Maedchengrab
Dreck, ohne es überhaupt nur zu merken.
Ja, toll gemacht, John.
Er zündete eine Zigarette an und schenkte sich ein halbes Glas Whisky ein. Dann setzte er sich an den Esstisch, die Augen auf die Straßenkarte gerichtet. Nach einer Weile musste Whisky nachgeschenkt und der Aschenbecher geleert werden.
Ihm wurde bewusst, wie trostlos sich der Raum ohne Musik anfühlte, aber er konnte keine Platte finden, die zu seiner Stimmung passte. Er überlegte, ob er Siobhan Clarke anrufen und sich entschuldigen sollte. Oder vielleicht doch nur eine SMS schicken – was Kurzes, Nettes. Stattdessen landete er in seinem Sessel mit dem Buch, das Nina Hazlitt ihm gegeben hatte. Es waren keine Schlangen begraben unter Edinburgh, und in Loch Ness schwammen keine Ungeheuer. Das war reiner Aberglaube, Ergebnis eines fundamentalen menschlichen Bedürfnisses nach Erklärungen, Antworten, Gründen.
Als ihm die Augen zufielen, fand er das völlig in Ordnung. Wieder mal eine Nacht, in der er es nicht bis ins Schlafzimmer schaffen würde.
23
Die Beamtin an der Anmeldung am Gayfield Square ließ Rebus immer noch nur widerwillig herein. Jeden Morgen druckte sie ihm einen neuen Besucherausweis, und am Ende jedes Tages musste er ihn ihr zurückgeben.
»Könnten Sie mir der Einfachheit halber nicht einen für die ganze Woche ausstellen?«, schlug Rebus vor, während er versuchte sich an ihren Namen zu erinnern.
»Vielleicht sind Sie ja gar keine ganze Woche mehr hier«, entgegnete sie.
»Denken Sie an die Umweltschäden, die Sie mit Ihrer Pedanterie anrichten.«
»Die Dokumente werden wiederverwertet.« Sie reichte ihm den neuen Tagesausweis. »Stets sichtbar an der Kleidung tragen, denken Sie dran.«
»Immer.«
Gleich auf der Treppe nahm er das Schildchen ab und steckte es in die Jackentasche. Im Büro wurde bereits gearbeitet. Er nickte Ronnie Ogilvie zu und ging zu Christine Esson, um sie zu fragen, ob sie etwas Neues entdeckt habe, das sie ihm zeigen wolle.
»Nur die hier«, sagte sie.
Er nahm ihr die Ausdrucke aus der Hand.
»Das sind digital manipulierte Fotos«, erklärte sie. »Ich kenne jemanden unten im Süden bei der Polizei, einen Softwarefachmann.«
Rebus starrte abwechselnd in die drei Gesichter. Sally Hazlitt, Brigid Young und Zoe Beddows waren gealtert, die Fotos zeigten sie jeweils so, wie sie möglicherweise inzwischen aussahen. Hazlitt hatte sich am stärksten verändert – was nicht verwunderlich war, da sie am längsten vermisst wurde. Eine Frau von dreißig Jahren, deren Augen und Wangenknochen denen ihrer Mutter glichen. Beddows und Young sahen den Frauen zum Zeitpunkt ihres Verschwindens ähnlicher. In Youngs Gesicht zeigten sich ein paar zusätzliche Falten, die Augenränder waren jetzt dunkler, und sie hatte leicht hängende Mundwinkel. Beddows war noch keine dreißig, ihre Gesichtszüge waren nach wie vor markant, hatten aber ihren jugendlichen Glanz verloren.
» Was meinen Sie?«, fragte Esson.
»Ziemlich gut«, gab Rebus zu.
»Er hat noch ein paar gemacht – mit verschiedenen Frisuren …«
Rebus nickte, und sie wusste, was er dachte.
» Hilft uns nichts, wenn sie tot sind«, sagte sie.
»Ich denke, wir sollten die Bilder in Umlauf bringen. Aber holen Sie zuerst Pages Erlaubnis ein.«
»Mr Trampled Underfoot?« Sie schenkte Rebus ein Lächeln. »Ich habe meine Hausaufgaben gemacht.«
Pages Tür wurde aufgerissen, der DCI fixierte Rebus und beorderte ihn mit einer knappen Kopfbewegung zu sich. Rebus holte sich zuerst einen Becher Kaffee, dann klopfte er und trat ein. Für einen Besucherstuhl war in dem Büro kein Platz. Am Tag zuvor, als sie zu dritt dort gestanden hatten, war der Raum zur Sauna geworden. Doch er passte zu Page, einem Mann, der strikte Rahmenbedingungen zu schätzen wusste und keinen Platz zum Manövrieren brauchte.
»John«, sagte er und setzte sich an seinen Laptop.
»Ja, James?«
»Schön, Sie hier so früh zu sehen.«
Rebus nickte nur, machte sich auf alles gefasst.
»Das zeugt von Motivation, aber wir brauchen vor allem auch Konzentration.«
»Immer.«
Damit wollte Page Zeit gewinnen, während er noch überlegte, wie er auf das eigentliche Thema zu sprechen kommen sollte. Rebus entschied, ihm die Mühe zu ersparen.
»Hat es mit der Inneren zu tun?«, riet er.
»Gewissermaßen.« Sollte heißen: Ja, insbesondere und definitiv.
»Tut mir leid, falls es den Anschein hat, ich würde Altlasten mit mir herumschleppen«, sagte Rebus. »Seien Sie versichert, dass diese
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