Maechtig, mutig und genial
Die Männer wären in der Atacama-Wüste verdurstet. Laut einer Studie von 1873 hatte sie dagegen einen Indio angewiesen, unter dem Stuhl zu graben, auf dem sie saß,und dort wurde dann Wasser gefunden. Die Quelle soll zumindest 1873 noch existent gewesen sein.
Einer der Teilnehmer des Eroberungszuges, Tomás Thayer Ojeda, beschrieb Inés als »eine Frau von außergewöhnlicher Verwegenheit und Loyalität, klug, vernünftig und gütig, die große Wertschätzung unter den Eroberern genoss«.
Im Dezember 1540 gelangte die Truppe nach einer entbehrungsreichen Reise in das fruchtbare Tal des Río Mapocho und hisste auf dem Cerro Santa Lucía, dem Hügel im Zentrum der heutigen chilenischen Hauptstadt, die spanische Flagge. Die Eroberer nannten ihre Stadt Santiago de la Nueva Extremadura.
Zwar hatte Valdivia versucht, die Ureinwohner, die Mapuche, mit Geschenken von seinen friedlichen Absichten zu überzeugen, aber die Indigenen griffen die Eindringlinge immer wieder an, obwohl der Fluss und die Hügel der Stadt diese schützten.
Am 9. September 1541 verließ Valdivia mit seinen Reitern die Stadt, um einen Indio-Aufstand in der Umgebung niederzuschlagen. Schon am Tag darauf erfuhren die Bewohner, dass ihre Siedlung von Indigenen umstellt war. Einige schlugen vor, sieben gefangene Mapuche-Führer als Geste des guten Willens freizulassen, doch Inés sprach sich dagegen aus, da die Gefangenen im Falle von Waffenstillstandsverhandlungen ihr einziges Pfand wären. Alonso de Monroy, von Valdivia in seiner Abwesenheit mit dem Kommando über Santiago betraut, folgte ihrem Rat. Am 11. September rückte er mit einer zwar besser ausgerüsteten, doch zahlenmäßig weit unterlegenen Streitmacht gegen die mindestens 8 000 Indios aus. Diese zwangen ihn zum Rückzug in die Stadt und setzten sie mit Pfeilen fast vollständig in Brand. Nur wie durch ein Wunder überlebten die meisten Bewohner, erinnerte sich Rodrigo González Marmolejo, der damals der Priester von Santiago und später der erste Erzbischof war. Er war es im Übrigen, der Inés Lesen und Schreiben lehrte. Die Schlacht um die Siedlung kam ihm vor wie der Tag des jüngsten Gerichts.
Während des Gefechts kümmerte sich Inés Suárez um die Verletzten und sprach ihnen Mut zu. Außerdem versorgte sie die Kämpfenden mit Wasser und Lebensmitteln. Sie soll es gewesen sein, die schließlich gegen den Widerstand etlicher Bewohner entschied, die sieben Gefangenen zu töten und ihre Köpfe den Indigenen entgegenzuschleudern, um sie in Panik zu versetzen. Hernando de la Torre, einer der Bewacher der sieben Gefangenen, erinnerte sich, dass sie auf seine Frage, wie die Indios getötet werden sollten, sein Schwert ergriff, zunächst den Anführer und dann die übrigen sechs selbst enthauptete: »Sie ging auf die Plaza und feuerte die Kämpfer mit flammenden Worten an, als wäre sie ein tapferer Hauptmann und nicht eine als Soldat verkleidete Frau mit eisernem Panzerhemd.« Sie erreichte, dass die Indianer verwirrt die Flucht ergriffen. Ein Gemälde aus dem 19. Jahrhundert zeigt Inés, wie sie in ihrer Rüstung mit langem, wehendem Haar ihr Schwert erhebt. Auch soll sie bei dem Brand der Stadt ein Huhn und eine Henne sowie andere für das weitere Überleben wichtige Haustiere gerettet haben.
Die Spanier bauten die Stadt wieder auf, und Inés erhielt 1544 für ihren Einsatz bei ihrer Verteidigung von Valdivia einen Orden.
Valdivia, der 1548 zum Gouverneur des Generalkapitanats von Chile ernannt worden war, hatte nicht nur Freunde in Santiago. Unter anderem stand seine Beziehung zu Inés Suárez in der Kritik, die ihn angeblich beherrschte und seine Macht zur eigenen Bereicherung missbrauchte. Andere Quellen dagegen besagen, sie sei eine mildtätige und hilfsbereite Frau gewesen. Dennoch befahl der Vizekönig, der auch Priester war, dass Valdivia das Verhältnis zu beenden hätte, wenn er Gouverneur bleiben wolle. Valdivia ließ daraufhin im Folgejahr seine Ehefrau nach Chile holen, er starb jedoch, bevor sie, wahrscheinlich 1554, eintraf. Inés verheiratete er, wie vom Vizekönig angeordnet, mit einem seiner treuesten Hauptleute, Rodrigo de Quiroga, der zum Kreis der engsten Vertrauten von Inés undValdivia zählte. Hätte sie sich der Ehe widersetzt, hätte sie nach Spanien zurückkehren müssen. Quiroga brachte eine uneheliche Tochter, die Mestizin Isabel, mit in die Ehe. Inés Súarez war damals 42 Jahre alt. Sie starb 1580, kurz nach dem Tod ihres Mannes.
Über Inés Suárez
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