Mädchen im Schnee
sagte Petra, als sie kurz darauf mit Roy zurückkam, und ging zur Eingangstür.
Im Flur machte Petra den Hund los, Magdalena zog ihre Jacke aus und hängte sie an die Garderobe neben Daunenjacken und Skianzüge.
»Haben Sie Platz gefunden? Die ist immer voll«, sagte Petra und verschwand in der Küche.
Was will Petra eigentlich von mir?, fragte Magdalena sich, setzte sich auf einen Hocker und machte ihre neuen Winterschuhe auf. Hatte sie das geplant? Es schien fast so.
Als Magdalena in die Küche kam, hatte Petra zwei Plastikdosen aus dem Kühlschrank genommen und füllte Reis mit einer Fleischsoße auf zwei Teller.
»Setzen Sie sich«, sagte sie und nickte zum Küchensofa.
Während das Essen warm gemacht wurde, holte Petra Besteck, ein Glas Rote Bete und zwei Wassergläser. Dann schnitt sie eine Tomate in Scheiben und stellte das Schneidebrett auf den Tisch.
Magdalena sah sich in der Küche um und merkte, dass sie sich hier wohlfühlte.
»Wie geht es mit den Mordermittlungen vorwärts?«
»Es geht überhaupt nicht voran, wenn ich ehrlich sein soll«, sagte Petra. »Ich werde daraus einfach nicht schlau. Hedda und dieses Mädchen. Beide sind tot, aber wir haben nichts, was die beiden miteinander verbindet. Ein seltsamer Zufall, oder?«
Sie stellte einen Teller mit dampfendem Hack vor Magdalena auf den Tisch.
»Bitte schön.«
»Danke. Das ist wirklich nett, dass Sie mich einfach so zum Mittagessen einladen.«
»Eine ganz spontane Idee. Vielleicht alles andere als klug«, sagte Petra und lächelte. »Aber ich gehe davon aus, dass das, was wir hier besprechen, unter uns bleibt.«
»Natürlich«, sagte Magdalena und nahm einen Bissen von dem Essen. »Und was ist mit dem Bordell? Haben Sie da irgendwas?«
Petra schüttelte den Kopf.
»Vielleicht kam mein Migräneanfall doch nicht so ganz überraschend.«
Magdalena wusste nicht, was sie sagen sollte, denn sie wollte nicht aufdringlich wirken. Wenn man zum Mittagessen eingeladen wird, sollte man wenigstens einigermaßen die Form wahren, dachte sie.
»Wie gut kennen sie Christer?«, fragte Petra plötzlich.
Die Frage kam so unerwartet, dass Magdalena, die gerade eine Scheibe Rote Bete zerteilte, mit dem Messer in der Hand zuckte.
»Christer?«
»Ja, ich habe gehört, dass Sie sich kennen, aber ich weiß nicht, woher.«
»Ich war sehr eng mit seiner jüngeren Schwester Tina befreundet und deshalb oft bei ihnen zu Hause. Hing da rum, wie man heute sagt.«
»Aha. Und mehr war da also nicht?«
Magdalena dachte kurz an das eine Mal im Park, in jenem letzten Sommer, ehe sie nach Stockholm gezogen war, aber das konnte man wohl kaum mitzählen.
»Nein, mehr nicht. Darf ich fragen, warum Sie das wissen wollen?«
Petra trank einen Schluck Wasser, dann sagte sie:
»Ich arbeite schon sehr lange mit Christer zusammen, aber er war noch nie so sonderbar wie in letzter Zeit.«
»Was heißt sonderbar?«
»Normalerweise ist er immer sehr engagiert und gründlich. Ja, Sie kennen ihn ja und wissen schon, was ich meine. Er ist der tüchtigste Polizist, mit dem ich je zusammengearbeitet habe. Aber jetzt ist er abwesend, unkonzentriert, gereizt. Er ist ein ganz anderer Mensch.«
Petra sah aus dem Fenster und grübelte. Magdalena wartete darauf, dass sie fortfuhr.
»Vielleicht sollte ich das nicht erzählen, aber … Ja, an einem Abend saßen Christer und ich im Auto und oberservierten dieses Bordell. Als wir ins Präsidium zurückkamen, habe ich die Kamera ins Lager geschlossen. Um da hineinzukommen, braucht man sowohl eine Codekarte als auch einen Zahlencode. Am nächsten Morgen war der Film nicht mehr da.«
»Stimmt, Sie haben erzählt, dass Sie Beweismaterial ver loren haben. Aber glauben Sie, dass Christer etwas damit zu tun hat?«
»Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht! Aber es waren nur er und ich da, und ich habe keine andere Erklärung dafür. Und ausgerechnet in dem Moment, als wir diese Wohnung durchsuchen wollten, waren alle schon abgehauen. Ich kapiere nicht, was da passiert. Es ist wie verhext, offenbar sollen wir mit diesem Fall einfach keinen Erfolg haben.«
Magdalena hatte das Mittagessen beendet, legte das Besteck zusammen und fasste einen Entschluss. Sie würde Petra vertrauen, so wie Petra auch ihr vertraute.
»Mein Kollege Jens Sundvall und ich haben beschlossen, die Zuhälter mit einer versteckten Kamera zu filmen.«
Petra starrte sie an.
»Was sagen Sie da?«
»Nun, die Polizei hat ja so viel mit den Mordermittlungen zu tun,
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