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Mädchen im Moor

Mädchen im Moor

Titel: Mädchen im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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lauernden Ausdruck. Hilde winkte ab. »Keine Angst, du vornehmes Aas! Vor sechs Wochen wollte ich dir die Fresse polieren, daß man hätte deine Kennkarte umändern müssen, weil das Foto nicht mehr stimmte. Jetzt – behalt sie, die Karte. Ich will sie nicht. Ich habe hier Ruhe … stell dir vor … zwei Jahre noch Ruhe! Ich habe das nie begriffen, wie schön das sein kann. Im Knast sein – das war für uns ein Alpdruck. Wenn die draußen wüßten, wie schön für unsereinen ein paar Jahre Ruhe sein können. Sag mir jetzt nur nicht, wo die Männer sind, die wir brauchen. Natürlich ist das schwer, wenn man sich an sie gewöhnt hat. Aber was sind das in Wirklichkeit für Drecksäcke. Willi! Ich habe ihn geliebt, jetzt muß ich kotzen, wenn ich an ihn denke. Und die anderen? Entweder haben sie bezahlt, oder sie machten eine große Show von wegen Liebe, verdrehten die Augen, seufzten und wurden gemein wie Hafenhuren, wenn sie alles bekommen hatten. Nee, liebe v. Rothen, ich brauche keine Karte mehr.«
    »Danke«, sagte Vivian.
    »Du hast sie also geklaut?«
    »Ja.«
    »Warum bloß, du Aas?!«
    »Als ich sie damals aus dem Spülbecken holte, wollte ich sie nur in Sicherheit bringen. Ich hatte gehört, daß Käthe sie an sich nehmen wollte. Ich habe die Karte mit zu Heckroth genommen … und dann trat etwas ein, das alles änderte. Jetzt brauche ich die Karte selbst. Ich hätte sie dir sonst zurückgegeben.«
    »Warum brauchst du sie? Mensch, Vivi – wenn sie dich draußen schnappen, wird's noch viel schlimmer!«
    »Es kann nicht mehr schlimmer werden!«
    Hilde Marchinski wich einen Schritt zurück. Das entschlossene, harte Gesicht Vivians flößte ihr plötzlich Furcht ein.
    »Vivi, was hast du denn?« stotterte sie.
    »Du hältst den Mund?«
    »Das ist doch Ehrensache unter uns.«
    »Ich will hinaus, um einen Menschen zu töten –«
    Die Hand Hildes fuhr zum Mund, sonst hätte sie aufgeschrien.
    »Du … du bist verrückt geworden, Vivi …«, stammelte sie.
    »Nein! Ich muß nur eine Rechnung bezahlen.«
    »Du kannst doch keinen umbringen, Vivi!«
    »Wenn du wüßtest, wie leicht das ist, wenn man jemanden haßt.«
    »Alles, was gewesen ist – ich könnte Willi nicht töten.«
    »Willi! Warum solltest du auch? Er ist ein kleiner, mieser Zuhälter. Gefährlicher sind die Sigi Plattner. Sie sind die Gentlemen mit dem Gemüt eines Teufels. Wo ihr Gewissen sitzen sollte, ist Luft. Diese Luft soll abgelassen werden!«
    Hilde Marchinski war es, als fröre sie. Sie nahm den Eimer und drückte ihn gegen die Brust. »Wann … wann willst du …?«
    »Bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit.«
    »Und dein Vater?«
    Vivian v. Rothen senkte den Kopf. Ihre Stimme war plötzlich klein und alles andere als stark. »Ich habe von ihm Abschied genommen. Endgültig. Ich habe keinen Vater mehr.«
    »Du bist mir unheimlich«, sagte Hilde Marchinski und drängte sich an Vivian vorbei. Als sie den langen Flur hinter ihrem Rücken hatte, atmete sie sichtbar auf. »Werd glücklich mit deiner Karte! Und was du mir eben gesagt hast. Ich weiß von nichts. Ich habe nichts gehört! Ich will mit so was nichts zu tun haben!«
    Sie wandte sich ab und verschwand schnell in einem der Zimmer. Dort ließ sie sich in einen Sessel fallen und warf den Eimer auf den Teppich.
    »Sie will einen umbringen!« sagte sie schaudernd und zerraufte sich die roten Haare. »Die kluge, vornehme Vivi … Ob man das nicht doch vielleicht dem Chef sagen sollte?«
    Für Käthe Wollop war der Dienst bei Dr. Röhrig ein Leckerbissen besonderer Art. Jeden Morgen holte ein Fahrer sie von Gut Wildmoor ab und brachte sie am Abend zurück. Da der Mann über sechzig war, lag er außerhalb der Interessen Käthes. Stumm, aber mit deutlich sprechenden und verachtungsvollen Blicken hörte er sich die Erzählungen an, die Käthe während der Fahrten mit fröhlicher Erinnerung von sich gab. Da hagelte es von saftigen Ausdrücken, eindeutigen Erlebnissen und schlüpfrigen Heldentaten, bis der alte Mann eines Tages sagte: »Halt die Klappe Mä'chen … Du bist'n Schwin …«
    Dr. Röhrig hatte Käthe vor der ersten Sprechstunde eindringlich verwarnt.
    »Wenn du dich daneben benimmst, ist es Schluß mit allen Vergünstigungen. Du kennst ja die Kellerzelle! Warum bist du eigentlich so renitent?«
    Käthe Wollop saß auf dem Untersuchungssofa Dr. Röhrigs, hatte den Rock hochgeschoben und wippte kokett mit den schönen Beinen. Dabei drückte sie ihre üppige Brust heraus und

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