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Maedchenauge

Maedchenauge

Titel: Maedchenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian David
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Motto müssen wir nicht einmal ändern«, sagte Stotz und grinste.
    »Ein riesiger Vorteil, Berti. Alles wird aussehen, als wäre es lange geplant und gut durchdacht. Das wird die Menschen in Sicherheit wiegen. Und die Nachricht von den Veränderungen wird einschlagen.«
    Stotz nickte zustimmend. Er fühlte sich kräftig wie selten zuvor. Nein, Altern war für jemanden wie ihn nicht vorgesehen.
    Binnen vierundzwanzig Stunden würde er Marina Lohner endgültig ausmanövrieren. Jene Frau, die in den Medien schon als seine Rivalin porträtiert wurde. Sich selbst würde er ein paar ungestörte Amtsjahre mehr bescheren und überdies den Wunschnachfolger installieren.
    »Wenn wir den Neustart von Unser Wien. Sicheres Wien präsentieren, kriegen wir zwei Fliegen mit einer Klappe«, sagte Stotz befriedigt. »Marina ist aus dem Spiel. Und gleichzeitig wird der Opposition und allen kritischen Gruppen das Wasser abgegraben. Besser geht’s nicht. Oder, Michael?«
    »Stimmt.«
    »Ein paar werden natürlich toben. Vor allem die Frauen. Aber von dem Schlag werden sie sich erst erholen müssen. Die Journalisten werden berichten, dass ich noch immer das Heft in der Hand halte. Letztlich zählt nur das.«
    »Das glaube ich auch.«
    »Und du wirst der künftige Hoffnungsträger sein, Michael. Völlig unangefochten.«
    Das Telefon läutete. Stotz hob ab und lauschte.
    »Sicher, schicken Sie ihn herein«, sagte er der Sekretärin.
    Der Bürgermeister ging zur Tür, die gerade von außen geöffnet wurde.
    »Herzlich willkommen«, begrüßte er den Gast strahlend und führte ihn zur ledernen Sitzgruppe. »Was möchten Sie trinken? Champagner vielleicht?«
    Der Besucher wählte Mineralwasser, die Sekretärin nickte freundlich und zog sich diskret zurück.
    »Es freut mich, dass Sie unsere Bemühungen verstärken«, sagte Stotz, nachdem sich alle wieder gesetzt hatten. » Rettet unser Wien! war eine gute Sache. Das hat uns viele Anregungen gebracht.«
    Die Bürgerinitiative Rettet unser Wien! hätte eigentlich den Anfang vom Ende des Bürgermeisters Berti Stotz darstellen sollen. Zumindest hatten das jene politischen Beobachter vermutet, die in den Medien als Insider charakterisiert wurden. Nach bescheidenem Beginn war die Bürgerinitiative auf Tausende engagierte Mitglieder angeschwollen. Anfangs hatte sich die Debatte bloß um besorgte Mütter gedreht, die ihre Kinder vor der illegalen Straßenprostitution und deren Nebenwirkungen beschützen wollten. Zu ihnen hatten sich Stimmen gesellt, die über steigende Kleinkriminalität erzürnt waren, vom Taschendiebstahl bis zu geplünderten Autos und ausgeraubten Geschäften. Schon allein die von ihnen berichteten Fakten hatten die einst vollmundigen Versprechungen des Berti Stotz Lügen gestraft.
    Doch rasch hatte sich der Fokus der Bürgerinitiative erweitert und gewandelt. Immer weniger ging es um Einzelfälle, immer mehr um die gesellschaftliche Entwicklung Wiens. Menschen meldeten sich zu Wort, die sich nach sauberen, von Korruption und Postenschacher freien Politikern sehnten. An Parteien und deren Programmen zeigten sie kein Interesse. Noch weniger akzeptierten sie simpel denkende und argumentierende Apparatschiks, die hauptsächlich ihr eigenes Fortkommen im Sinn hatten und dies durch buckelndes Wohlverhalten zu erreichen trachteten.
    Nicht nur im Kleinen, sondern auch im Großen wurde einer neuen Ehrlichkeit das Wort geredet. Es mehrten sich die Forderungen nach einem besseren Miteinander, nach einer größeren Fairness zwischen Wählern und Gewählten, nach mehr Mitbestimmung.
    Beinahe über Nacht hatten Stotz, dessen Mitstreiter und deren plumpe Parolen ziemlich altmodisch gewirkt. Vor allem jedoch heuchlerisch und verlogen. Die von Marina Lohner gestartete Kampagne Unser Wien. Sicheres Wien war ein zahmer, sehr bemühter Versuch, solchen Strömungen entgegenzuwirken. Die sich empörenden Bürger zweifelten außerdem auch an der Sinnhaftigkeit eines neuen, für enorme Summen errichteten Vergnügungsparks. Pratorama verkam zum Inbegriff für abgehobene, Steuergelder verschwendende Politfunktionäre. Und die sich häufenden Hinweise auf dubiose Machenschaften und obskure Hintermänner schienen zu Sargnägeln für ein überkommenes System zu mutieren.
    »In der neuen Position werden Sie weitaus mehr erreichen als durch die Bürgerinitiative«, sagte Stotz und lächelte selbstzufrieden. »Mit voller Unterstützung des Rathauses. Ihnen soll es an nichts fehlen.«
    Der Gast wirkte erfreut.

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