnte, ergänzte sie: »Die beiden treiben es manchmal ein bißchen toll, sind aber nicht von der üblen Sorte. Oder gab es Grund zu Klagen?«
    »O nein, ganz und gar nicht ... im Gegenteil«, antwortete Madru in der Sommersprache.
    »Die Sitten sind bei uns etwas freier«, sagte Bru, »wir haben uns eben nie recht zivilisiert. « Sie gab diesem Wort einen ironischen Klang. Manchmal, wenn die Leidenschaften gar zu hohe Wellen schlügen, müsse sie auch schon mal einschreiten. »Aber im großen und ganzen kommen wir eigentlich ohne Moral recht gut aus. Vielen Dank, liebe Schwestern. Ich muß euch jetzt euren Spielgefährten entführen.«
    »Ein Schicksalsschlag, an den wir gewöhnt sind«, sagte Peg, »und doch tut es immer auch ein bißchen weh. Wann werdet Ihr uns endlich einmal einen Kerl schicken, der für Jahr und Nacht bei uns einzieht?«
    »Ich meine es gut mit euch«, sagte Bru, »so wie es jetzt eingerichtet ist, bleiben euch die schmutzigen Socken und die schlechte Laune der Herren erspart. Und was wäre besser als Abschiednehmen, wenn es am schönsten ist? Also, adieu, meine Lieben. Madru, in meiner Gegenwart darf man sich küssen.«
    Dieser Aufforderung kam er umgehend mit Herzlichkeit nach. Dann faßte ihn Bru beim Arm, zog ihn mit sich fort und sagte: »Bringen wir die Förmlichkeiten so rasch wie nur möglich hinter uns. Willst du mein Ritter werden und für den Großen Wald, meine Ehre und die deiner Dame kämpfen?«
    »Alissa ist tot, oder bin ich genarrt worden mit dem, was ich in diesem Spiegel sah?«
    »Sie sind alle tot. Ich bin traurig und ich bin zornig. Der Frevel, den Lausbart begangen hat, ist ungeheuerlich. Er hat seine Falle schlau gestellt. Alle Jarls, alle Gouverneure, alle Freisassen waren zum Fest in die Große Halle gekommen. Er hat ein ganzes Volk ausgerottet. Wir werden ihn vor Gericht stellen.«
    »Vor Gericht«, sagte Madru verwundert, »dazu müßtet ihr ihn erst einmal fangen.«
    »Nein«, sagte Bru, »der Angeklagte ist hier. Wir erwarten von ihm jetzt ein ehrliches Schuldbekenntnis. Es darf nicht noch mehr Blut fließen.«
    »Und wenn er sich weigert?«
    »Dann muß beraten werden. Ich habe neun Baumnymphen als Geschworene eingesetzt. In diesem Fall würden wir wohl dein Dienste in Anspruch nehmen müssen.«
    »Und die bestünden worin?«
    »Darüber möchte ich jetzt noch nichts sagen. Außerdem müssen wir uns beeilen. Es ist höchste Zeit.«
    Sie hatte schon zuvor kurz zum Himmel aufgeschaut, als lasse sich dort für sie die Zeit an den Sternbildern und dem Stand des schmalen Mondes

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