Mädchen im Schnee
ins Auto setzte, bemerkte ich, dass sie Schmerzen hatte. Ich hörte sie manchmal keuchen, aber sie wollte nicht darüber reden.
Als ich sie um Verzeihung bat, antwortete sie auch nicht. Es war, als würde sie nichts hören. Aber sie nahm meine Hand und drückte sie ganz fest.
Ach, Großmutter.
23
Als der Radiowecker ertönte, verzog Petra vor Schmerzen das Gesicht, und als auf Lasses Seite die Nachttischlampe anging, legte sie sich das Kissen über die Augen.
Sie hatte die ganze Nacht nicht richtig geschlafen, der Migräneanfall war langsam und schleichend gekommen. Im Schein der Lampe verwandelte er sich in eine rote Schmerzexplosion.
Sie bat Lasse um ein Glas Wasser, die Tabletten im Küchenschrank und das Handy. Nach einer kurzen SMS an Sven Munther und zwei Tabletten Migränin versuchte sie noch einmal einzuschlafen.
Das war wieder typisch, dachte sie. Warum ausgerechnet jetzt, wo sie überhaupt keine Zeit hatte, krank zu sein? So schlimm war es seit Jahren nicht mehr gewesen.
Der Vormittag verging in unruhiger Benommenheit. Bilder von Heddas verletztem Gesicht, die nackte Mädchenleiche im Erdkeller und Nellie, die über ihren Computer gebeugt auf dem Bett saß, tauchten vor ihrem inneren Auge auf und verschwanden wieder.
Als der Anfall endlich nachließ und Petra auf den Radio wecker auf dem Nachttisch sah, war es 11 . 28 Uhr. Sie fühlte sich, als sei sie nach einem Schiffbruch an den Strand gespült worden. Vorsichtig versuchte sie, sich im Bett aufzusetzen. Es ging, auch wenn ihr schwindelig war. Dann stand sie auf und wankte langsam auf unsicheren Beinen aus dem Schlafzimmer.
Als Roy hörte, wie die Tür zum Schlafzimmer geöffnet wurde, kam er aus dem Flur angetrottet und schob seine Nase in ihre Hand.
»Jetzt dusche ich erst mal, und dann drehen wir eine Runde.«
Als sie fertig geduscht und sich frische Sachen angezogen hatte, schrieb sie Lasse eine SMS .
»Ich kümmere mich um Roy, dann musst du nicht zum Mittag nach Hause kommen. Kuss!«
»Sollen wir los, alter Schwede?«
Magdalena blätterte in ihrer Kamera die Bilder durch, die sie in der Mühle von Stjernsfors gemacht hatte. Was auch immer sie versuchte, es gelang ihr nicht, das Gefühl einzufangen, das sie haben wollte. Der hohe Raum, die weiß gekalkten Wände, das Licht, das durch die Fenster fiel, das war einfach nicht herauszuholen. Das Ergebnis blieb nichtssagend. Peinlich nichtssagend.
Am Ende hatte sie ihre Arbeit mit einem Bild von dem bärtigen Künstler versehen, auf dem er neben einem sei ner Gemälde stand, einem schwarz perlenden Bach in einer schneebedeckten Landschaft.
Magdalena legte die Kamera in die Tasche und stieg die schmale, steile Treppe hinunter.
»Wann kommt das denn in die Zeitung?«
»Ich werde heute etwas dazu schreiben, also wird es hoffentlich schon morgen erscheinen, aber versprechen kann ich das nicht. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Vernissage am Samstag.«
»Danke, den kann ich gebrauchen.«
Magdalena verabschiedete sich und ging zum Auto, das sie oben an der Straße geparkt hatte.
Sie fuhr an der Reitschule, dem Herrensitz und dem kleinen Fluss vorbei und dann weiter den schmalen und gewundenen Fahrweg hinunter. Eigentlich wäre es viel schneller gewesen, wieder die große Straße durch Uddeholm zu nehmen, aber Magdalena hatte keine Eile.
Als sie den Hagälven erreicht hatte, entdeckte sie eine bekannte Gestalt. War das nicht Petra Wilander, die da mit einem Norwegischen Elchhund unterwegs war?
Als Magdalena auf ihrer Höhe war, hielt sie an und ließ die Scheibe herunter.
»Hallo!«
Petra überquerte die Straße und ging zum Auto.
»Haben Sie heute frei?«, fragte Magdalena.
»Nein, ich hatte einen Migräneanfall und bin gerade aufgestanden.«
»Uh, wie gemein. Sie sehen auch etwas blass aus.«
Der große Hund zerrte an der Leine und wollte weiter.
»Roy, warte«, sagte Petra und wandte sich an Magdalena.
»Haben Sie schon zu Mittag gegessen?«
»Nein«, sagte Magdalena und konnte ihr Erstaunen kaum verbergen.
»Ich wollte gerade nach Hause gehen und etwas aufwärmen. Es ist genug da, wenn Sie mitkommen möchten. Ich würde mich gern ein wenig mit Ihnen unterhalten.«
»Gern«, sagte Magdalena. »Warum nicht?«
»Ich wohne im Tjernevägen, das zweite Haus auf der rechten Seite. Sie können hinfahren und dort warten, ich werde in fünf Minuten da sein.«
Magdalena fand das Haus ohne Probleme und parkte vor dem gelben Ziegelsteinbungalow.
»Ja, hier wohnen wir also«,
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