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Maedchen mit begrenzten Moeglichkeiten

Maedchen mit begrenzten Moeglichkeiten

Titel: Maedchen mit begrenzten Moeglichkeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Muriel Spark
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Sekretärin einmal zu ihm: «Alle Anrufe für unsere Mitglieder sind privat. Wir hören nicht mit.»
    «Gut. Ich würde es auch merken, denn ich warte auf das Klicken, ehe ich spreche. Nehmen Sie das freundlichst zur Kenntnis.»
    Jane mußte sich seinetwegen im Büro entschuldigen. «Er ist Ausländer. Es hängt mit der Welt der Bücher zusammen. Es ist nicht meine Schuld.»
    Aber noch ein anderer und eher präsentabler Mann aus der Welt der Bücher war neulich bei Jane aufgetaucht. Sie hatte ihn in den Salon geführt und ihn Selina, Anne und der überdrehten Pauline Fox vorgestellt, die sich an ihren verrückten Abenden für Jack Buchanan fein machte.
    Dieser Mann, Nicholas Farringdon, war sehr charmant, wenn auch etwas schüchtern gewesen. «Er steckt voller Gedanken», erklärte Jane. «Wir halten ihn für einen brillanten Kopf, aber er tastet sich noch seinen Weg in die Welt der Bücher.»
    «Spielt er im Verlagswesen eine Rolle?»
    «Im Augenblick noch nicht. Er sucht noch nach seinem Weg. Er schreibt an etwas.»
    Janes geistige Arbeit bestand aus drei verschiedenen Tätigkeiten. Erstens schrieb sie heimlich Gedichte von durchaus nicht rationalem Charakter, in denen – etwa im gleichen Verhältnis wie Kirschen in einem Kirschkuchen – bestimmte Wörter von, wie sie sagte, ‹verborgen glühender Natur› vorkamen, zum Beispiel, Lenden und Liebhaber, Wurzel und Rose, Wrack und Leichentuch. Zweitens schrieb sie, ebenfalls heimlich, unter Anleitung des blassen Ausländers Briefe in freundlichem Ton, jedoch in geschäftlicher Absicht. Drittens erledigte sie in ihrem Zimmer – und das allerdings weniger geheimnisvoll – einiges, was von der täglichen Arbeit in dem kleinen Verlag übriggeblieben war. Sie war die einzige Mitarbeiterin der Huy Throvis-Mew Ltd. Huy Throvis-Mew war der Besitzer der Firma und Mrs. Huy Throvis-Mew stand unter seinem Namen als ‹Direktor› auf dem Briefkopf. Huy Throvis-Mew hieß eigentlich George Johnson, oder mindestens hieß er seit einigen Jahren so, wenn auch ein paar sehr alte Freunde ihn Con und noch ältere ihn Arthur oder Jimmie nannten. Wie dem auch sei, zu Janes Zeit war er George, und Jane war bereit, alles für George, ihren weißbärtigen Chef, zu tun. Sie packte die Bücher, brachte sie zur Post oder lieferte sie persönlich ab, bediente das Telefon, goß Tee auf und kümmerte sich um das Baby, wenn Tilly, Georges Frau, nach Fisch Schlange stand. Sie trug die Einnahmen ins Hauptbuch und die kleinen Barbeträge und die Betriebsausgaben auf zweierlei Art in zwei verschiedene Bücher ein und tat insgesamt die Arbeit eines kleinen Verlegers. Nach einem Jahr übertrug George es ihr, Auskünfte über neue Autoren einzuholen, was seiner Überzeugung nach im Verlagsgeschäft von Wichtigkeit war. Das hieß, daß sie ihre finanziellen Verhältnisse und ihre psychologisch schwachen Punkte ausfindig zu machen hatte, damit er mit ihnen zu seinem Vorteil verhandeln konnte.
    Wie die Gewohnheit, seinen Namen alle paar Jahre zu wechseln – was er nur tat, weil er hoffte, auch sein Glück damit zu wenden –, waren auch diese Praktiken ziemlich unschuldig, weil es ihm nämlich nie gelang, die volle Wahrheit über einen Autor zu erfahren oder aus seinen Nachforschungen auch nur den mindesten Vorteil zu ziehen. Aber es war eben seine Methode, und ihr verschwörerischer Charakter gab ihm den nötigen Auftrieb für des Tages Arbeit. Früher hatte George diese grundlegenden Erkundigungen selbst eingezogen, aber kürzlich war ihm der Gedanke gekommen, er hätte vielleicht mehr Glück, wenn er einen neuen Autor Jane überließ. Eine für ihn bestimmte Sendung Bücher war kürzlich im Hafen von Harwich beschlagnahmt und auf Anordnung der örtlichen Behörden wegen ihres obszönen Charakters verbrannt worden, und George spürte zu diesem Zeitpunkt besonders, daß er keine glückliche Hand hatte.
    Außerdem ersparte ihm Jane all die Ausgaben und den Nervenaufwand, die ihn ein wachsames Mittagessen mit undurchschaubaren Autoren kostete: dieses langsame Sich-an-sie-Herantasten und Herausfinden, ob ihre Paranoia seine eigene womöglich übertraf. Es war wirklich besser, sie mit Jane reden zu lassen, in einem Cafe oder im Bett oder wohin immer sie sie mitnahm. Es war nervenaufreibend genug für George, ihren Bericht abzuwarten. Er glaubte, daß sie ihn in den vergangenen Jahren mehrmals davor bewahrt hatte, mehr bares Geld als nötig für ein Buch zu zahlen, indem sie ihm etwa berichtete, wie

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