Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maechtig, mutig und genial

Maechtig, mutig und genial

Titel: Maechtig, mutig und genial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Karnofsky
Vom Netzwerk:
eine Stütze … und als die galt der Ehemann.« In die Scheidung willigte er erst ein, nachdem sie ihm die Rechte an ihren bisher aufgenommenen Platten übertragen hatte.
    Kurze Zeit später ging sie erneut eine feste Beziehung ein, mit ihrem Manager Pocho Mazzitelli, den sie bis zuletzt als ihre große Liebe bezeichnete. Mazzitelli starb 1978 an einem Hirntumor. Seitdem lebte Sosa allein.
    Beruflich ging es nach der Trennung von Matus stetig bergauf: 1966 erschienen gleich zwei Alben, und 1967 folgte die erste internationale Tournee, die sie in die USA, in die Sowjetunion und in verschiedene europäische Länder führte. 1969 komponierte Ariel Ramírez für sie die Musik zu
Mujeres Argentinas
(dt.: Argentinische Frauen), und der im Lande hochgeschätzte Historiker Félix Luna schrieb die Texte. Das Album ist acht bekannten und unbekannten, aber immer kämpferischen Argentinierinnen der Geschichte gewidmet. »Alfonsina y el mar« (dt.: Alfonsina und das Meer), die Huldigung an die feministische Dichterin Alfonsina Storni, die 1938 im Meerden Freitod gesucht hat, zählt neben »Gracias a la vida« (dt.: Dank an das Leben, von Violeta Parra, 1971) und »Todo Cambia« (dt.: Alles verändert sich, 1984) zu ihren berühmtesten Liedern.
    Bereits im Juni 1966 hatte sich das Militär mit General Juan Carlos Onganía an der Spitze an die Macht geputscht, und Mercedes Sosas Lieder, die von Freiheit, Abschaffung der Armut oder der Gleichstellung der Frau handelten, passten nicht in das Weltbild der streng katholischen, antikommunistischen Generäle. Die meisten ihrer Lieder durften im staatlichen Radio nicht mehr übertragen werden.
    Sosa träumte davon, die Welt zu verändern. Sie bezeichnete sich selbst als Kommunistin, war aber nie parteipolitisch aktiv. Sie behauptete von sich selbst, politisch naiv gewesen zu sein. Wie so viele arme Argentinier, waren ihre Eltern Anhänger von General Juan Domingo Perón und seiner Frau Eva (S. 118) gewesen. Dank des sozialen Wohnungsbauprogramms seiner Regierung (1946–1955) hatte die Familie ein Haus bekommen. In einem Interview erinnerte sich Mercedes Sosa, wie sie alle geweint hatten, als Evita Perón 1952 ihrem Krebsleiden erlag. Für Sosa war Evita eine Revolutionärin ihrer Zeit, die sie für ihre Schönheit und ihre Kraft bewunderte.
    Perón wurde 1973 erneut ins Präsidentenamt gewählt, doch bereits im Juli des Folgejahres starb der General. Seine dritte Frau María Estela Martínez de Perón ( S. 118 ), die gewählte Vizepräsidentin, übernahm daraufhin die Macht. Das Land versank in Gewalt. Zwei linke Guerillagruppen warfen Bomben und entführten reiche Unternehmer und rechte Politiker. Die von der Regierung und den Streitkräften gestützte, paramilitärische Organisation
Alianza Argentina Anticomunista
(dt.: Argentinische Antikommunistische Allianz, gemeinhin als
Triple A
bekannt) antwortete ebenfalls mit Terror. Die
Triple A
forderte Mercedes Sosa schließlich in einem Brief auf, Argentinien binnen vier Tagen zu verlassen. »Bis dahin war ich jeden Tag spazieren gegangen, aber jetzt lag ich da, wusste nicht, wasich tun sollte. Pocho, mein Mann, der damals noch lebte, sagte: Steh auf, lass uns an die frische Luft gehen, sie werden nicht erreichen, was sie wollen. Es war ein Sonnabend, ich werde es nie vergessen. Wir gingen also los, die Straße Carlos Pellegrini entlang bis zur Córdoba und zurück, und auf diesem Spaziergang lernten wir, was Angst ist«, berichtete sie 2003 der
Berliner Zeitung
.
    Sie ging dann auf Tournee nach Ecuador und Japan, und als sie zurückkam – inzwischen hatten die Militärs die Präsidentin aus dem Amt geputscht und erneut die Macht übernommen – ließ man sie zunächst in Ruhe. Bis 1978, als sie im Studentenclub der Veterinärmediziner der Stadt La Plata auftrat. An der Universität von La Plata hatten die
Montoneros
, eine der beiden Guerrillagruppen des Landes, besonders starken Rückhalt, und die Armee war dort immer wieder eingeschritten. »La Plata mit seiner Universität war die röteste Stadt Argentiniens – rot von all dem Blut, das dort geflossen ist. Auf dem Campus, in den Wäldern, überall lagen jeden Morgen die Leichen. Wenn Pocho damals noch am Leben gewesen wäre, er hätte nie zugelassen, dass ich nach La Plata fahre«, erinnerte sich die Sängerin. Sie hatte gerade das Lied »Cuando tenga la tierra« (dt.: Wenn ich das Land habe) gesungen, ein Plädoyer für eine Agrarreform, als Polizei und Militär den Saal stürmten.

Weitere Kostenlose Bücher