Maechtig, mutig und genial
Viertel armer Immigranten aus Bolivien und Peru.
Kein Musik- oder Fernsehpreis, den man ihr in Argentinien nicht zuerkannt hätte, und auch an internationalen Ehrungen fehlte es nicht. Sie erhielt fünf Grammys, unter anderem im Jahr 2000 für ihre CD
Misa Criolla
(dt.: Kreolische Messe), dieihr erneut Ariel Ramírez auf den Leib geschrieben und die sie in Israel produziert hatte. UNIFEM zeichnete sie für ihre Verdienste um die Rechte der Frau aus, und die UNO-Weltfrauenkonferenz lud sie 1995 ein, zu deren Musiksammlung
Global Divas
ihr »Gracias a la Vida« beizusteuern. Sie fand sich auf diesem Album in illustrer Gesellschaft: Edith Piaf sang ebenso darauf wie Marlene Dietrich, Aretha Franklin oder Miriam Makeba. Ein Jahr später wurde ihr in Aachen der Internationale Musikpreis der UNESCO verliehen, mit dem Musiker ausgezeichnet werden, die auf besondere Weise zur Entwicklung des internationalen Musiklebens beigetragen haben und sich für Frieden, Völkerverständigung und die Bewahrung traditionellen Kulturguts eingesetzt haben. In der Laudatio hieß es, der Preis werde ihr nicht nur für ihre brillante Karriere zuerkannt, sondern auch, weil sie sich während der »dunklen Jahre« der argentinischen Diktatur um die Verteidigung der Menschenrechte verdient gemacht habe.
1997 nahm Sosa dann in ihrer Eigenschaft als Vizepräsidentin der lateinamerikanischen Sektion des Rates der Erde am Forum Rio + 5 teil, um mit Vertretern von Nichtregierungsorganisationen aus aller Welt darüber zu diskutieren, wie sich nachhaltiges Wachstum in die Tat umsetzen lässt, und um sich an der Redaktion der sogenannten Erd-Charta zu beteiligen, einer Deklaration grundlegender ethischer Prinzipien für eine nachhaltige globale Entwicklung.
Für die Klatschpresse gab Mercedes Sosa nie viel her, denn sie lebte sehr zurückgezogen. Im letzten Lebensjahrzehnt waren gelegentliche Erkrankungen Anlass, über sie zu berichten. So zwangen sie 1998 ein Magenproblem und eine schwere Depression für fünf Monate ins Bett. Sie selbst meinte dazu, die schlimme Erfahrung des Exils sei die Ursache ihrer Krankheit gewesen.
Gelegentlich gab auch ihr Verhältnis zu ihrem Sohn Fabián, der sie seit Jahren managte, den Klatschblättern Nahrung, denn zwischen Mutter und Sohn flogen bisweilen die Fetzen.Sie liebte ihre beiden Enkel, obwohl sie mit ihnen auch streng sein konnte. Mit Araceli, Musiktherapeutin und zehn Jahre älter als ihr Bruder Agustín, stand sie mehrfach auf der Bühne. Sie fuhr gern Auto, weil es ihr das Gefühl von Unabhängigkeit gab, und sie gab zu, dass sie hochmütig sein konnte, vor allem, wenn es ums Singen ging. Und ja, die Frau, die sich uneitel selbst als dick bezeichnete und immer in den schlichten, weiten, meist schwarz-roten Ponchos der Hochlandindianer auftrat, mochte auch Luxus: Bevor sie sich fotografieren ließ, streifte sie angeblich ihre Ringe ab.
»Ich habe aufrecht gelebt und sie sollen mich aufrecht begraben«, sang sie auf ihrer letzten CD
Cantora
(dt.: Sängerin), auf der sie mit Shakira, Juan Manuel Serrat und anderen Stars im Duett zu hören ist. Wenige Tage nach Erscheinen der CD, am 4. Oktober 2009, verstarb Mercedes in »ihrem« Buenos Aires, dessen Ehrenbürgerin sie längst war, an einem HerzLungenstillstand. Zwei Wochen zuvor war sie mit Leberproblemen in eine Klinik eingeliefert worden. Ihr Leichnam wurde im Kongress aufgebahrt. Wie tausende Bürger erwies auch Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner La Negra die letzte Ehre.
Ausgewählte Literatur:
http://www.mercedessosa.com.ar . Die Webseite enthält einen ausführlichen Lebenslauf und eine vollständige Discographie.
Víctor-M. Amela: »Entrevista a Mercedes Sosa: ›Tomamos la vida muy a la ligera.‹« Auf: http://www.theclinic.cl/2009/10/05/mercedes-sosa-tomamos-la-vida-muy-a-la-ligera , 14.5.2012.
Gabriel Bauducco: »Mercedes Sosa«. Auf: http://www.astrolabio.net/msosa/articulo/101962137572533.html , 14.5.2012.
Hinnerk Berlekamp: »Irgendwann singe ich John Lennons ›Imagine‹«.
In:
Berliner Zeitung
, 25.10.2003. Auf: http://www.berliner-zeitung.de/archiv/10810590,10124710.html , 11.5.2012.
Cristina Castello: »Mercedes Sosa. La Voz«. In:
Viva
, Beilage zur
Clarín
, 11/1994.
Ausführliches Interview mit Mercedes Sosa über ihr Leben. Teilweise nachgedruckt auf: http://www.revista.agulha.nom.br/ag11sosa.htm , 14.5.2012.
Volker Schmidt: »Die Stimme Südamerikas ist verstummt«. Auf:
Weitere Kostenlose Bücher