Maedchengrab
Klamotten herunter.
»Dein Anzug sieht super aus«, versicherte Clarke.
21
Nach dem Briefing in Pages sauerstofffreiem Büro ging Rebus auf eine Zigarette nach draußen. Er stellte sich auf den Parkplatz gerade noch außerhalb des Blickfelds möglicherweise lauernder Journalisten und gab Nina Hazlitts Nummer in sein Handy ein, aber sie meldete sich nicht. Aus irgendeinem Grund hatte er die Tätowierungen auf Thomas Robertsons Fingerknöcheln vor Augen. Im Anklageprotokoll waren sie nicht erwähnt, weshalb er sich fragte, ob er sie sich erst im Gefängnis hatte stechen lassen. Robertson war kaum dem Teenageralter entwachsen, als Sally Hazlitt verschwand; aber das musste ihn nicht automatisch entlasten. Zoe Beddows war nicht lange vor Robertsons Übergriff vor dem Nachtclub verschwunden. Die Tat war brutal und dumm gewesen – die Schreie des Opfers waren sofort gehört worden. Konnte sich dieselbe Person einfach so vier Frauen geschnappt haben, ohne Spuren zu hinterlassen? Rebus bezweifelte es. Was nicht bedeutete, dass Robertson Annette McKie nichts angetan haben konnte.
Dass er sie nicht gesehen, verfolgt und irgendwo liegen lassen haben konnte. Manchmal musste man Zufälle in Betracht ziehen – dieselbe Straße; Handyfotos. Ein Song fiel ihm ein – »Connection«; nicht das Original von den Stones, sondern die Coverversion einer Band namens Montrose. Er hatte das Album gekauft und gedacht, sie käme aus dem gleichnamigen Ort, aber es waren Amerikaner. Gab es eine Verbindung, oder gab es keine? Die Willenskraft einer Mutter genügte, damit zufällige Ereignisse plötzlich miteinander in Zusammenhang standen. Prompt klingelte sein Handy, und er nahm es ans Ohr.
»Hallo«, sagte er.
»Tut mir leid«, erklärte Nina Hazlitt, »ich musste erst rausgehen. Handys werden in Bibliotheken nicht gerne gesehen.«
» Waren Sie gerade dabei zu recherchieren?«
»Ja.«
»Aber für ein Gespräch mit der BBC hat die Zeit noch gelangt?«
»Es war eine Nachrichtenagentur. Die haben es wohl weitergegeben.«
» Was Sie denen gesagt haben, kann nur von mir gekommen sein.«
»Oh.« Sie hielt inne. »Bekommen Sie jetzt Ärger?«
» Würde Sie das stören?«
»Natürlich.«
»Da bin ich nicht so sicher, Nina.«
Er wartete auf eine Antwort, hörte aber nur den vorüberziehenden Verkehr auf der Georg IV Bridge.
»Erinnern Sie sich noch an das Buch, das Sie mir gegeben haben?«, fuhr er fort. »Ich hab’s gestern Nacht angefangen. Vieles, woran die Menschen früher fest geglaubt haben, hat sich als bloße Erfindung entpuppt.«
»Machen Sie sich ruhig über mich lustig, John. Glauben Sie bloß nicht, dass Sie der Erste sind.«
»Ich mache mich nicht über Sie lustig.«
»Sie denken, dass ich Dinge sehe, die gar nicht existieren.« Sie hielt inne. »Dafür habe ich keine Zeit. Die Agentur will in einer Stunde ein Interview mit mir aufzeichnen. Alle müssen davon erfahren, John. Da draußen gibt es jemanden, der weiß, was geschehen ist.«
»Ich bin auf Ihrer Seite, Nina.«
»Ich brauche verdammt noch mal niemanden auf meiner Seite! Ich bin bislang auch ohne Hilfe von Typen wie Ihnen ausgekommen …« Ihre Stimme klang jetzt schrill und überschlug sich bei den letzten Worten.
»Nina?«
»Ich hab’s nicht so gemeint.« Sie holte tief Luft, gewann die Fassung zurück. »Ich hab’s wirklich nicht so gemeint.«
»Schon okay.«
» Wenn Sie nicht wollen, dass ich mit denen rede, dann sagen Sie’s.«
» DCI Page wird eine Erklärung abgeben. Warten Sie ab, was er zu sagen hat, dann entscheiden Sie selbst, was Sie tun, okay?«
»Okay.«
»Sind Sie heute Abend noch in der Stadt?«
»Ich hab’s mir anders überlegt – ich nehm den Zug um sechs.« Sie zögerte. »Ich hätte nachdenken sollen, bevor ich mit dem Journalisten gesprochen habe. Ich hoffe, Sie halten mich immer noch für vertrauenswürdig.«
»Mal sehen.«
»Sie haben versprochen, dass ich’s als Erste erfahre, John. Ich gehe davon aus, dass Sie Wort halten.«
»Grüßen Sie Ihren Bruder von mir.«
»Ich hoffe, wir sehen uns mal wieder, John. Melden Sie sich.«
Er beendete das Gespräch.
Im CID -Raum waren weder Page noch Clarke zu finden. Rebus ging zu Christine Esson an den Schreibtisch und fragte, ob sie einen Kaffee trinken wolle.
»Ich rühre das Zeug nicht an.«
»Tee?«
Sie schüttelte den Kopf. »Heißes Wasser, das mag ich. Sie sollten mal sehen, wie ich in Cafés angeguckt werde.« Also machte er sich selbst einen Kaffee und brachte ihr
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