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Maedchenauge

Maedchenauge

Titel: Maedchenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian David
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sonst, sein schwarzer Anzug schrie danach, gebügelt zu werden. Auch Lily konnte es kaum noch erwarten, ihr Kostüm und die Schuhe endlich loszuwerden. Lange würde es nicht mehr dauern.
    »Wie haben Sie das eigentlich geschafft?«, fragte Belonoz, als er noch bei der Suppe war.
    »Was genau meinen Sie?«
    »Diesen Horvath zu knacken. Bei mir hat der überhaupt nichts gesagt.«
    »Weil Sie ein Mann sind. Bei Männern flüchten Voyeure in nichtssagendes Geschwätz. Um nicht negativ aufzufallen. Und nicht zugeben zu müssen, dass sie von Frauen abhängig sind. Zumindest vom Anblick von Frauen.«
    »Also was haben Sie getan?«
    »Den Mutterersatz gespielt. Zuerst Strenge, dann Verständnis. Dadurch bekommt man von solchen Männern, was man von ihnen haben möchte.«
    »Eine gute Taktik«, sagte Belonoz und nickte anerkennend. »Ich werde mir das merken.«
    »Eine ganz natürliche Technik. Sie setzen Ihre Männlichkeit ein, wenn Sie mit den entsprechenden Kunden zu tun haben. Da werden Sie zum Kumpel, zum besten Freund, zum verständnisvollen Bruder. Oder zum Vater, der seinen Sohn zur Rede stellt. Das funktioniert bei vielen Männern.«
    »Auch bei Typen wie diesem Horvath?«
    »Denen muss man anders begegnen. Jemand, der davon lebt, was die Mutter hinterlassen hat, und noch dazu in der früheren Wohnung der Mutter wohnt, reagiert nicht auf andere Männer. Für den sind andere Männer immer Feinde. Und Konkurrenten. Weil es immer diese anderen Männer sind, die einem Sohn die Mutter wegzunehmen drohen. Oder die bewunderte, unerreichbare Frau, in die man verliebt ist.«
    »Gut analysiert. An Ihnen ist eine Psychotherapeutin verlorengegangen.«
    »Ich glaube nicht«, sagte Lily und deutete auf ein Fenster des Wirtshauses. »Hier kann ich auf die Berggasse blicken. Vielleicht ist es nur der Geist von Sigmund Freud, der mich zu solchen Überlegungen bringt.«
    Belonoz lachte.
    »Schon seltsam, dass die ehemalige Praxis von Freud in derselben Straße liegt wie das Hauptquartier der Wiener Mordkommission. Das kann kein Zufall sein.«
    Lily wurde melancholisch. »Egal, was man tut, in Wien kann man seinem Schicksal nicht entgehen. Diese Stadt verschlingt jeden. Sie macht mit einem, was sie will.«
    Ein schlaksiger junger Mann servierte den Zwiebelrostbraten und die Palatschinken.
    »Was glauben Sie, Frau Doktor Horn?«, fragte Belonoz, während er genüsslich ein Stück Fleisch aufspießte. »Was werden die Beobachtungen dieses Horvath wert sein?«
    »Schwer zu sagen. Aber er hat geschworen, jemanden gesehen zu haben. Und zwar in der Nacht, als er die Wohnung von Magdalena Karner durch sein Fernglas beobachtet hat. Eine Person in schwarzem Leder. Mit einem Helm.«
    »Im Outfit eines Motorradfahrers.«
    »So hat er es empfunden.«
    »Wirklich schwarzes Leder?«
    »Er ist sich ganz sicher.«
    »Kommt er als Täter in Betracht?«, fragte Belonoz, nachdem er einen Schluck vom Gespritzten genommen hatte.
    »Alibi hat er natürlich keines«, sagte Lily. »Wie sollte er auch, wenn er fast immer nur zu Hause herumhockt. Interessanterweise ist kein Alibi meistens ein gutes Alibi.«
    »Stimmt. Weil es glaubwürdig ist. Niemand steht vierundzwanzig Stunden unter Beobachtung. Gerade dann nicht, wenn man es später vielleicht benötigen würde.«
    »Das Problem ist natürlich, dass bei den bisherigen Morden nur wenige Spuren gefunden worden sind. Das schließt Horvath nicht von vornherein aus. Und seine Behauptung, einen Mann in schwarzem Leder gesehen zu haben, könnte ein Ablenkungsmanöver sein. So wie der berühmte unbekannte Dritte.«
    »Wir haben noch die Spermaspuren aus dem Bett von Magdalena Karner.«
    »Die würden nicht zu einem Serienkiller passen. Andererseits steht die Möglichkeit einer Beziehungstat nach wie vor im Raum.«
    »Was auf Sebastian Emberger zuträfe«, sagte Belonoz und bemühte sich, auch noch die letzten Reste des Zwiebelrostbratens auf seine Gabel zu bekommen. »Seltsam, dass er einfach so verschwunden ist. Das macht ihn automatisch zu einem Verdächtigen. Und dann seine offensichtlich falschen Angaben.«
    »Ja, die Insektenspuren und die Tatsache, dass sein Auto am fraglichen Abend in der Nähe von Wien war, sind nicht günstig für ihn.«
    »Was denken Sie, Frau Doktor? Kann er der Täter sein?«
    »Durchaus möglich. Viel eher noch als Horvath.«
    »Warum?«
    »Weil offensichtliche Einzelgänger und irre Sonderlinge nur in Filmen und Romanen die Täter sind. Mit der Realität hat das nichts zu tun. Dort

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