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Mädchen im Moor

Mädchen im Moor

Titel: Mädchen im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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lächelte frech, als sie den Blick Dr. Röhrigs auffing.
    »Renitent? Ist das etwas Unanständiges, Herr Doktor?«
    »Aufsässig, heißt das.«
    »Bin ich aufsässig?« Sie blinzelte ihn an. »Ich will doch bei Ihnen ganz brav sein, ganz ganz brav …«
    »Laß das dumme Gesäusel!« Dr. Röhrig wandte sich ab. Er griff nach seinem weißen Kittel, aber Käthe Wollop war schon aufgesprungen und hielt ihn zum Anziehen hin. Als sie ihn Dr. Röhrig überstreifte, drückte sie ihre Brust an seinen Rücken und seufzte laut. Dr. Röhrig überhörte es – brüsk trat er einen Schritt vor und knöpfte seinen Kittel zu.
    So begann es. Am ersten Tag war Käthe Wollop noch zahm und anständig. Sie machte die Handreichungen in der Praxis, holte Tupfer und Binden, Pflaster und Holzspatel und beachtete die biederen Moorbauern nicht. Nach der Praxis putzte sie die Dreizimmer-Wohnung Dr. Röhrigs, kochte ihm Kaffee und begleitete ihn bei den Hausbesuchen.
    Am dritten Tag geschah es dann. Dr. Röhrig kam nach der Praxis und überraschte Käthe Wollop, wie sie das Wohnzimmer kehrte. Unter dem weißen Praxiskittel trug sie nichts … er sah es, als sie sich bückte und der Kittel kurz auseinanderklaffte.
    »Raus!« sagte Dr. Röhrig heiser. »Anziehen!«
    »Es ist so heiß, Herr Doktor.« Käthe Wollop lächelte wie ein um ein Bonbon bettelndes Kind. »Es stört Sie doch nicht. Sie haben doch täglich nackte Frauen in der Praxis.«
    »In der Praxis, aber nicht hier! Und nicht du! Anziehen, los!«
    »Ich denke, ein Arzt ist immer im Dienst?« Sie hob die Schultern, ihre Brüste drückten sich durch das dünne Kitteltuch. Mit wiegenden Hüften ging sie an Dr. Röhrig vorbei, den Kopf in den Nacken gelegt, den Mund halb geöffnet. Als sie so nahe an ihm vorbeistrich, daß er einen Schritt zurückweichen mußte, um sie nicht zu berühren, sang sie leise, wie damals bei ihrem ersten Versuch in Wildmoor. »Sag mir, wo die Männer sind –«
    »Was soll der Unsinn?!« sagte Dr. Röhrig grob.
    »Ich finde das Lied schön, Herr Doktor.«
    »Ab morgen wirst du nicht mehr abgeholt!«
    »Sind Sie denn kein Mann, Herr Doktor?« Sie stand in der Tür, durch den Schlitz des Kittels ragte ihr linkes Bein bis hinauf zu den Schenkeln.
    »Raus!«
    Dr. Röhrig rannte zum Telefon. »Es geht nicht, Peter«, sagte er verzweifelt zu Dr. Schmidt. »Ich verstehe nicht, wieso du einem Menschen wie dieser Wollop auch nur die kleinste Chance einer Besserung zubilligst! Ich hole sie morgen nicht mehr ab. Nein! Ich kann es einfach nicht … es wird mir zu gefährlich! Verdammt noch mal! Wenn Moral und Männlichkeit miteinander streiten, geht stets die Moral zugrunde. Das ist keine Weisheit, sondern ein Naturgesetz! Und ich bin da keine Ausnahme und nicht so ein Heiliger wie du! Hörst du?! Ich will diese Käthe morgen nicht mehr bei mir sehen!«
    Er warf den Hörer zurück auf die Gabel und stürmte in sein Ordinationszimmer. An der Tür prallte er zurück. Käthe Wollop lag völlig entblößt auf dem Untersuchungssofa und ließ den Kopf an der Seite herabhängen.
    »Herr Doktor –«, sagte sie mit wehleidiger Stimme. »Mir ist plötzlich so schlecht. Und Schmerzen habe ich. Überall Schmerzen. Kann es der Blinddarm sein?«
    »Das werden wir gleich haben!« schrie Dr. Röhrig. »Ich gehe nur einen Eimer Wasser holen.«
    Er warf die Tür zu und rannte ins Badezimmer. Als er zurückkam, war das Sofa leer. In der Küche hörte er Käthe Wollop mit den Tellern klappern.
    Es ist merkwürdig mit uns, dachte er und setzte sich hinter den Tisch. Er spürte, wie seine Nerven vibrierten. Wir kennen das Schlechte, wir verachten dieses Faulige, wir verurteilen die Sünde … aber wir verfallen ihr immer wieder. Mit offenen Augen und gelähmt vor schaudernder Ergriffenheit lassen wir uns fressen –
    Die angesagten festen Zellentüren kamen nicht, die Gitter für die Fenster lagen in einer Ecke der Scheune. Die Fabrik Etzheim konnte den Termin nicht halten – so schön ein Staatsauftrag auch ist, die Industrie zahlt besser und schneller und ohne das Ausfüllen von zehn verschiedenen Formblättern. So mußte Wildmoor also auf seine Zellentüren warten, weil für das Verwaltungsgebäude einer Firma in Hannover dreihundertzwanzig Stahlzargen und die dazu gehörenden Metalltüren mit Eloxalprofilen geliefert werden mußten. Und wegen der Gitter allein die Arbeiter abzustellen, lohnte sich nicht. Die Rechnungsprüfstelle der Justizverwaltung hätte das auch nie genehmigt.
    Der

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