Maechtig, mutig und genial
einschlug. 1981 übernahm dann der Republikaner Ronald Reagan die US-Präsidentschaft. Der Logik des Kalten Krieges folgend schlug er sich auf die Seite der anti-sandinistischen Kräfte, fortan als
Contra
bekannt, und rüstete sie auf. Ohne die US-Hilfe, so heißt es in Violetas Memoiren, hätten die
Contras
nicht erstarken können. Violeta Chamorro war im Übrigen immer eine Gegnerin ausländischer Einmischung, auch seitens der USA. Man kann sie getrost als um Nicaraguas Souveränität bedachte Nationalistin bezeichnen.
Im März 1982 rief Ortega den Ausnahmezustand aus, der die bürgerlichen Freiheitsrechte einschränkte. Nicaragua befand sich im Bürgerkrieg.
Violeta Barrios de Chamorro, die nie zuvor berufstätig war, widmete sich seit ihrem Rückzug aus der Junta ganz
La Prensa
, unterstützt von Tochter Cristiana. Sohn Pedro Joaquín, anfänglich noch Chefredakteur, verließ 1984 die Zeitung, ging nach Costa Rica und übernahm dort einen Posten im Direktorium der
Resistencia Nicaraguense
(RN, dt.: Nicaraguanischer Widerstand), der politischen Führung der
Contra
. Seine Schwester Claudia hielt sich ebenfalls in Costa Rica auf – als Botschafterin der sandinistischen Regierung. Carlos Fernando hatte inzwischen die Chefredaktion des sandinistischen Parteiorgans
Barricada
übernommen. In
La Prensa
und
Barricada
trugen Mutter und Sohn den Konflikt zwischen Opposition und Sandinismus nun täglich auf den Titelblättern aus. Die Zeitungen wurden zu Kampfblättern. Der sandinistische Zensor befahl immer wieder das Einschwärzen ganzer Artikel von
La Prensa
, und wenn das Papier knapp wurde, traf dies
La Prensa
zuerst. Die Zeitung wurde 1986 schließlich sogar für 16 Monate geschlossen. Violeta, die inzwischen dem Vorstand der Interamerikanischen Verleger-Vereinigung SIP
(Sociedad Interamericana de Prensa)
angehörte, lief daraufhin in Europa und den USA gegen die Einschränkungen der Pressefreiheit sowie die sich häufenden Menschenrechtsverletzungen in Nicaragua Sturm. Claudia Chamorro bemühte sich um Vermittlung bei den
Comandantes
, doch sie stieß auf taube Ohren, schließlich befand man sich im Krieg.
Obwohl sie in gegnerischen Lagern verankert waren, gelang es Violeta, ihre vier Kinder regelmäßig in ihrem Haus zum Essen zu versammeln, wovon die Fotos in ihrem Salon zeugen. Man zollte sich Respekt. Demokratie bedeutet, den anderen anders sein zu lassen, das hatten Violeta und ihre Kinder vom Vater gelernt.
Revolution in the Family
nannte die nordamerikanische Journalistin Shirley Christian einst ihr Buch über die Zeit vor und nach der Revolution von 1979. Gestorben in diesem Krieg, den sie unterstützt haben, ganz gleich, auf welcher Seite, sind die einfachen Leute, nicht die Chamorros und die anderen Familien der Oberschicht, so der nicaraguanische Soziologe Oscar René Vargas.
Acht Jahre lang zehrte der Krieg das Land aus. Die Vereinigten Staaten unterhielten zwar die
Contra
, und die Sowjetunion und die DDR versorgten die sandinistische Armee, doch Michail Gorbatschow, ab 1985 Generalsekretär der KPdSU, wurde allmählich unwillig angesichts der Kosten. Auch die US-freundlichen Nachbarstaaten drängten auf Frieden, damit es ein Ende hätte mit den Flüchtlingsströmen aus Nicaragua und den
Contra
-Lagern auf ihren Territorien. In der nicaraguanischen Staatskasse stapelten sich nur noch Schuldverschreibungen. Die Menschen mussten sich mit einem Neuntel dessen zufriedengeben, was sie 1980 in der Lohntüte vorgefunden hatten. Vor allem die Frauen trugen schwer am Krieg. Männer und Söhne standen unter Waffen oder hatten das Land verlassen, um der Wehrpflicht zu entgehen, sie mussten die Kinderallein durchbringen. Und es gab 45 000 Tote zu beklagen. Der Druck von innen und außen ließ die sandinistische Regierung für den 25. Februar 1990 Wahlen ausschreiben.
»Wir sind von Natur aus Egoisten, Sektierer und Fraktionisten«, hatte Pedro Joaquín Chamorro in sein politisches Tagebuch geschrieben. Seiner Witwe trug dieser Umstand die Präsidentschaftskandidatur ein. Die Opposition setzte sich aus nicht weniger als 14 Parteien zusammen, und nur vereint würden sie eine Chance haben gegen die bestens organisierte Sandinistische Partei und ihren Kandidaten Daniel Ortega. Anwärter für die Kandidatur der Opposition gab es mehrere, doch die Parteien konnten sich auf keinen von ihnen einigen – einzig auf die parteilose Witwe Chamorros, die schließlich jahrelang an der Spitze von
La Prensa
gegen die
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