Mädchen im Schnee
haben Petter und ich schon mal zusammengewohnt.«
»Wann war das?«
Nils machte große Augen.
»Das war vor langer, langer Zeit, bevor ich Papa kennengelernt habe.«
»Ach so«, sagte Nils nachdenklich. »Habt ihr da hier gewohnt?«
Magdalena lächelte.
»Nein, nicht in diesem Haus. Wir hatten eine kleine Wohnung in einem von den hohen Häusern neben dem Coop.«
»Ach so.«
Aus der Küche hörte man Klappern, Porzellan wurde gespült, Besteck klirrte.
»Gute Nacht, mein Prinzchen.«
Magdalena küsste ihn, ging hinaus und machte die Tür zu.
Als Magdalena in die Küche kam, schaltete Petter die Neonröhre über der sauber gewischten Spüle aus.
»Ich war so frei«, sagte er.
Sie sahen einander an. Eine dunkle Haarsträhne hatte sich aus Petters Frisur gelöst.
»Schläft er?«
»Bald«, antwortete Magdalena.
Dann streckte sie die Hand aus.
»Komm.«
Jetzt gab es kein Halten mehr. Die Leidenschaft war wie eine rauschende Flut, wirbelnd, tosend, lebensgefährlich.
Magdalena zog das Gummiband aus Petters Haaren, grub mit den Fingern in seinen Locken, zog ihn an sich. Seine Hände auf ihrem Rücken, unter dem Pullover, auf dem Bauch, der Brust. Schwere Atemzüge an seinem Hals.
»Wie sehr habe ich mich danach gesehnt! Ich hätte nie gedacht …«, flüsterte er und hob sie auf die Arbeitsplatte.
Magdalena schlang die Beine um seine Taille, schob seinen Pullover hoch und zog ihn ihm über den Kopf.
Plötzlich fiel ihr das Küchenfenster ein.
»Nicht hier«, keuchte sie.
Sie ließen sich auf den Küchenfußboden sinken, und ließen es dort geschehen, auf dem Flickenteppich bei laufendem Geschirrspüler.
25
Christer Berglund blätterte die Zeitung auf und überflog die erste Seite, während er sich ein Brot schmierte. Heute nichts über die Mädchen aus Hagfors, zumindest nicht auf der ersten Seite. Aber es gab auch nichts zu schreiben. Sie waren mit den Ermittlungen in keiner Weise weitergekommen.
Er blätterte weiter und las die Leserbriefe, dann die vermischten Nachrichten. Ab und zu nahm er einen Bissen von dem Brot, ohne dabei den Blick von der Zeitung zu wenden.
Da war sie. Magda. Obwohl sie jetzt schon über einen Monat hier arbeitete, hatte Christer sich immer noch nicht daran gewöhnt, morgens ihren Namen in der Zeitung zu finden. Heute war sogar ein kleines Bild von ihr dabei. Der Artikel, der von einer Kunstausstellung in der Mühle von Stjernsfors handelte, nahm eine ganze Seite ein. Und sie hatte drei schöne Farbfotos dazu beigesteuert.
Christer las den Artikel Wort für Wort und stellte sich vor, wie Magdalena am Computer gesessen hatte und wie ihre Hände über die Tastatur geflogen waren, als sie ihren Text geschrieben hatte. Die Hände mit den abgekauten Fingernägeln, die sich in seinen so klein angefühlt hatten.
Christer lehnte sich im Stuhl zurück, angelte die Kaffeekanne von der Spüle und schenkte sich noch einmal nach. Der ganze Samstag lag vor ihm. Womit sollte er sich die Zeit vertreiben?
Vielleicht sollte er mal wieder nach Hause zu Vater und Mutter fahren. Irgendwann musste er das schließlich tun.
Er blätterte die Zeitung durch, trank seinen Kaffee aus und musste feststellen, dass auch das Fernsehprogramm für diesen Abend nichts Unterhaltsames zu bieten hatte.
Dann holte er die große, blaue Ikea-Tüte aus dem Putzschrank und fing an, seine Schmutzwäsche einzusammeln. Mit einem Ruck zog er das Laken vom Bett ab und stopfte es in die Tüte, dann schüttelte er die Decke aus ihrem Bezug. Der Wäschekorb im Badezimmer war fast voll. Um alles zu verstauen, musste er noch zwei kleinere Plastiktüten aus der Küchenschublade nehmen.
Irgendwie werde ich dieses Wochenende schon rumkriegen, dachte er, trat ins Treppenhaus und schloss die Tür hinter sich ab.
Christer parkte vor Gunvors und Bengts Haus und blieb im Auto sitzen. Es graute ihm davor, hineinzugehen, den Vater treffen und der Mutter in die Augen sehen zu müssen. Ihm graute vor allem. Schließlich machte er doch die Autotür auf und trat auf die Straße.
In diesem Moment ging Magdalenas Haustür auf, und sie lief in einem hellblauen Morgenmantel zu ihrem Briefkasten. Die schlanken, nackten Beine ragten aus einem Paar großer Fellstiefel, das Haar trug sie offen. Christer erstarrte.
Als Magdalena ihn über das Autodach hinweg sah, hielt sie inne und zog den Morgenrock enger um ihre Taille.
»Hallo«, sagte sie leise und griff mit der einen Hand in den Briefkasten, während sie mit der anderen dafür
Weitere Kostenlose Bücher