Madru
liegenlassen sollen, als Fraß für die Raubvögel oder als Futter für die Wölfe?«
Bru: »König, Ihr seid Euch offenbar über den Ernst Eurer Lage nicht recht im klaren. Ihr seid von diesem Gericht angeklagt, mit der Verbrennung der Großen Halle ein ganzes Volk ausgerottet zu haben. «
König (unterbricht sie): »Krieg ist Krieg. Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Ein Denkzettel war überfällig. Ich weiß ja nicht, wie es in Eurer Welt zugeht. In unserer geschieht derlei an allen Ecken und Enden, landauf, landab. Kaum jemand macht noch großes Aufheben davon.«
Bru: »Vielen Dank für diese Belehrung, König Lausbart.« König: »Wie steht's denn nun? Was wollt Ihr denn noch hören? Ist doch wohl klar: da kommt nur Freispruch in Frage.«
Bru: »Von einem Freispruch kann keine Rede sein.«
König: »Ach so ... das läuft hier wie anderswo auch? Was wollt Ihr haben? Nennt Euren Preis. So etwas kann man heute in aller Öffentlichkeit erörtern.«
Bru: »Wir mißverstehen einander offenbar völlig.«
König: »Ich will endlich mein Urteil. Ich will das hinter mich ge
bracht haben. Ich habe nicht soviel Zeit. Ich brauche meinen ruhigen Schlaf. Und keine Tricks bitte. Ich verweise auf mein blaues Mut. Adel nachweisbar über zehn Generationen hin.«
Bru: »… ist für uns belanglos.«
König: »Was soll das nun schon wieder heißen? Typisch weibliche Mogik. Da sitzen ja überhaupt nur Frauen in der Jury. Ich verlange, von meinesgleichen abgeurteilt zu werden. Ich lehne dieses Gericht wegen Befangenheit ab.«
Bru: »Seid Ihr bereit, ein Schuldgeständnis, das wir vorbereitet haben, zu unterschreiben oder nicht?«
König: »Wie käme ich dazu? Das wird ja immer schöner ...« Bru: »Genug damit. Er hat seine Chance gehabt. Das wird niemand leugnen. Er ist gierig, verantwortungslos, dreist, mörderisch. Schafft ihn uns aus den Augen. Aber rasch . ..«
(Ende des Protokolls)
Drei der Eber-Jimmies gelang es, Lausbart auf den Rücken des vierten zu bugsieren. Dort wurde er festgebunden und gleich darauf trabte er mit dem König dessen irdischer Schlafstätte entgegen.
»Nehmt euch in acht vor den Ledermännern!« rief Bru den EberJimmies nach.
Die Beratung der Geschworenen verlief kurz und bündig. Darauf trat Bru auf der Bühne vorn an die Rampe und sagte mit lauter, klarer Stimme: »Da König Lausbart für die Irdischen wie für die Wesen der Anderswelt eine lebensgefährliche Bedrohung darstellt, da er in der vorangegangenen Befragung keinerlei Reue gezeigt hat, sondern nach seinen träumend getanen Äußerungen zu befürchten ist, daß er mit seiner Gier und Grausamkeit abermals Unglück über die Irdischen und Jenseitigen bringen wird, rufe ich euch alle auf, uns dabei zu helfen, seinem mörderischen Tun und Handeln ein Ende zu setzen. Es ist unser Wille, sein Heer morgen bei Sonnenaufgang anzugreifen und zu vernichten. Wir wissen wohl, daß dies auch manchen der Unsrigen das Leben kosten wird, und wir beklagen es, solche Opfer von euch fordern zu müssen. Allein die Gefährlichkeit unseres Feindes und seine Gewissenlosigkeit lassen uns keine andere Wahl. Zum Befehlshaber unserer tapferen Truppen bestimmen wir, angesichts der euch allen bekannten Tatsache, daß wir selbst die Welt der Sterblichen nicht betreten können, einen Irdischen unseres Vertrauens. Wir verpflichten euch also alle, unserem Feldherrn gehorsam zu sein, sofern er nichts Unehrenhaftes von euch verlangt. Auch, wenn es alles andere als süß und ehrenvoll ist, auf dem Schlachtfeld zu fallen, bitten wir euch, für uns den Sieg erstreiten zu helfen.«
Die Rede Brus wurde mit stürmischem Beifall und Zurufen aufgenommen, mit denen die Baumwesen ihre Kampfesentschlossenheit bekundeten. Gleich darauf sah sich Madru von Tannenalben, Weißdornwichten, Haselnußbolzen, Holunderhulden, Apfeltruden, Eichenhenkern, Eschen-Ormen, Weiden-Dilldaps und Hekkenrosen-Amazonen umringt. Alle wollten sie ihm die Hände schütteln oder klopften ihm ermunternd auf die Schultern.
»Morgen geht's gegen Laosbart!«
»Wir erwarten Eure Befehle, General.«
»Zeigen wir's ihnen, was Eschen-Ormen sind!«
»Schon dafür, daß er die Große Pappel und die Große Erle hat niederbrennen lassen, hat er den Tod verdient, dieser Barbar. Ich will ihm mit Freuden meinen Speer zwischen die Rippen pflanzen.« So redeten sie, und einige verlangten gar, daß er ihnen seinen Schlachtplan bekanntgebe.
»Hilfe«, sagte er und griff nach ihrer Hand wie nach dem bewußten
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