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Mädchen im Moor

Mädchen im Moor

Titel: Mädchen im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ohne Ofen …«
    »Das macht nichts.« Willi rieb die klammen Hände aneinander. »Als Student habe ich auch so eine Bude gehabt.«
    »Sie haben studiert?« fragte Fiedje. Ein Hauch von Hochachtung wehte ihn an. Willi nickte gütig.
    »Ja. Schwere Jahre, Mann. Vollwaise, mußte alles selbst verdienen, war froh, daß ich mit dem Hintern auf 'ner Matratze liegen konnte …«
    Die Weiber hab' ich studiert, dachte er. Und weich gelegen habe ick immer … nur bei Mimmi nicht, die hatte so spitze Beckenknochen. Schwamm drüber … Er seufzte in Erinnerung an seine anstrengenden Studienjahre und warf die Zigarettenkippe in den Schnee. Fiedje kratzte sich den Kopf. Er war ehrlich verlegen.
    »Sie müssen entschuldigen … von vorhin … wo ich Sie grüner Junge genannt habe … Aber ich wußte ja nicht … Sie sahen gar nicht wie ein Studierter aus –«
    »Man muß den Geist im Hirn und nicht auf der Haut tragen!« Willi fand, daß diese Formulierung trefflich gelungen war. Er sah, daß sie auch Eindruck auf den Moorbauern machte. »Fahren wir also, guter Mann – wie heißen Sie überhaupt?«
    »Fiedje …«
    »Also denn man los, Fiedje! Und wenn's geht, strolchen wir heute noch durchs Moor.«
    Langsam fuhren sie durch das Moor zu dem Hof Heckroths. Willi hielt sich genau in der Spur seines Vordermannes … er hatte einen höllischen Respekt vor der sanften und glatten Schneefläche, die seitlich von ihm lag und aussah, als könne man auf ihr Skifahren üben.
    Hilde, wat tue ick alles für dich, dachte Willi und wischte sich ein paarmal müde über die Augen. Wenn alles jelingt, ziehen wir nach Köln … in eener Woche sind wir wieda in Schale, und nach zwee Wochen blüht det Jeschäft. Is eijentlich een jeniales Jeschäft … Imker mit eener Biene …
    Die versprochenen vierhundert Mark, von denen zwanzig bereits in seinem Besitz waren, hatten Fiedje Heckroth eine Verpflichtung vergessen lassen. Regierungsrat Dr. Schmidt hatte ihn bei der Abstellung Monika Busses unterschreiben lassen, daß er keine Fremden auf seinen Hof lassen dürfe und sich verpflichte, keinerlei Kontakte zwischen Monika Busse und der Umwelt zuzulassen. Jeder Besuch mußte sofort gemeldet werden.
    »Sie haften für das Mädchen!« hatte Dr. Schmidt eindringlich gemahnt. »Natürlich ich in erster Linie … wenn also etwas passiert, sind nicht nur Sie, sondern auch ich dran! Ich vertraue Ihnen völlig, Herr Heckroth.«
    An diese Unterhaltung dachte Fiedje, als er das Dach seiner Moorkate aus dem Schneedunst auftauchen sah. Er wußte, daß man den Gast bei einer Meldung schnellstens entfernen würde oder Monika Busse sofort abholte … beides war nicht gut für Fiedje, denn auf der einen Seite winkten 400 DM, auf der anderen Seite brauchte Elga die Hilfe des Mädchens. Also schwieg man besser, dachte Fiedje. Hier ist Schweigen wirklich Gold, im wahrsten Sinne. Und außerdem ist er ein Studierter … ein ehrlicher, kluger Mann, der nicht in die Gruppe der Verdächtigen eingestuft werden kann. In zwei, drei Tagen ist er wieder weg, niemand wird etwas wissen, aber Elga hat vierhundert Mark! Und ihren hochrädrigen Kinderwagen.
    Das erste, was Pfeifen-Willi in dem großen, dunklen Zimmer der Kate sah, war ein Mädchen, das alte, kupferne Kellen polierte. Sie hingen als Zierde über dem aus rohen Steinen gemauerten Kamin, der längst nicht mehr brannte, weil seine Züge eingefallen waren, der aber Auskunft gab, wie alt der Hof der Heckroths war. Willi blieb artig an der Tür stehen und grüßte.
    »Das ist Monika …«, sagte Fiedje zurückhaltend. »Unsere Hilfe im Haushalt.«
    »Gott zum Gruße!« sagte Willi und öffnete den Mantel.
    »Guten Tag.« Monika sah verwundert auf. Der junge Mann, der da ins Haus gekommen war, erzeugte bei ihr schon beim ersten Anblick einen Widerwillen. Das knochige Gesicht mit den langen Haaren darüber, der abtastende Blick, die bewußte Nonchalance der Bewegungen, das süffisante Lächeln in den Mundwinkeln … sie kannte das alles aus der Zeit, in der sie mit Rolf Arberg und seinen sogenannten Freunden durch die Kellerlokale gezogen war, ein ›steiler Goldzahn‹, wie man sie nannte, in engen Hosen und weiten Pullovern. Es war eine Zeit, die Monika vergessen wollte … für immer vergessen, weil sie ein Irrtum vom Leben gewesen war.
    Pfeifen-Willi spürte die Abwehr Monikas mit dem Instinkt eines immer lauernden Raubtieres. Ein Püppchen, dachte er, als er den Mantel auszog und über die Lehne des ihm am nächsten

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