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Mädchen im Moor

Mädchen im Moor

Titel: Mädchen im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Prozesse …«
    »Sache Busse. Beihilfe zum Diebstahl und Hehlerei.«
    »Steht wann zur Verhandlung?«
    »Ist schon abgeurteilt. Ein Jahr Jugendgefängnis, abgestellt nach Wildmoor …«
    »Was wollen Sie mehr? Wildmoor?« Der Staatsanwalt drückte das Kinn an. »Das sind doch Mädchen.«
    »Ja.«
    »Busse? Busse? Ich erinnere mich. Vater ein angesehener Transportunternehmer. Komischer Fall war das. Das Weibsstück nahm alle Schuld auf sich. Ich konnte gar nicht anders, als sie verknacken zu lassen. Störrisch war sie –«
    »Hörig, Herr Staatsanwalt. Einem Manne hörig, der ihr erster Mann war, ihr erstes frauliches Erlebnis … und den deckte sie.«
    »Soll ich schluchzen, Doktor? Sie bringen es, als verkauften Sie einen Heimatroman. Das Resl vom Marterkreuz … Bitte, seien Sie sachlich, ich habe wenig Zeit.« Der Staatsanwalt klopfte mit einem Bleistift gegen einen Aktendeckel. »Sagen Sie bloß nicht, daß Sie mit einem Wiederaufnahmeantrag kommen –«
    »Eben dies«, sagte Dr. Spieß fröhlich und unbekümmert.
    »Warum müßt ihr Anwälte immer Gebühren für faule Sachen schinden? Ein Jahr ist schnell rum, in Wildmoor ist Ihre Klientin fast wie zur Kur … wollen Sie den ganzen Mist wieder aufrollen auf die Gefahr hin, daß das Urteil bestätigt wird?«
    »Monika Busse ist unschuldig!«
    »Sie hat gestanden!« Der Staatsanwalt verzog das von einigen Mensurnarben zerhackte Gesicht. »Was wollen wir mehr?«
    »Sie nicht, das ist mir klar. Ein geständiger Täter … das Ideal eines Staatsanwalts!« Dr. Spieß legte beide Hände wie schützend über das abspielbereite Tonband. »Es soll genug Fälle geben in der Justizgeschichte, daß Täter ein Geständnis abgaben und sie waren es doch nicht.«
    »Schizophrene –«
    »Nein! Menschen, die irgendeinen Grund hatten, Falsches zu gestehen …«
    »Dann sollen sie für ihre eigene Dummheit büßen!«
    »Nennen Sie Liebe eine Dummheit?«
    »In diesem Falle – ja!«
    »Ich habe den Beweis, daß Monika Busse das Opfer einer Hörigkeit geworden ist! Jeder Psychologe kann Ihnen sagen …«
    Der Staatsanwalt hob abwehrend die Hand und fächelte sie dann auf und ab, als scheuche er Insekten von seinem Kopfe weg.
    »Psychologen! Wenn ich das Wort schon höre, bekomme ich allergischen Ausschlag! Psychiater, Mediziner … lieber Doktor: Die machen aus einem Massenmörder einen Verdrängungskomplex! Ich höre es jeden Tag. Der arme Täter, der tragische Mörder, der fehlgeleitete Gangster, das liebe, liebe zerstörte Seelchen, das nicht anders kann, als Kinder umzubringen … Gehen Sie mir weg damit.«
    »Ich habe die Beweise!«
    »Beweise. Da drin?!« Der Staatsanwalt tippte auf das Tonbandgerät.
    »Ja. Die Aussage des Rolf Arberg, jenes Mannes, dem Monika Busse hörig war und den sie deckte. Darf ich Ihnen das Geständnis vorspielen?«
    »Wenn es Ihnen Vergnügen macht … bitte.« Der Staatsanwalt lehnte sich zurück und lächelte mokant. Die jungen Anwälte, dachte er. Feurig wie einjährige Hengste, immer vorweg mit Ideen, immer im Idealglauben an die Gerechtigkeit … wenn sie einmal fünfzig Jahre sein werden, sitzen auch sie behäbig im Sessel, werden von der blinden Justitia sprechen, über Recht philosophieren, weil Recht keine Tatsache, sondern eben eine Philosophie ist, werden Gebühren kassieren und im übrigen einen gesellschaftlichen Kontakt mit Staatsanwaltschaft und Richterschaft üben. Das ist erträglicher als die Jagd nach dem Recht, eine Jagd, auf der man eher ein Einhorn schießen könnte.
    Dr. Spieß drückte den Sperrknopf. Flotte Tanzmusik füllte das kahle Gerichtszimmer. Der Staatsanwalt hob die Brauen.
    »Was ist denn das? Falsches Band, lieber Doktor? Lassen Sie an … das ist mir lieber …«
    »Eine Ouvertüre, Herr Staatsanwalt. Als ich die Aufnahme machte, lief im Radio das Schlagermagazin. Um die Authentizität zu dokumentieren – Uhrzeit und Musik sind jetzt für jeden nachforschbar und zu belegen – habe ich diese Musik mit aufgenommen. Bitte, hören Sie weiter –«
    Die Musik brach ab. Man hörte das Knacken eines Schalters.
    »Ich habe jetzt das Fernsehen ausgeschaltet …« sagte Dr. Spieß schnell. Dann, laut und klar, eine Stimme … die Stimme des jungen Anwaltes, unverkennbar für jeden.
    »Das waren ein paar Takte der Fernsehsendung ›Schlagermagazin‹. Wir haben jetzt den 18. Dezember, abends 20.40 Uhr. Ich stehe hier in einem Zimmer des Hauses Bormeisterstraße 19, vierter Stock, rechts. Vor mir sitzt Herr Rolf Arberg,

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