Maechtig, mutig und genial
Zeitgenossen und ihre Biographen bleibt vor allem ihre Persönlichkeit zum großen Teil rätselhaft.
Geboren wurde Isabel als María Estela Martínez Cartas am 4. Februar 1931 in der Provinzstadt La Rioja als jüngstes von sechs Kindern einer Familie der unteren Mittelschicht. Man zog bald nach Buenos Aires um. Jedoch starb der Vater kurz darauf, und die Familie geriet in finanzielle Schwierigkeiten. Während ihre älteren Geschwister für den Lebensunterhalt sorgten, interessierte sich María Estela besonders für den Tanz. Sie erhielt Privatunterricht in Französisch und Klavierspielen. Ob sie die Sekundarschule abschloss, ist nicht klar. Nach einem heftigen Streit mit ihren Geschwistern verließ sie das Haus und lebte fortan bei einem spiritistisch orientierten Ehepaar, das sie als ihre Adoptiveltern betrachtete. 1951 schrieb sie sich in der
Escuela Nacional de Danza
, der argentinischen Tanzakademie ein, verließ diese aber nach einem Jahr wieder, da sie bereits als zu alt galt für eine Karriere als klassische Tänzerin.Sie schloss sich einer Folkloretanztruppe an und nannte sich fortan zu Ehren ihrer Adoptivmutter, die ihre tänzerischen Ambitionen unterstützt hatte, Isabel.
Eine Lateinamerikatournee der Ballettgruppe führte die junge Frau durch mehrere Länder, bis sich die Truppe in Kolumbien auflöste. Isabel blieb nichts anderes übrig, als sich einer drittklassigen Kabaretttruppe anzuschließen, mit der sie schließlich in Panama landete. Dort lebte seit November 1955 der argentinische Präsident Juan Domingo Perón im Exil, dessen erste Frau Evita 1952 gestorben war. Über die Frage, wann und wie Isabel und Perón sich kennenlernten, kursieren verschiedene Geschichten, jedenfalls zog sie bald in das Apartment ein, in dem Perón und zwei seiner engsten Vertrauten lebten. Gerüchte, der argentinische oder gar der US-amerikanische Geheimdienst habe sie als Spionin auf Perón angesetzt, lassen sich nicht bestätigen. Isabel war zunächst offenbar so etwas wie eine Haushälterin, die zudem noch für die Unterhaltung der Argentinier sorgte. Langsam aber sicher entwickelte sie sich zur Sekretärin und Geliebten Peróns. Es entstand eine feste nicht-eheliche Beziehung, die auch dazu führte, dass Isabel sich immer stärker mit dem politischen Projekt Peróns identifizierte. Ab 1960 lebte das Paar in Spanien, und auf Druck der extrem konservativen spanischen Gesellschaft entschied sich Perón Ende 1961, die 36 Jahre jüngere »Chabela«, wie er sie nannte, zu heiraten. Der eher apolitischen jungen Frau kam das Leben im katholischen Franco-Spanien entgegen, zumal sich hier die prekäre gesellschaftliche und ökonomische Situation Peróns stabilisierte. Man verkehrte auf höchster Ebene, und Isabel freundete sich mit der Schwester des Diktators Franco, Doña Pilar, an. Offenbar förderten die Jahre in Spanien auch ihre Sympathie für den Autoritarismus und den Katholizismus, an dem sie trotz ihrer spiritistischen Neigungen festhielt.
Perón begann, seine dritte Frau, die über keinerlei politische Erfahrung verfügte und in seiner Partei eine Unbekannte war,zu seiner rechter Hand und Stellvertreterin aufzubauen. Da ihm die Einreise nach Argentinien verboten war, schickte er sie Ende 1965 auf eine längere Argentinienreise, wo sie die politischen Kontakte vor allem zu den Gewerkschaften pflegte. Allerdings agierte sie zurückhaltend und vermittelnd, ganz anders als die polarisierende Evita, wohl wissend, dass sie es mit dieser nicht aufnehmen konnte. Dennoch hatte sie einiges mit ihr gemein: sie trat stets unterwürfig auf, hatte es aber gewagt, ihr Land und ihre Familie zu verlassen und den strengen Moralvorstellungen der Zeit zu trotzen. Und beide standen den feministischen Ideen, die gerade in den 1960er Jahren in Argentinien neuen Auftrieb erhielten, ablehnend gegenüber, veränderten durch ihr Handeln jedoch das traditionelle weibliche Rollenbild.
1973 kam es in Argentinien wieder zu Wahlen, zu denen auch die Peronisten zugelassen wurden, und unter dem Motto »Cámpora an die Regierung, Perón an die Macht« siegte der peronistische Statthalter Héctor Cámpora. Er rehabilitierte Juan Domingo Perón, der kurz darauf mit seiner Frau aus dem Madrider Exil nach Argentinien zurückkehrte. Allerdings hatte sich Argentinien in den fast 20 Jahren seit der Regierung Peróns grundlegend verändert, und die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen waren an den Peróns im weitgehend isolierten Franco-Spanien
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