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Maedchenauge

Maedchenauge

Titel: Maedchenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian David
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Menschen richten darf.«
    Eine Pause entstand. Die Anwesenden dachten nach.
    Bis sich Kovacs zu Wort meldete. »Mir kommt er vor allem ziemlich eitel vor. Sicher, er ist gefährlich und überheblich. Aber ich frage mich, warum er diesen Brief überhaupt geschrieben hat. Er scheint es nicht darauf anzulegen, sich zu den Taten bekennen zu wollen. Denn er gibt sich als Richter aus. Er verschanzt sich also hinter einem Amt, das dafür da ist, für Recht und Ordnung zu sorgen. Ebenso wenig geht es ihm darum, Ängste zu schüren. Sonst hätte er den Brief an einen TV-Sender oder eine Zeitung geschickt, was ihm Publizität verschafft hätte.«
    »Also?«, fragte Metka. »Worauf möchtest du hinaus?«
    »Der wichtigste Grund, warum er diesen Brief verfasst hat, ist seine Eitelkeit. Es stört ihn einfach, dass sich jemand erdreistet hat, ihn unerlaubterweise zu imitieren. Das ist wie bei den großen, teuren Marken, die gegen Plagiate vorgehen. Oder wie bei Hunden, die aggressiv werden, sobald jemand in ihr Revier eindringt.«
    Nika Bardel schnitt eine Grimasse. Wie so oft zeigte sie sofort und deutlich, was sie von einer anderen Meinung hielt. »Aber warum dann überhaupt ein Brief? Und wenn er so eitel ist, wie du glaubst … hätte er eben gerade deswegen nicht an eine Zeitung oder einen Sender schreiben müssen? Das hätte seiner Eitelkeit unglaublich geschmeichelt, wenn das ganze Land über den Brief diskutiert hätte.«
    »Das sehe ich ganz anders«, sagte Kovacs. »Er ist in seiner Eitelkeit verletzt worden. Eitle Menschen ertragen es nicht, in der Öffentlichkeit bloßgestellt zu werden. Sie möchten perfekt erscheinen. Ohne Makel, stets erfolgreich. Als könnte ihnen niemand etwas anhaben. Niederlagen verbergen sie, soweit es geht. Damit ihr Image nicht befleckt wird. Deswegen hat er den Brief an die Staatsanwältin geschickt. Also an Sie, Frau Doktor. Sie sollen den quasi falschen Mord aufklären und die aus der Sicht des Mörders richtige Ordnung wiederherstellen. Erst, wenn das getan ist, kann er sich selbst an die Öffentlichkeit wenden. Dann wäre der falsche Mörder gefasst, enttarnt und besiegt. Er selbst wäre weiterhin anonym und somit mächtig.«
    Belonoz hob die Hand mit dem Daumen nach oben. »Das Seminar in Zürich hat sich auf deine analytischen Fähigkeiten enorm ausgewirkt.«
    Kovacs wirkte zunächst unschlüssig, ob er Belonoz’ Worte für Lob oder Spott halten sollte. Aber Lily sprang ihm zur Seite.
    »Ich glaube, Sie haben den Kern getroffen, Herr Kovacs«, sagte sie und lächelte Kovacs aufmunternd zu. »Solche Briefe werden von Tätern aus verschiedenen Gründen geschrieben. Etwa zur Selbstdarstellung, zur Rechtfertigung oder zur Erleichterung des Gewissens. In unserem Fall täuscht der Täter Selbstdarstellung vor, hinter der sich aber nur gekränkte Eitelkeit verbirgt. Außerdem ist der Brief die Reaktion auf den Mord, den er nicht begangen hat. Also ein Ereignis, das er nicht beeinflussen kann und das zudem sein Werk beschädigt. Bleibt also ein weiteres Motiv, das für diese Art von Briefen nicht selten ist, nämlich der Versuch, die andere Seite zu manipulieren.«
    »Und was will er damit letztlich erreichen?«, fragte Bardel.
    »Er möchte uns Souveränität vorgaukeln und uns dazu bringen, den quasi störenden Mord nur ja nicht zu übersehen. Interessant für uns ist wiederum, dass wir dadurch seinen wunden Punkt kennen. Nämlich die Eitelkeit. Außerdem wissen wir, dass er leicht zu kränken ist und kein gefestigtes Selbstbewusstsein besitzt. Das gaukelt er bloß vor. Ein typischer Blender.«
    Belonoz sah Lily an. »Okay, aber was fangen wir mit diesem aufschlussreichen Wissen konkret an?«
    »Nicht er darf es sein, der manipuliert. Wir drehen den Spieß um. Und machen ihn nervös.«
    *
    Eine halbe Stunde später goss Belonoz ein zweites Glas Mineralwasser ein, das Lily sofort zur Gänze austrank. Der Major schenkte nach. Sie saßen in seinem Büro, und dort war es heiß.
    »Am Freitag hat mir die Kriminaltechnik angekündigt, dass die erste grobe Untersuchung mindestens zwei Tage dauern wird«, sagte Lily. Vielleicht haben wir Glück und wissen heute nachmittag mehr. Andererseits geht dieser Mensch extrem vorsichtig vor. Er hat das Kuvert sicher nicht mit Speichel zugeklebt.«
    »Und was ist mit dem Dealer?«
    »Es kommt auf den heutigen Abend an. Mit Ihren Kollegen von der Drogenfahndung habe ich mich schon abgesprochen.«
    »Wird er auspacken?«
    »Der Typ ist schlau. Er weiß, dass

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