Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maechtig, mutig und genial

Maechtig, mutig und genial

Titel: Maechtig, mutig und genial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Karnofsky
Vom Netzwerk:
gelegentlich wurden ihm in Managua Putschgelüste nachgesagt. Er wäre selbst gern Präsident geworden. In den Folgejahren war Chamorro im Parlament auf die Stimmen gemäßigter Sandinisten angewiesen.
    Auch in der Wirtschaft setzte sie auf Versöhnung, Einigkeit und Frieden. Nachdem das Land von einer Streikwelle erfasst worden war, brachte Doña Violeta Regierung, Unternehmer und die in ihrer Mehrheit sandinistischen Gewerkschaften an einen Tisch. Künftig wurde zwar weiterhin gestreikt, und aufgebrachte Arbeiter verbrannten Stoffpuppen im weißen Kleid, doch nach einer Weile kam man gewöhnlich zu einer Übereinkunft.
    Der Regierung Chamorro gelang es, die Inflation, die 1990 etwa 13 500 Prozent betragen hatte, auf zwölf Prozent zu reduzieren. Ab 1994 setzte auch wieder Wachstum ein, nachdemChamorro das Land 1990 mit einem Minuswachstum von 5,5 Prozent übernommen hatte. Zu einer Abnahme der Armut führte dies jedoch nicht, im Gegenteil: Als Violeta Chamorro aus dem Amt schied, war die Zahl der Armen von rund 50 auf 53 Prozent gestiegen. Die hohe Arbeitslosigkeit war der Hauptgrund dafür: Die Wirtschaft des kleinen Landes war damit überfordert, 80 000 ehemalige Kämpfer von Armee und
Contra
aufzunehmen. Die Auslandsschulden, die die Regierung Ortega als Folge des Krieges und eines zehnjährigen US-Wirtschaftsembargos hinterlassen hatte und auf deren Rückzahlung die meisten Gläubiger pochten, ließen der Regierung Chamorro keinerlei Spielraum für Investitionsprogramme oder Armutsbekämpfung. Nicht zuletzt sah sich Chamorro auch von der internationalen Gemeinschaft enttäuscht – allen voran von den USA –, deren Interesse für das kleine Nicaragua mit seinen knapp sechs Millionen Einwohnern nach dem Ende des Kalten Krieges merklich nachließ. Die Hilfsgelder flossen geringer als erwartet.
    Eine Vorkämpferin für die Rechte der Frau war Violeta Chamorro nie. Auch wenn sie die Forderungen der Frauen nach gleichen Rechten verstand, ließ sie nie einen Zweifel daran, dass sie nicht Präsidentin geworden wäre, wenn ihr Mann noch gelebt hätte. Dann wäre sie an seiner Seite gewesen. Ihrem konservativen, vom Katholizismus geprägten Weltbild schwor sie nie ab, und so wurde in den Schulbüchern bald wieder die Jungfräulichkeit propagiert. Oft suchte sie, wenn sie Rat brauchte, Kardinal Miguel Obando y Bravo auf, auch wenn der ihr übelnahm, dass sie immer wieder mit den Sandinisten paktierte. Gern bezeichnete sie sich noch als Hausfrau, als sie längst das höchste Staatsamt bekleidete. Und sie ließ es sich nicht nehmen, selbst zu öffnen, wenn Besuch vor der Tür ihres Hauses stand. Sie nähte sich ungeniert einen Knopf ans Kleid, während der Besuch seinen Kaffee trank.
    Als Violeta Barrios de Chamorro die Wahlen gewann, glaubte niemand so recht daran, dass sie ihr Amt ausfüllen und sichangesichts der schwierigen politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse würde an der Macht halten können. Doch Doña Violeta, inzwischen zwölffache Großmutter und Urgroßmutter, hielt durch. Am 10. Januar 1997 übergab sie ihrem Nachfolger ein Land, in dem Frieden herrschte, das zwar immer noch bitterarm, aber solvent war und in dem die demokratischen Institutionen trotz vieler Defekte leidlich funktionierten.
    Danach zog sie sich aus der Politik zurück. Sie gründete 1998 eine Stiftung, die ihren Namen trägt und die sich für Pressefreiheit und demokratische Rechte einsetzt, doch die tägliche Arbeit überlässt sie Tochter Cristiana.
Ausgewählte Literatur:
    Violeta Barrios de Chamorro (mit Sonia Cruz de Baltodano und Guido Fernandez):
Dreams of the Heart
. New York 1996. Detailgenaue, gut recherchierte Lebenserinnerungen, in denen Violeta Chamorro den Kampf ihres Mannes gegen Somoza beschreibt, auf ihre Rolle unter den Sandinisten sowie auf ihre Präsidentschaft eingeht.
    Eva Karnofsky: »Eine Familie im Zeichen der Politik: Die Chamorros«.
    In: FAZ Magazin, 1991.

MARÍA ESTELA (ISABEL) MARTÍNEZ DE PERÓN
ARGENTINIEN, *1931
    Sie war die erste Präsidentin nicht nur Lateinamerikas, sondern der Amerikas insgesamt, aber auf ihre Präsidentschaft ist keine Argentinierin und kein Argentinier stolz, denn sie mündete in die grausamste Militärdiktatur, die das Land erlebt hat. »Isabelita«, die das Amt von ihrem Mann quasi geerbt hatte, war alles andere als eine emanzipierte, politisch aufgeklärte Frau, und sie besaß, im Gegensatz zum Vorbild Evita, weder Charisma noch ein eigenes politisches Profil. Für die

Weitere Kostenlose Bücher