Maedchenauge
ist mit der benutzten Bettwäsche passiert?«
»Die hat die Putzfrau in eine Reinigung gebracht. Wir haben dort schon nachgefragt, aber es ist zu spät. Alles bereits gewaschen.«
»Ist die Putzfrau vernommen worden? Weiß sie etwas über den Freund?«
»Wir haben sie am Handy erreicht. Zum Glück stand ihre Telefonnummer in der Küche auf einem Zettel. Heute Nachmittag können wir mit ihr sprechen. Nur hat sie ein Problem. Sie arbeitet nicht offiziell, sondern schwarz, und daher ist sie irgendwie recht zugeknöpft …«
»Sagen Sie ihr, dass wir nicht vom Finanzamt sind. Was ist mit den Eltern? Den Freund werden sie garantiert kennen, bei so geordneten und wohlhabenden Verhältnissen.«
Metka schüttelte den Kopf. »Die sind im Ausland. Der Vater ist auf Geschäftsreise in Spanien, die Mutter begleitet ihn.«
»Was macht die Mutter beruflich?«
»Früher war sie auch bei der SecuriGen , jetzt betätigt sie sich als Malerin. Oder Galeristin. Vielleicht auch beides zusammen, das habe ich noch nicht so genau durchschaut.«
»Vom Tod der Tochter wissen die Eltern schon?«
»Die österreichische Botschaft in Madrid hat sie informiert. Sie wollen so schnell wie möglich zurück nach Wien kommen. Aber sie stehen natürlich unter Schock.«
»Ja … das muss die Hölle sein«, murmelte Lily, bevor sie zur gewohnten Stimme zurückkehrte. »Gibt es schon eine Personenbeschreibung des Freundes?«
»Na ja, eine eher vage«, meldete sich Marlene Metka wieder zu Wort. »Er soll etwa eins fünfundachtzig groß sein, dunkelhaarig und auffallend hübsch. Sagen die Nachbarn.«
»Phantombild?«
»Daran wird gearbeitet.«
»Sehr gut«, sagte Lily.
Erneut schaute sie zur Wand, wo an einer anderen Stelle Bilder zum Fall Karner montiert waren. Dort hing auch ein Foto von Sebastian Emberger.
Ein hübscher junger Mann. Dunkelhaarig. In derselben Nacht, als Selma Jordis zu Tode gekommen war, hatte er sich in der Nähe von Wien aufgehalten.
»Was habt ihr zu den Tatumständen recherchiert?«, fragte Belonoz.
»Zahlreiche, letztlich tödliche Messerstiche«, antwortete Kovacs. »Den Spuren zufolge hat die Tat im Vorzimmer stattgefunden, nahe der Eingangstür. Die Leiche ist vom Täter in eines der großen Zimmer gebracht worden. Dort ist sie auf einer Couch positioniert worden.«
»Parallelen zu den anderen Morden?«
»Na ja, die Stichwunden. Und das Gesicht wurde ihr zerschnitten. Ziemlich arg.«
»Augen?«
»Nein, die Augen sind intakt geblieben. Auch kein Klebeband um den Kopf.«
»Außerdem hat der Mörder bis jetzt immer zwei Wochen zwischen den Taten verstreichen lassen«, sagte Lily. »Und er hat nur an Samstagabenden zugeschlagen.«
Belonoz, der bisher an seinem Schreibtisch gelümmelt hatte, setzte sich aufrecht hin. »Die Frage ist, ob er seine Vorgangsweise verändert hat. Und warum.«
Steffek hatte bisher mit unbeteiligter Miene geschwiegen. »Eine mögliche Erklärung kennt ohnehin jeder hier im Raum. Dass es nicht unser Serienmörder war. Sondern ein Nachahmer. Ein Trittbrettfahrer.«
Im Raum war es still geworden. Draußen rauschte gedämpft der Lärm des Autoverkehrs. Man hörte die penetrante Sirene eines Feuerwehrfahrzeugs, das zu einem Einsatz fuhr.
Niemand mochte die Variante, die Steffek ins Spiel gebracht hatte. War es schon schwer genug, den originalen Serientäter festzusetzen, wäre man dann noch mit einem zweiten Mörder konfrontiert. Der konnte seine Tarnung nur gewählt haben, weil der echte Täter nicht verhaftet worden war. Was in der Verantwortung der Ermittler lag. Das Schlimme wäre als noch schlimmer empfunden worden.
Nein, das durfte nicht wahr sein.
Endlich ergriff Marlene Metka das Wort. »Sicher muss man jede Möglichkeit in Betracht ziehen. Aber da musst du erst einmal die Augenzeugen widerlegen.«
»Welche Augenzeugen?«
»Die aus dem Museumsquartier. Das kann kein Zufall gewesen sein.«
Die Breite Gasse verlief neben dem Museumsquartier. Die Hinterfronten der Häuser auf einer Straßenseite grenzten unmittelbar an das Gelände, wo Museen, Ateliers, Restaurants, Veranstaltungssäle, Büros und Geschäfte untergebracht waren. Spätnachts hatte sich dort eine Gruppe von fünf Schülern aufgehalten. Bewaffnet mit einer Weinflasche und drei Bierdosen hatten sie die am selben Tag bestandene Matura und das Ende ihrer Schulzeit gefeiert. Mit Herumblödeln hatten sie Zeit verschwendet.
Als sie endlich in einen Club hatten aufbrechen wollen, waren ihnen die Polizeiautos in der
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