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Maedchengrab

Maedchengrab

Titel: Maedchengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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sitzen.«
    »Sie ist in einer Minute zurück. Kann ich helfen?«
    »Thomas Robertson weilt wieder unter den Lebenden.«
    »Ach?«
    » Wir haben eine Nachricht aus Aberdeen erhalten. Er liegt dort im Krankenhaus.«
    » Was ist mit ihm?«
    »Soweit ich weiß, hat er eine ordentliche Abreibung von einem oder mehreren Unbekannten bekommen.«
    » Wurde die Polizei vor Ort eingeschaltet?«
    »Er wurde von der Polizei gefunden – zwischen ein paar Mülltonnen unten an den Docks. Bewusstlos, aber mit Ausweis in der Tasche. Kreditkarten und Bargeld unberührt, also offensichtlich kein Raubüberfall.«
    » Wird er wieder gesund?«
    »Scheint so.«
    Rebus nahm einen Stift und griff über den Tisch nach einer Papierserviette. » Wie heißt das Krankenhaus?«, fragte er. »Außerdem hätte ich gerne den Namen und die Durchwahl des CID in Aberdeen, wenn Sie beides zur Hand haben.«
    Ormiston gab ihm, was er hatte, und fragte, wie sie in Inverness vorankamen.
    »Geht so«, sagte Rebus.
    »Ich habe Sie in den Nachrichten gesehen – wie Sie Frank Hammell die Tür aufhalten.«
    »Das gebietet die Höflichkeit.«
    »Haben Sie auch mit ihm gesprochen?«
    » Warum wollen Sie das wissen?«
    »Nur so.« Ormiston machte ein Geräusch, als würde er sich räuspern.
    »Normalerweise hat man einen Grund, wenn man eine Frage stellt«, beharrte Rebus.
    »Diesmal nicht. Sie sagen Siobhan Bescheid wegen Thomas Robertson?«
    »Natürlich«, erwiderte Rebus.
    Als Clarke zurückkam, lag ihr Handy wieder an seinem Platz neben ihrem Wasserglas. Sie gähnte, legte sich den Handrücken auf den Mund.
    »Ich könnte im Stehen schlafen«, sagte sie.
    »Ich weiß, was du meinst«, gab sich Rebus verständnisvoll. » Wollen wir zurückfahren?«
    Sie nickte und signalisierte dem Kellner, er möge die Rechnung bringen. »Ich bin übrigens dran«, sagte sie. »Ich kann das als Spesen abrechnen, und außerdem – ich lebe ja nicht von Rente …«
    Wieder in der Pension blieb Rebus gerade lange genug in seinem Zimmer, um sein Handy aufzuladen und die schnellste Strecke nach Aberdeen herauszusuchen. Die A96 schien die Lösung zu sein. Trotzdem waren es hundertsechzig Kilometer bis hinauf in den Norden, und er zögerte. Andererseits gab es nichts, das Robertson davon abhalten könnte, sich aus dem Staub zu machen, sobald es ihm gut genug ging – vielleicht war dies Rebus’ letzte Chance. Als er die Stufen des dreistöckigen Hauses hinunterschlich, fragte er sich, wie er dem schlafenden Saab die Neuigkeiten beibringen sollte.
    Es war lange nach elf, als er in der Aberdeen Royal Infirmary eintraf. Er war seit Jahren nicht mehr in der Stadt gewesen und erkannte die Landschaft unterwegs kaum wieder. Öl war die Haupteinnahmequelle in Aberdeen, und die Industriekomplexe, an denen er vorbeifuhr, schienen allesamt damit zu tun zu haben. Er verfuhr sich ein paarmal, bevor er auf ein Schild stieß, das ihm den Weg Richtung Krankenhaus wies. Er parkte in dem für Krankenwagen reservierten Bereich und ging rein. Der Eingangsbereich war beengend, und wer auch immer hellbraune Wandfarbe herstellte, hatte hier offensichtlich einen Riesenreibach gemacht. Der übernächtigte Mann hinter dem Tresen schickte ihn zu den Fahrstühlen, und zwei Stockwerke weiter oben stieß er die Türen zur Station auf und erklärte der einzigen dort diensthabenden Schwester, dass er Polizeibeamter sei und mit einem Patienten namens Robertson sprechen müsse. Von den acht Betten waren sieben belegt. Ein Mann war wach, er hatte Kopfhörer auf den Ohren und ein Buch vor der Nase. Alle anderen schienen zu schlafen, einer schnarchte laut. Über Thomas Robertsons Bett befand sich eine Lampe, und Rebus knipste sie an, Licht fiel auf Robertsons zerschundenes Gesicht. Er hatte zwei Veilchen; am Kinn klaffte eine Wunde, die mit dicken schwarzen Stichen genäht worden war. Die Nase – vermutlich gebrochen – war verbunden. Am Fuß des Bettes lag eine Mappe, Rebus schlug sie auf. Ein gebrochener Zeh, zwei gebrochene Finger, eine angebrochene Rippe, ein ausgeschlagener Zahn, Nierenverletzungen …
    »Da hat ja jemand ganze Arbeit geleistet, Tommy«, sagte Rebus, zog einen Stuhl heran und setzte sich. Auf dem Schränkchen neben dem Bett stand eine Kanne mit Wasser, und er schenkte sich ein Glas ein, stürzte es hinunter. Sein Kopf pochte nach der langen Fahrt, die Handflächen, mit denen er stundenlang das Lenkrad umklammert hatte, kribbelten. Rebus zog eine Schublade des Schränkchens auf und griff nach

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