Maechtig, mutig und genial
Karrieresprungbrett, und längst nicht nur für Schauspielerinnen und Models. Irene Sáez wusste ihren Miss-Bonus zu nutzen: Sie wurde zunächst Bürgermeisterin ihrer Heimatgemeinde Chacao, dann Venezuelas erste weibliche Präsidentschaftskandidatin und schließlich Gouverneurin des venezolanischen Bundesstaates Nueva Esparta.
Irene Lailín Sáez Conde wurde am 13. Dezember 1961 in der zum Großraum Caracas gehörenden, gutbürgerlichen Gemeinde Chacao im venezolanischen Bundesstaat Miranda geboren, als Tochter des Unternehmers Carlos Sáez und seiner Frau Ligia Conde. Sie ist das jüngste von sechs Geschwistern und verlor im Alter von drei Jahren die Mutter, die einem Krebsleiden erlag. Irene wuchs danach bei ihrer älteren Schwester Isabel auf, die zum Zeitpunkt des Todes der Mutter 18 Jahre alt war und gerade geheiratet hatte. Isabel studierte Ingenieurswesenund nahm die kleine Schwester mit zur Fakultät. Irene besuchte später katholische Privatschulen. Bevor sie ihr Abitur machte, ging sie ein Jahr in Frankreich zur Schule.
Schon als Schülerin war sie dreimal in Folge zur Schönheitskönigin des
Club Campestre Los Cortijos
gekürt worden, eines Sport- und Freizeitclubs der Oberschicht. Ein Journalist der einflussreichen Tageszeitung
El Nacional
überredete daraufhin ihre Familie, der damals noch dunkelhaarigen Irene zu erlauben, an der Wahl zur Miss Venezuela teilzunehmen. Die Familie stimmte unter der Bedingung zu, dass sie nur zweimal im Badeanzug fotografiert werden dürfe: während der Pressepräsentation der Teilnehmerinnen und während des Wettbewerbs selbst. Die 20-Jährige studierte damals im ersten Jahr Bauingenieurswesen an der
Universidad Metropolitana
von Caracas.
Am 7. Mai 1981 siegte sie in einem rosa Kleid für den Bundesstaat Miranda, gegen die Vertreterinnen der übrigen 19 Bundesstaaten. Bevor sie sich am 20. Juli 1981 in New York gegen 76 weitere Aspirantinnen als Miss Universum durchsetzte, gewann sie noch den Titel
Miss Cronfraternidad Sudamericana
, Miss Südamerika. Bei ihrer Rückkehr aus den USA erwartete sie Staatspräsident Luis Herrera Campins höchstpersönlich am Flughafen, um ihr zu gratulieren. Ein Jahr lang tourte sie als Miss Universum durch die Welt und arbeitete als Model. Während dieser Reisen wurde sie Ronald Reagan, François Mitterrand und Margaret Thatcher vorgestellt. Letztere bewundert sie, ebenso wie Bill Clinton.
Nach einem Jahr als Miss Universum nahm sie an der
Universidad Central de Venezuela
ein Studium der Politik- und Verwaltungswissenschaften auf, das sie 1989 mit dem akademischen Abschluss
Licenciada
beendete. Sie schloss dann noch eine Spezialisierung in Gemeindeverwaltung an. Kurz darauf ging sie bis 1991 nach New York, als Kulturattaché der venezolanischen Botschaft bei den Vereinten Nationen.
Über ihr Privatleben schwieg sie meist beharrlich, allerdings ist bekannt, dass sie eine fromme Katholikin ist, die regelmäßigdie Messe besucht. In ihrem Bürgermeisteramt in Chacao hatte sie einen kleinen Altar mit verschiedenen Mutter-Gottes-Statuen aufgebaut, neben einer Uhr, die ihr Donald Trump geschenkt hatte, mit dem ihr ein Verhältnis nachgesagt wurde. Sie war zudem bei den
Damas Salesianas
aktiv, einer katholischen Frauengruppe, die Sozialarbeit für die Armen leistet. Nach ihrem eigenen Bekenntnis, so schrieb der
Spiegel
, war es Papst Johannes Paul II., der sie zur Politik gebracht hat, denn der Papst hatte nach zwei gescheiterten Putschversuchen unter Führung des heutigen Präsidenten Hugo Chávez 1992 die jungen Venezolaner aufgefordert, ihr Vaterland zu retten. Dies nahm Sáez 1993 zum Anlass, für die Bürgermeisterwahlen von Chacao zu kandidieren, der reichsten Gemeinde des Großraums Caracas mit knapp 200 000 Einwohnern und einer Fläche von etwa zwölf Quadratkilometern. Irene gewann die Wahlen mit 70 Prozent der Stimmen.
Den Bürgern von Chacao machte damals vor allem ihre Sicherheit Sorgen, und die zu verbessern war Sáez’ Hauptanliegen. Sie schuf eine neue Polizeitruppe, die sie gut bezahlte, so dass sie weniger korruptionsanfällig war als der übrige Polizeiapparat. Die khakifarbene Uniform der jungen Leute, die fortan mit Mountainbikes durch Chacao flitzten und für Ordnung sorgten, soll sie selbst entworfen haben. Sie privatisierte zudem die Müllabfuhr, und der Abfall verschwand von den Gehwegen. Außerdem organisierte sie eine Altenbetreuung und bemühte sich um die Modernisierung des Gesundheitswesens. Wer Verkehrsregeln
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