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Maedchenauge

Maedchenauge

Titel: Maedchenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian David
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gesagt hat, und treffen Sie eine Entscheidung.«
    »Noch eine letzte Sache«, sagte Lily. »Der Freund des ersten Opfers hat Selbstmord begangen. Und dieser Freund hatte mit Pratorama zu tun.«
    Nun war Promegger doch für einen Augenblick irritiert. Lange schaute er Lily an, bevor er die richtigen Worte fand. »Das ist … das ist wirklich erstaunlich, Frau Doktor. In der Tat. Andererseits ändert es nichts an dem, was ich vorhin erklärt habe. Pratorama mag im Hintergrund mitspielen. Im Vordergrund geht es aber um Hass, Rache und ein verletztes Selbstwertgefühl. Also um mehr als lediglich eine politische Affäre. Suchen Sie einen verletzten Menschen. Und bringen Sie in Erfahrung, wie es jemand geschafft hat, Details der ersten drei Morde bei der vierten Tat zu imitieren. Sie müssen also herausfinden, wer Zugang zu welchem Wissen besitzt. Eliminieren Sie die Ahnungslosen. Das eine führt zum anderen. Und vice versa.«
    Promegger erhob sich und schüttelte Lilys Hand. Lily bedankte sich.
    »Machen Sie es gut, Frau Doktor … das heißt, ich bin eigentlich überzeugt, dass Sie es gut machen werden. Lassen Sie sich nicht irritieren. Gehen Sie Ihren Weg. Und vielleicht bis bald, wer weiß.«
    Er ging und hinterließ eine in Gedanken versunkene Staatsanwältin.
    Lily trank das Mineralwasser gierig aus. Ihr Mund war trocken geworden. Nachdem sie ein stichwortartiges Gesprächsprotokoll angefertigt hatte, stürmte sie aus dem Café Landtmann. Sie musste sich bewegen.
    Sie spazierte zunächst in Richtung Parlament. Danach um den Ring bis zum Schwarzenbergplatz, von dort durch den mit einkaufsbummelnden Menschen zum Bersten gefüllten ersten Bezirk bis zur Votivkirche. Sie musste ihren Kopf durchlüften. In der Hoffnung auf eine Erleuchtung. Oder zumindest eine Inspiration. Vom Schicksal durfte man nicht zu viel verlangen.
    Zu Hause aß Lily ein paar von den Kirschen, die sie auf dem Markt gekauft hatte. Endlich fand sie Zeit, private E-Mails zu beantworten. Nebenbei hörte sie Musik. Italienischen Bossa Nova besaß sie nicht, deshalb mussten Stan Getz und Astrud Gilberto herhalten.
    Gegen achtzehn Uhr brach sie auf. Lange war sie nicht mehr in ihrem Fitnesscenter gewesen. Als sie zur Rezeption kam, erkannte sie ein vertrautes Gesicht. Freudig wurde sie begrüßt, als wäre sie überhaupt nie weggewesen. Wie gut das doch tat, fand Lily und beeilte sich, die Kundalini-Yoga-Stunde nicht zu versäumen. Auch dort wurde sie willkommen geheißen. Balsam für ihre Seele. Und, vor allem, Ablenkung.
    Anderthalb Stunden später schwitzte sie im Dampfbad. Und sie tat, was sie sich zuvor untersagt hatte.
    Sie dachte an die Morde.
    Nach dem Essen in ihrem Lieblings-Sushi-Restaurant in der Werdertorgasse machte sie es sich zu Hause auf der Couch gemütlich. Antonio Carlos Jobim und Frank Sinatra beruhigten sie enorm. Die sehnsuchtsvolle Melancholie der Musik und der Texte spendeten ihr Frieden.
    Heute Morgen war Belonoz der Bezug zu Pratorama eingefallen. Felix Bawart, der Freund des ersten Opfers, hatte Selbstmord begangen. Er war ein führender Mitarbeiter der Pratorama -Errichtungsgesellschaft gewesen.
    War es das, worauf der Informant beim Theseustempel angespielt hatte? Wie in aller Welt hing ein wirtschaftskrimineller Skandal mit den Taten eines Serienmörders zusammen? Vor allem wenn man die Analyse Promeggers zur Täterpersönlichkeit berücksichtigte, stand man vor einem Rätsel.
    Gegen halb elf schlief Lily ein, auf der Couch.

Sonntag, 20. Juni
25
    »Als ob ich es geahnt hätte«, sagte Major Belonoz müde und blickte durch das offene Fenster nach draußen.
    Vor zwei Stunden hatte Lily ihn angerufen. Es war zehn Uhr vormittags. »Jetzt sitze ich schon wieder im Büro.«
    »Es muss sein«, sagte Lily.
    »Ich bin selbst schuld. Wenn mir die Sache mit diesem Bawart erst heute Abend eingefallen wäre …«
    »Wir haben nur noch eine knappe Woche.«
    Belonoz, bleicher als üblich, löste seinen Blick vom Fenster und setzte sich.
    »Also?«, fragte er.
    »Ich möchte alles über Bawart wissen. Wieso waren Sie überhaupt involviert bei einem Selbstmord?«
    »Am Anfang war nicht sicher, ob es tatsächlich Selbstmord war. Bawart ist in seinem Auto aufgefunden worden. Mit einer Schusswunde an der Schläfe und einer Pistole in der linken Hand. Auf dem Beifahrersitz zusammengesunken.«
    Lily verzog das Gesicht. »Auf dem Beifahrersitz? Komisch.«
    »Deshalb hat es verdächtig gewirkt.«
    »Und war es tatsächlich

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