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Mädchen im Moor

Mädchen im Moor

Titel: Mädchen im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Moorbauer nickte und schielte zu Vivian hin. Was er schon immer fragen wollte, den ganzen Weg über, brach jetzt aus ihm heraus.
    »Sie sind irgendwie anders wie die anderen …« Fiedje schluckte und suchte nach Worten. »Sie … wie soll ich sagen …«
    »Ich sehe nicht wie eine Verbrecherin aus .«
    »Genau.« Fiedje atmete auf. »Was ist denn Ihr Vater?«
    »Millionär –«
    »Was?« Das Auto blieb stehen. Fiedje hatte vor Schreck auf die Bremse getreten. Vivian fiel nach vorn gegen die Scheibe und rieb sich die Stirn.
    »Was?« wiederholte Fiedje entgeistert.
    »Mein Vater hat mehrere Fabriken. Ist das so schlimm?«
    »Und Sie –«
    »Ja, ich …«
    »Trotz der Millionen?«
    »Wegen der Millionen.«
    »Das versteh ich nicht.«
    »Es ist auch schwer für den, der kein Geld hat. Sie leben glücklicher als mein Vater.«
    »Ich?«
    »Ja, Sie. Sind Sie nicht zufrieden?«
    »Ja, das schon –«
    »Sehen Sie, wie glücklich Sie sind! In unseren Kreisen ist man nie zufrieden.«
    »Ein bißchen Geld täte mir aber gut.«
    »Ein bißchen … das ist es. Bei uns heißt es nicht, ein bißchen, sondern viel … immer mehr … Und jeder betrügt jeden …«
    »Ich bin auch betrogen worden. Im Winter. Ein Mann versprach mir vierhundert Mark, wenn ich ihm das Moor zeige. Bekommen habe ich zwanzig Mark, und der Kerl war am nächsten Morgen weg! Mit dem Auto des Schmieds. Das haben sie vier Tage später auf dem Weg nach Hamburg gefunden. Und dabei hatte sich Elga schon so auf den neuen Kinderwagen gefreut … wissen Sie, so einen modernen, hohen …«
    Vivian nickte. Er soll ihn haben, dachte sie. Ich werde es an Vater schreiben. Er soll den besten Kinderwagen haben, den es gibt.
    Dann fuhren sie vor dem Haus vor. An der Tür stand ein Mädchen und winkte. Vivian warf beide Arme in die Höhe.
    »Monika!« schrie sie. »Monika!«
    Noch während des Fahrens riß sie die Tür auf und sprang aus dem Wagen. Sie liefen sich entgegen und fielen sich in die Arme.
    »Vivi –«
    »Monika –«
    Sie küßten sich wie Schwestern und gingen Arm in Arm ins Haus. Elga stand an der Scheunentür und nahm Fiedje den Korb ab. Er war vorher in Stavenhagen gewesen und hatte eingekauft.
    »Das also ist sie?« sagte sie nachdenklich. »Irgendwie gefällt sie mir nicht –«
    »Das hast du bei Monika zuerst auch gesagt.«
    »Sie ist anders als Monika.«
    »Ihr Vater ist Millionär«, sagte Fiedje so stolz, als sei er es selbst.
    »Ich habe ein ungutes Gefühl.« Elga zog die Schürze über den prallen Leib. Es wurde ihr schon schwer, länger zu stehen. Sie schonte sich auch, nur die Hühner füttern, das machte sie selbst. »Kannst du sie nicht gegen eine andere umtauschen, Fiedje?«
    »Aber warum denn? Sie sind doch Freundinnen.«
    Elga schwieg. Warten wir ab, dachte sie. Mein Gefühl hat mich noch nie getäuscht.
    Nach dem Abendmelken trug Käthe Wollop ihren Eimer nebenan in die Milchkammer und goß ihn in dem großen Sammelkessel aus. Als sie ihn abstellte, wurde sie plötzlich herumgerissen und gegen die Wand gestoßen. Hilde Marchinski stand vor ihr, drückte sie gegen die Mauer und umklammerte mit einer Hand ihren Hals.
    »Du Saustück …«, zischte sie. Ihre graugrünen Augen funkelten wie bei einer Wildkatze. »Du Misthure … gib die Karte her …« Dabei drückte sie zu. Käthe Wollop bekam keine Luft, warf die Arme hoch und wollte um Hilfe schreien.
    »Schrei nur!« sagte Hilde gepreßt. »Solange ich dich halte, kriegst du keinen Ton raus! Wo ist die Karte?«
    »Welche Karte?« röchelte Käthe. Die Augen traten ihr aus den Höhlen. Sie hieb auf Hilde ein, aber diese hielt sie weiter umklammert und steckte die Faustschläge ein, als spüre sie sie gar nicht.
    »Die Moorkarte, du Aas!«
    »Im Klo –«
    »Dort ist sie nicht!«
    »Was?!«
    »Du hast sie geklaut!«
    »Nein!«
    »Doch!«
    »Ich schwöre dir, Hilde …«
    Hilde Marchinski lockerte den Würgegriff. Käthe Wollop sank an die Wand zurück und faßte sich an die Kehle. Sie atmete ein paarmal tief durch und schluckte krampfhaft. Hilde stand vor ihr lauernd, nach vorn gebeugt, bereit, wieder zuzuspringen.
    »… die Karte ist weg?« fragte Käthe heiser. »Das ist doch nicht wahr …«
    »Sieh nach. Mit dem Plastikbeutel. Fort! Und nur du allein hast gewußt, wo ich sie versteckt habe. Du allein!« Hilde streckte wieder die Hände vor. »Gib sie her, sag ich … oder ich bringe dich um …«
    Käthe Wollop hob entsetzt beide Arme. »Ich habe sie nicht!« schrie sie. »Ich

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