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Maechtig, mutig und genial

Maechtig, mutig und genial

Titel: Maechtig, mutig und genial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Karnofsky
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Menchú wuchs zu einer Zeit auf, in der die Indigenen Guatemalas – sie machen die Mehrheit der Bevölkerung aus – unter extrem schwierigen Bedingungen leben mussten. Seit 1960 herrschte Bürgerkrieg im Land. Ihm fielen rund 200 000 Menschen zum Opfer, die meisten von ihnen Zivilisten. Die Menschen in den Dörfern des Hochlandes wurden zwischen den Fronten aufgerieben. Die linken Guerillagruppen suchten bei der indigenen Landbevölkerung Unterstützung, und das Militär, bis heute eng mit der kleinen Großgrundbesitzerschicht des Landes verbunden, betrieb eine Politik der verbrannten Erde: In 410 Fällen wurde versucht, ganze Gemeinden auszulöschen. Die meisten dieser Massaker geschahen zwischen 1981 und 1983. Rund 80 Prozent der Toten des Krieges gehen auf das Konto der Militärs und der von ihnen im ganzen Land gegründeten Selbstverteidigungsgruppen, stellte der
Bericht zur Wiedergewinnung der geschichtlichen Wahrheit
fest, den eine Menschenrechtsgruppe um den 1998 nach Vorlage des Berichts des von Militärs ermordeten Bischof Juan Gerardi erarbeitet hat.
    Tatsache ist auch, dass Rigobertas Familie nachweislich großes Leid erfahren musste: Ihr Vater Vicente Menchú hatte am 31. Januar 1980 gemeinsam mit 34 anderen indigenen Bauern aus Protest gegen die Massaker der Militärdiktatur von GeneralFernando Romeo Lucas García (1978–1982) friedlich die spanische Botschaft in Guatemala-Stadt besetzt. Das Militär stürmte die Botschaft und tötete sämtliche Besetzer. Spanien brach daraufhin die diplomatischen Beziehungen zu dem mittelamerikanischen Land ab.
    Nur wenige Monate nach dem Tod des Vaters wurde Rigobertas Mutter von den Militärs festgenommen, gefoltert, vergewaltigt und schließlich ermordet. Juana Tum hatte zuvor das Angebot von Kirchenleuten abgelehnt, ihr zur Flucht aus Guatemala zu verhelfen.
    Rigoberta Menchú hat sich, und das ist verbrieft, bereits in jungen Jahren im Kampf der indigenen Bevölkerung um Land und für bessere Lebensbedingungen engagiert, und für dieses Engagement wurde ihr der Nobelpreis verliehen. 1979 hatte sie sich dem
Comité de Unidad Campesina
(CUC, dt.: Komitee der bäuerlichen Einheit) angeschlossen, zu dem auch ihr Vater gehört hatte. Sie führte Protestaktionen und Streiks an, mit denen das CUC neben dem Recht auf Land für die indigenen Bauern ein Ende der Landvertreibungen durch die Militärs, menschenwürdige Arbeitsbedingungen und gerechte Löhne auf den Kaffeeplantagen sowie das Recht, sich zu organisieren, durchzusetzen versuchte. 1981 musste Rigoberta, wie viele Mitglieder des CUC, ihr Land für zwei Jahre verlassen, weil ihr Leben bedroht war. Die Militärs unterschieden nicht zwischen Guerilla und Bauern, die friedlich für ihre Rechte eintraten: für die Militärs waren sie alle Kommunisten, die es auszumerzen galt. 1983 kehrte Rigoberta zurück, um 1984 erneut fliehen zu müssen. Im Ausland arbeitete sie als internationale Repräsentantin des CUC, klärte in vielen Ländern über die Diktatur in ihrer Heimat auf und knüpfte Verbindungen zu anderen indigenen Gruppen Lateinamerikas, die im Vorfeld der sich 1992 zum 500. Mal jährenden Landung von Kolumbus in der Neuen Welt verstärkt begannen, sich zu organisieren und für ihre Rechte einzutreten. Menchú nahm damals auch zeitweilig an der Formulierung der 2007 schließlich vonder Vollversammlung der Vereinten Nationen abgesegneten Erklärung der Rechte der indigenen Völker teil. 1990 wurde ihr der UNESCO-Preis für Friedenserziehung zugesprochen.
    Als ihr 1992 der Friedensnobelpreis zuerkannt wurde, geschah dies nicht nur in Anerkennung ihres unbestreitbaren persönlichen Einsatzes für indigene Rechte, sondern auch als Respektsbezeugung für die indigenen Völker Lateinamerikas 500 Jahre nach Beginn der Kolonisierung des Kontinents. Mit ihrem Preisgeld in Höhe von 973.000 US-Dollar richtete Menchú eine Stiftung ein, die Bildungs-, Friedens- und Entwicklungsprojekte für arme Guatemalteken finanziert. Ein Jahr später wurde sie vom Generalsekretär der Vereinten Nationen zur UNESCO-Botschafterin des guten Willens für das Jahr der indigenen Völker ernannt.
    Seitdem agiert Menchú glücklos. Im Oktober 1995 geriet sie ins Kreuzfeuer der Kritik, weil sie nach dem Massaker einer Armeeeinheit in einem indianischen Dorf die Todesstrafe für die Soldaten gefordert hatte. Nachdem sie darauf hingewiesen worden war, dass noch nie ein Friedensnobelpreisträger der Todessstrafe das Wort geredet habe, erklärte

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