Maechtig, mutig und genial
Diplomaten, den Isabel sehr schätzt. Die Familie zog von 1953 bis 1956 in den Libanonund anschließend nach Bolivien. In Beirut besuchte Isabel eine britische Privatschule, und in La Paz ging sie auf ein US-amerikanisches Gymnasium. 1958 kehrte sie nach Santiago de Chile zurück und beendete dort ihre Schulausbildung. Im gleichen Jahr lernte sie den Bauingenieur-Studenten Miguel Frías kennen, den sie 1962 heiratete. Trauzeuge war der spätere Präsident Salvador Allende. Ein Jahr später wurde ihre Tochter Paula geboren.
Nach dem Abitur verzichtete sie auf ein Studium, weil sie finanziell unabhängig sein wollte. Sie arbeitete in der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UNO in Santiago, wo sie nach einer Weile die Verantwortung für eine Sendung über Unterernährung in der Welt übernahm, die das staatliche Fernsehen wöchentlich ausstrahlte. Ab 1964 lebte sie mit Mann und Tochter eine Weile in Belgien und der Schweiz. Vor der Geburt ihres Sohnes Nicolás 1966 kehrte sie nach Santiago zurück.
Das Hausfrauendasein lag ihr nicht, und so wurde sie im Juli 1967 Mitgründerin und Redaktionsmitglied der Frauenzeitschrift
Paula
, war dort für den Bereich Humor verantwortlich und verfasste zudem feministische Beiträge. »Damals«, so schrieb sie in dem autobiographischen Band
Mein erfundenes Land
, »war ich zum ersten Mal Teil einer Gemeinschaft, ich besaß einen Freibrief, durfte indiskrete Fragen stellen und meine Ansichten verbreiten«. Simone de Beauvoirs
Das zweite Geschlecht
und Germaine Greers
Der weibliche Eunuch
zählten zu den Büchern, die sie damals sehr beeinflussten.
Ab 1973 schrieb sie auch für die Kinderzeitschrift
Mampato
, die sie kurze Zeit leitete. Ihr erstes Theaterstück wurde 1972 uraufgeführt, es erschienen zwei Kurzgeschichten für Kinder, und sie veröffentlichte ihr erstes Buch: eine Sammlung feministisch-humoristischer Artikel mit dem Titel
Zivilisieren Sie Ihren Höhlenmenschen
. »Ohne Humor«, sagte sie einmal, »wäre die Strafe, eine Frau in einer für Männer gemachten Welt zu sein, unerträglich. Aber mit Humor kann man Schlägean jeden austeilen, der sie verdient«. Außerdem arbeitete sie für zwei Fernsehkanäle, für die sie eine Comedysendung und eine Talkshow moderierte, die ihr zu einiger Popularität verhalfen.
1970 hatte der Vetter ihres Vaters, der Sozialist Salvador Allende, an der Spitze des Parteienbündnisses
Unidad Popular
(dt.: Volkseinheit) in Chile die Präsidentschaft übernommen, und ihr Stiefvater Ramón wurde chilenischer Botschafter in Argentinien. Am 11. September 1973 endete Chiles sozialistisches Experiment: Die Streitkräfte unter Führung von General Augusto Pinochet putschten den demokratisch gewählten Allende aus dem Amt, und dieser beging Selbstmord. Noch vier Tage zuvor hatte Isabel im Kreise der Familie mit ihm im Präsidentenpalast zu Mittag gegessen. »Ich denke nicht daran, zurückzutreten, das Volk hat mich gewählt und ich mache weiter, es sei denn, sie tragen mich tot hier heraus«, hatte er da geäußert, erinnerte sich Isabel 1988 in einem Interview. Der Putsch habe dafür gesorgt, dass sie binnen 24 Stunden erwachsen geworden sei und begriffen habe, dass sie künftig Position beziehen müsse. Unumwunden gibt sie zu, dass ihr der Nachname Allende am Anfang ihrer Schriftstellerkarriere geholfen hat, erst recht, weil viele anfänglich glaubten, sie sei Allendes Tochter, die ebenfalls Isabel heißt.
Nach dem Putsch ging sie noch eine Weile ihrer Arbeit nach, wurde dann jedoch sowohl bei
Paula
als auch bei
Mampato
entlassen, weil sie mit der Zensur in Konflikt geraten war. Beim Fernsehen kündigte sie, als sie merkte, dass ihr Name von der Diktatur nur dazu missbraucht wurde, um der Öffentlichkeit eine falsche Normalität vorzugaukeln. In den Monaten nach dem Putsch half sie zunächst Dissidenten, das Land zu verlassen, bis sie merkte, dass sie ihre Familie damit gefährdete. Als sie selbst anonyme Todesdrohungen erhielt, verließ sie 1975 Chile: »Die Bluthunde wurden von der Kette gelassen, und ich war von einem Tag auf den anderen eine Fremde im eigenen Land, bis ich es schließlich verlassen musste, denn wiehätte ich dort leben und meine Kinder großziehen sollen, wo die Angst regierte und es keinen Platz für Dissidenten wie mich gab. Damals waren Neugier und ein flottes Mundwerk per Dekret verboten«, heißt es dazu in ihrem autobiographischen Band
Mein erfundenes Land
.
Erst 1988,
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