Maedchenauge
einander an.
»Meint der das ernst oder will er uns verarschen?«, fragte einer der Beamten.
»Auf einen Versuch können wir es ankommen lassen.«
»Na gut. Also was gibt’s? Wen willst du kennen? Oder versuchst du depperte Spiele mit uns?«
Der junge Mann war bestens gelaunt. »Na, die auf den Bildern. Die zwei kenn ich.«
»Und woher?«
»Weil sie gute Kunden sind. Die kommen fast jeden Tag und wollen kaufen.«
»Was wollen die bei dir kaufen?«
»Beste Ware.«
»Geht’s noch ungenauer?«
»Heroin, Gras. Aber ich sage nur, dass die das kaufen wollen . Ich sage natürlich nicht, dass ich sowas anbiete und ihnen auch wirklich verkaufen kann. Nur damit ihr mir keinen Strick daraus dreht.«
Wieder tauschten die Polizisten Blicke.
»Schauen wir uns einmal an, ob du Märchen erzählst«, sagte einer der Beamten.
Eine Stunde später erging an Belonoz’ Team per E-Mail die Mitteilung, dass ein verhafteter und des Drogenhandels verdächtiger Wiener angegeben hatte, die zwei gesuchten Personen namens Tom und Nicole zu kennen. Täglich seien sie zu ihm gekommen, um Marihuana und Heroin zu besorgen. Heute seien sie bereits bei ihm gewesen. Somit müsse ihr nächster Besuch für den Montagabend zu erwarten sein. Eine Garantie für die Richtigkeit dieser Aussagen gebe es selbstverständlich nicht. Aber der Mann wirke in dieser Hinsicht glaubwürdig. Das hätte die eingehende Befragung gezeigt. Nicht in den geringsten Widerspruch war er zu verwickeln gewesen, obwohl sich die Kollegen darum bemüht hatten.
Montag, 21. Juni
28
Über Stunden hatte ein Gewitter durchnässt, was ihm ausgeliefert gewesen war. Straßen, Plätze, Denkmäler, Autos, Dächer, Verkehrsschilder, ja, sogar Bäume, Blumen, Sträucher und Rasenflächen strahlten. Ganze Gärten hatten ihre Pracht wiedererlangt. Die Farben waren in das Stadtbild zurückgekehrt, die Sinne neu geschärft.
In der Nacht hatte sie versucht, Belonoz zu erreichen. Kurz vor ein Uhr morgens, aber der Major hatte nicht mehr abgehoben. Nika Bardel hatte während ihres Journaldienstes als Erste erfahren, was der junge Mann im Polizeikommissariat Deutschmeisterplatz ausgesagt hatte. Stichwortartig hatte sie Belonoz das Wesentliche auf die Mobilbox gesprochen.
Gegen sieben Uhr rief er zurück. Er ließ sich noch einmal genau erzählen, worum es ging, danach kontaktierte er die Kollegen von der Drogenfahndung. Zehn Minuten später hatte er Lily am Apparat. Anfangs klang sie verschlafen, ihre Stimme war rauh. Nach seinen ersten Worten war sie jedoch schlagartig wach. »Wenn das stimmt. Das ist genau das, wonach wir uns die ganze Zeit gesehnt haben.«
»Richtig«, sagte Belonoz. »Der eine glückliche Zufall, der die Wende bringt.«
»Hoffentlich lügt der Mann nicht. Er hat ein Strafverfahren zu erwarten, möglicherweise will er nur Zeit schinden.«
»Schwer zu sagen. Uns bleibt nichts anderes übrig, als dieser Spur nachzugehen. Dann wird man ja sehen.«
»Wenn die beiden wirklich regelmäßig zu ihm kommen, sollte es nicht lange dauern, bis sie wieder auftauchen. Ich werde gleich zu ihm fahren und ihn befragen. Wissen Sie zufällig, wer der Staatsanwalt in dem betreffenden Fall ist?«
»Taub.«
Lily jauchzte beinahe. »Noch ein glücklicher Zufall. Ich kenne Taub gut. Ein extrem umgänglicher Mensch. Ich werde mit ihm sprechen. Vielleicht lässt sich etwas arrangieren, falls der Dealer die Wahrheit sagt.«
»Der Mann hat Glück … Die Kollegin Bardel wird übrigens bei der Drogenfahndung nachforschen, ob ihnen unsere Phantombilder etwas sagen. Vielleicht sind die beiden schon einmal aktenkundig geworden, in welcher Form auch immer …«
»Sehr gut, wir sehen uns um zehn Uhr bei der Besprechung.«
Eilig absolvierte Lily ihr Morgenprogramm. Sie gestattete sich aber noch ein paar Yoga-Übungen. Als sie kurz nach acht Uhr in ihrem Büro im Grauen Haus eintraf, waren ihre Haare noch leicht feucht.
Kollege Taub, der in der vergangenen Nacht Dienst gehabt hatte, war noch da. Mit ihm hatte Lily bereits telefoniert. Sie verständigte sich mit ihm darauf, zunächst keine weiteren Schritte im Strafverfahren gegen den Dealer einzuleiten. Es sollte abgewartet werden, ob seine Aussagen irgendeinen Realitätsbezug aufwiesen.
»Viel Rauschgift haben wir bei ihm nicht gefunden«, sagte Taub. »Der führt immer nur geringe Mengen mit sich und holt sich zwischendurch Nachschub. Das wäre also nicht sein größtes Problem. Aber er ist kein Neuling für uns. Eine Verurteilung hat er
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