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Maechtig, mutig und genial

Maechtig, mutig und genial

Titel: Maechtig, mutig und genial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Karnofsky
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Ihr Sohn Fabían holte sie von der Bühne, um sie in Sicherheit zu bringen, doch es half nichts, Mercedes Sosa wurde verhaftet und mit ihr die 350 Zuhörer des Konzerts. Sie blieb 18 Stunden in der Gewalt der Militärs, bis ein Anwalt ihre Freilassung erwirkte. Die Generäle wussten, dass sie nichts mit der Guerilla zu tun hatte, das rettete ihr das Leben.
    Es sprach für ihre politische Naivität, dass sie geglaubt hatte, ein Star wie sie, dem die Menschen an den Lippen hingen, könnte öffentlich für eine Agrarreform singen, wie sie die Guerilla forderte, und ungeschoren davonkommen, nur, weil auch die Militärs sie und ihre Musik mochten. Man verbot ihr aufzutreten, und so verließ La Negra im Februar 1979 das Land,um zunächst in Paris und schließlich in Madrid im Exil zu leben, das sie »als die schlimmste aller Strafen« empfand. Sie litt unter Einsamkeit.
    Die Militärs waren noch an der Macht, doch bereits erheblich geschwächt, weil die Wirtschaft täglich schlechter lief und sich immer mehr Unmut über die Repression breitmachte, als Mercedes Sosa am 18. Februar 1982 für sieben Tage nach Buenos Aires zurückkehrte, um im
Teatro Ópera
an der Avenida Corrientes im Herzen der Stadt gemeinsam mit anderen Künstlern, die sich nicht mit den Militärs arrangiert hatten, 13 legendäre Konzerte zu geben. Gemeinsam mit León Gieco sang sie dort dessen Lied »Sólo le pido a Díos« (dt.: Ich bitte Gott nur darum, 1978), das sich in den kommenden Monaten zum Protestsong der Demokraten gegen die Diktatur entwickeln sollte. Und sie sang »La Carta« (dt.: Der Brief), ein Lied von Violeta Parra, in dem die Chilenin die Verhaftung ihre Bruders beschreibt, der an einem Streik teilgenommen hatte: »Die Leute sprangen auf, sie waren völlig außer sich, viele weinten«, erinnerte sich Sosa. Die Konzerte, aus deren Live-Mitschnitten kurze Zeit später das Doppelalbum
Mercedes Sosa en Argentina
(dt.: Mercedes Sosa in Argentinien) entstand, wirkten für viele Menschen wie ein Signal, nicht länger zu schweigen. Im Mai kam es zur ersten großen Demonstration gegen die Diktatur. Mercedes Sosa kehrte nach der Konzertreihe gleich wieder nach Madrid zurück, da sie Repressalien der Militärs befürchten musste.
    Die Militärs verloren nach zehnwöchigen Kämpfen im Juni 1982 den Falkland- oder Malwinenkrieg gegen Großbritannien und sahen sich gezwungen, für Oktober 1983 Wahlen auszuschreiben, die der Liberale Raúl Alfonsín für sich entschied. Nach dessen Amtsübernahme ließ sich La Negra wieder in Buenos Aires nieder, um künftig für Alfonsín Position zu beziehen, vor allem, weil er die Militärs für ihre Menschenrechtsverbrechen vor Gericht stellen ließ. Rund 30 000 Menschen waren unter der Diktatur in Folterzentren verschleppt wordenund seitdem spurlos verschwunden. Sosa widmete den Verschwundenen 1983 das Lied »Todavía cantamos« (dt.: Wir singen noch, geschrieben von Víctor Heredia), ein flammender Aufruf, sie nicht zu vergessen und die Suche nach ihnen nicht aufzugeben. Weil sie sich für die weitere Verfolgung der unter der Diktatur begangenen Menschenrechte einsetzten, unterstützte Sosa in den letzten Jahren die Regierungen von Néstor Kirchner und seiner Frau Cristina Fernández de Kirchner ( S. 158 ).
    Nach dem Ende der Diktatur in ihrer Heimat feierte Mercedes weiterhin weltweit Triumphe. Sie sang in New Yorks
Carnegie Hall
, im
Concertgebouw
in Amsterdam und trat auch verschiedentlich in Deutschland auf. Insgesamt, so hat ihr Management errechnet, hat sie vor einer halben Million Menschen gesungen. Sie stand mit Luciano Pavarotti auf der Bühne, mit ihrer nordamerikanischen Kollegin Joan Baez und immer wieder mit dem von ihr hoch geschätzten Brasilianer Milton Nascimento. Nur zu einem Duett mit Carlos Santana, das sie sich so gewünscht hatte, kam es nie. Sie sang in Deutschland mit Konstantin Wecker, und in Argentinien gibt es keinen ernstzunehmenden Künstler, mit dem sie nicht aufgetreten wäre. Sie lud junge Sänger und Musiker in ihre Konzerte ein, um sie zu fördern, und akzeptierte auch deren Einladungen, an ihren Konzerten teilzunehmen – gewöhnlich, ohne ihnen ein Honorar abzuverlangen. Gelegentlich sang sie ohne Gage für die Bewohner der Hauptstadt, die sich im Hochsommer keinen Urlaub leisten konnten und auch für teure Eintrittskarten nicht das Geld hatten. Und für Kinder sang die UNICEF-Botschafterin ebenfalls gratis. Sie gab gern. So unterstützte sie auch eine Suppenküche in einem

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