Mädchen im Schnee
Wilander.«
»Mein Mandant plädiert für nicht schuldig«, sagte Kennet Bäck.
»Gut«, sagte Petra und versuchte, Blickkontakt mit Anderberg aufzunehmen, der sich die Baseball-Kappe tief in die Stirn gezogen hatte. »Wir haben in Heddas Computer eine Mail gefunden, die Sie ihr kurz vor Silvester geschickt haben. Folgendes steht darin: »›Hedda! Ich muss dir endlich mal sagen, dass ich alles, was du machst, ganz schön leid bin! Wenn du nicht aufhörst, mich zu verfolgen, dann weiß ich verdammt noch mal bald nicht mehr, was ich tue. Ist das klar?‹ Haben Sie das geschrieben?«
Kennet Bäck änderte seine Sitzhaltung und schlug die Beine übereinander.
»Ich wiederhole die Frage: Haben Sie das geschrieben?«
Anderberg nickte kaum merklich.
»Ja oder nein?«
»Ja«, flüsterte er.
»Das sind eindeutige Worte«, fuhr Petra fort. »Wir haben zudem eine SMS -Korrespondenz gefunden, aus der hervorgeht, dass Sie sich am Silvesterabend ›auf dem Parkplatz‹ verabredet hatten. Wo liegt dieser Parkplatz?«
Anderberg ballte in den Handschellen die Fäuste und schwieg.
»Wo wollten Sie sich treffen?«
»Vor der alten Schule.«
»In Gustavsfors?«
Anderberg nickte.
»Haben Sie sich immer dort getroffen?«
»Nein, das war das erste Mal. Aber ich habe nichts getan.«
Petra schwieg eine Weile und ließ Fredrik warten.
»Als Hedda gefunden wurde, hatte sie sowohl an den Händen als auch an ihrer Kleidung Spuren von Sperma. Wir werden einen Speicheltest mit Ihnen durchführen, dabei wird etwas Speichel auf ein Wattestäbchen gegeben und zur Analyse eingeschickt. Handelt es sich dabei um Ihr Sperma?«
Anderberg antwortete nicht.
»Ich habe sie nicht getötet«, sagte er leise und sah ihr zum ersten Mal in die Augen.
Es war ein schneller, schüchterner Blick, ehe er fortfuhr, seine Hände zu betrachten.
»Im Moment spricht ziemlich viel gegen Sie«, sagte Petra. »Sehr viel sogar.«
»Aber ich habe es trotzdem nicht getan. Verdammt, das ist die Wahrheit.«
»Erzählen Sie mal, was passiert ist. So, wie es jetzt aussieht, haben Sie nichts zu verlieren.«
Anderberg dachte nach, Petra wartete. Kennet Bäck rutschte auf seinem Stuhl hin und her.
Schließlich begann Anderberg zu reden, den Blick auf seine Hände geheftet.
»Wir haben uns auf dem Parkplatz getroffen, und wir hatten Sex. Dann habe ich gesagt, dass wir uns nicht mehr sehen sollten. Sie ist total durchgedreht. Sie hat angefangen, mich mit den Fäusten zu schlagen, und versucht, mich zu ohrfeigen. Ich bin sauer geworden und hab sie aus dem Auto geschubst. Dann hat sie gegen die Autotür getreten. Als ich losgefahren bin, ist sie über den Parkplatz und den Weg zum Kraftwerk reingelaufen. Danach habe ich sie nicht mehr gesehen.« Er fuhr sich mit dem Zeigefingerknöchel unter der Nase entlang. »Vielleicht glauben Sie mir nicht, aber so war es.«
Magdalena spießte ein Fleischbällchen auf die Gabel und sah auf die Uhr. Sie hatte für den folgenden Abend eine Hütte in Vargbyn gemietet und mit Jens gesprochen, der kurz zuvor die Aufnahmeanlage von einem Bekannten abgeholt hatte.
Zehn nach eins. Inzwischen musste Nils mit seinem Großvater nach Filipstad unterwegs sein. Sie war wirklich dankbar, dass ihr Vater sich auch dieses Mal sofort bereit erklärt hatte, Nils zum Bus zu fahren. Sie könnte sich nicht so ohne Weiteres jeden zweiten Freitagnachmittag freinehmen, um die knapp sechzig Kilometer zurückzulegen.
Am Morgen war Nils noch guter Dinge gewesen, aber als Magdalena ihn in die Schule gebracht hatte, wirkte er plötzlich verschlossen. Sie hatte nichts aus ihm herausbekommen können, vielleicht hatte es etwas mit der langen Busreise zu tun, vielleicht hatte er Trennungsangst, oder vielleicht war es auch etwas ganz anderes.
Magdalena fühlte sich immer völlig machtlos und war frustriert, wenn er sich so in sich zurückzog und nichts sagen wollte. Hoffentlich geht es ihm jetzt gut, dachte sie und kaute bedächtig auf dem Fleischbällchen herum.
Endlich war Freitag. Erst würde sie zum vielleicht hundertsten Mal diese Woche bei der Polizei anrufen, aber dann … Abendessen bei Petter.
Die vergangenen Tage und Nächte hatten sie sich zahllose SMS geschickt, aber für ein Treffen war keine Zeit gewesen. Jetzt blieben noch drei Stunden und dreiundvierzig Minuten vom Arbeitstag, oder besser gesagt drei Stunden und zweiundvierzig Minuten, aber da Magdalena fast jeden Tag mittags nur schnell etwas am Schreibtisch gegessen und jeden Abend noch
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