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Maechtig, mutig und genial

Maechtig, mutig und genial

Titel: Maechtig, mutig und genial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Karnofsky
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Sandinisten angeschrieben hatte. Violeta besprach sich mit ihrer Tochter Cristiana und deren Ehemann Antonio Lacayo und sagte zu.
    Ihre Kür zur Kandidatin fiel den 14 Parteien umso leichter, weil niemand in der Opposition auch nur an die Möglichkeit eines Wahlsieges geglaubt hatte, kommentierte Tochter Claudia 1991 die Kandidatur der Mutter: »Jeder hat gewusst, dass sie eine mutige, großzügige, konsequente und durch und durch demokratisch gesinnte Frau ist, aber jeder kannte auch ihre Grenzen.«
    Sie kannte sie selbst. »Ich bin keine Intellektuelle«, schrieb Violeta in ihren Erinnerungen. Und so suchte sie sich einen Mann, dem sie vertraute und der ihre Ideen von Frieden, Demokratie und sozialer Marktwirtschaft würde in praktische Politik umsetzen können. Schwiegersohn Antonio Lacayo war einer der jungen, modernen Unternehmer, die schon gegen Somoza Sturm gelaufen waren. Er wurde ihr Wahlkampfleiter und später als Präsidialamtsminister der starke Mann an der Seite von Doña Violeta, wie man sie in Nicaragua nannte. Und so nannte sie sich auch, wenn sie von sich selbst sprach.
    Die Wahlkampagne war ihr auf den Leib geschneidert. Sie zeigte sich fortan nur noch in weißem Kleid, gelegentlich warein wenig blau, die zweite Farbe der Nationalflagge, als dezente Applikation erlaubt. Das weiße Kleid war ein Symbol für traditionelle Werte, kommentierte damals ihr Sohn Carlos Fernando, denn die Nicaraguaner verbänden die Farbe mit Versöhnung, mit der Familie, mit der Kirche und auf dem Lande gar mit der Jungfrau Maria, die Frieden bringt und die Menschen beschützt. Als sich die Kandidatin dann auch noch während des Wahlkampfes ein Bein brach, kam dies wie ein Geschenk des Himmels, formulierte der Soziologe Oscar René Vargas. Wie eine Heilige zog sie fortan auf einer Art Altar durchs Land. Ihre Botschaft war einfach: Frieden, Versöhnung, Einigkeit.
    Nach seiner Ermordung war Pedro Joaquín Chamorro zu einem Erlöser geworden, der das Land hätte retten können. Der Mythos wurde nun auf seine Witwe übertragen, die fortan nicht mehr Violeta Barrios de Chamorro, sondern nur noch Violeta Chamorro genannt wurde, auch wenn ihr dies, wie sie in ihren Erinnerungen festhielt, missfiel. Allein in der konservativen Oberschicht hatte es einst Tradition, dass die Ehefrau den Familiennamen des Mannes übernahm.
    Doña Violeta war das Symbol für die intakte Familie, nachdem der Krieg so viele Familien zerrissen hatte. Sie symbolisierte die Mütter, die sich um die Söhne sorgten und die Familie ohne den Vater zusammenhalten mussten. Sie hatte ihre Familie immer einigen können, sollte es ihr da nicht auch gelingen, die Familie namens Nicaragua, von der sie gern sprach, zu einen? Sie war die Garantin des Friedens, denn sie propagierte die Abschaffung der Wehrpflicht und die drastische Verkleinerung der Streitkräfte. Violeta Chamorro gewann die Wahlen mit 54,7 Prozent der Stimmen und leistete am 25. April 1990 als erste direkt vom Volk gewählte Präsidentin Lateinamerikas ihren Amtseid.
    Gemeinsam mit ihrem Schwiegersohn machte sie sich daran, ihre Versprechen von Einigkeit, Versöhnung und Frieden einzulösen. Sie umarmte öffentlich ihren Amtsvorgänger Daniel Ortega, handelte mit ihm eine zivilisierte Machtübergabeaus und nahm sogar dessen Energieminister in ihr Kabinett auf. Sie bewies politische Intuition, als sie das Amt des Verteidigungsministers gleich mit übernahm, und Humberto Ortega, den sandinistischen Chef der Streitkräfte und Bruder Daniels, zunächst im Amt beließ, als Lebensversicherung, sozusagen. Er war es, der gegen den Widerstand vieler Sandinisten, die eine starke Armee als Druckmittel behalten wollten – schließlich war es seit der Revolution die Armee der Partei –, die von der Präsidentin verfügte Reduzierung der Streitkräfte und die Verringerung der Verteidigungsausgaben in die Praxis umsetzte. Und solange Humberto Ortega, den die Streitkräfte verehrten, hinter ihr stand, konnten ihr auch die ultrarechten, ehemaligen Gefolgsleute Somozas in ihrem eigenen Oppositionsbündnis nicht so schnell gefährlich werden. Acht der 14 Parteien hatten sich bereits am Tag nach ihrem Amtseid von ihr losgesagt, weil sie in ihrer Rede zum Amtsantritt die sofortige Abschaffung der Wehrpflicht und die Entwaffnung sämtlicher Zivilisten, sprich: der
Contra
-Rebellen, bekanntgegeben hatte. Ihr Vizepräsident, der Liberale Virgilio Godoy, hatte sich auch gleich nach der Wahl von ihr abgesetzt, und

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