Maedchengrab
fest im Blick. »Besser spät als gar nicht.« Er hielt inne, lauschte. »Ja, sag ich ihm. Ja sofort, ja.«
Er beendete das Gespräch und erklärte Rebus, er könne den Mantel gleich anlassen. » DCI Page will Sie sehen. Irgendeine Ahnung, worum es gehen könnte?«
Rebus war überfragt. Möglicherweise nahmen die Fallakten zu viel Platz in Anspruch und mussten weggeräumt werden.
» Wo zum Teufel sind Sie überhaupt gewesen?«
»Ich wusste nicht, dass Sie mich so sehnsüchtig zurückerwarten, Dan …«
Draußen auf dem Parkplatz entschuldigte sich Rebus erneut bei seinem Saab, bevor er den Motor anließ, der nach einem kurzen, trockenen Husten auch ansprang. Rebus wählte Siobhan Clarkes Nummer. Noch bevor sie etwas sagen konnte, erzählte er ihr, dass er gerade aus Inverness kam.
»Die Sache ist die, ich glaube, Sally Hazlitt ist noch am Leben. Und kaum waren die digital bearbeiteten Fotos in Umlauf, hat sie sich aus dem Staub gemacht. Ich nehme nicht an, dass das allein beweiskräftig ist, aber trotzdem …«
» Wirft das nicht deine ganze Serienkillertheorie über den Haufen?«
»Schon.«
»Die Sache ist die, John, es gibt da ein Problem – weshalb James dich sprechen will.«
»Ach?«
»So wie’s aussieht, gibt’s noch weitere Opfer. Wir erzählen dir alles, wenn du hier bist.«
Zwei Detectives sollten sich einen Schreibtisch teilen, damit sich Rebus an den frei gewordenen setzen konnte. Darauf und daneben stapelten sich die Kisten. »Die Schubladen sind tabu, soll ich Ihnen ausrichten«, sagte Page. » DC Ormiston lässt seine Sachen erst mal drin.« Sie befanden sich in Pages Büro. Er saß an seinem Schreibtisch, Siobhan und Rebus standen. »Siobhan sagt, Sie haben Ihre Meinung bezüglich des ersten Opfers geändert …«
»Und mir hat sie gesagt«, entgegnete Rebus, »dass es vielleicht noch weitere Opfer gibt.«
Page nickte und nahm ein Blatt, von dem er ablas.
»Es ist wegen des Fotos, das von Annette McKies Telefon gesendet wurde. Da hat’s bei zwei Familien geklingelt. Beide haben in den vergangenen fünf Jahren Töchter im Teenageralter verloren. Man nahm an, sie seien ertrunken, aber keine der Leichen wurde je gefunden …«
»Und beide Mädchen haben Fotos von ihren Handys verschickt, bevor sie verschwanden?«, riet Rebus.
Page nickte. »In einem Fall existiert das Foto nicht mehr. Aber die Eltern schwören, dass es dasselbe war wie das in den Nachrichten.«
»Und die andere Familie …?«
»Hat alles aufgehoben, was der Tochter gehörte. Hier ist das Bild, das ihnen geschickt wurde.« Page tippte auf seinen Computerbildschirm. Rebus ging seitlich um den Tisch herum, damit er es sehen konnte.
»Ach du Scheiße«, war alles, was ihm einfiel.
Es war Edderton, daran bestand kein Zweifel …
An jenem Abend blieb Rebus lange im Büro. Clarke hatte freiwillig ihre Dienste angeboten, und die beiden räumten ein bisschen auf, sortierten alles aus den Kisten, was möglicherweise wichtig sein konnte. Page wollte eine Zusammenfassung, um sie dem Chief Constable vorzulegen.
Jetzt galt es, die Northern Constabulary davon zu überzeugen, bei den Ermittlungen zu kooperieren – die Gegend um Edderton musste abgesucht werden; Einheimische vernommen werden –, und das bedeutete, Fakten zusammenstellen, Einwände und Probleme voraussehen, mögliche Antworten vorbereiten. Clarke arbeitete an der Zeitschiene.
»Rechnen wir Sally Hazlitt mit oder nicht?«, lautete eine ihrer Fragen.
Rebus wusste es nicht.
»1999, 2002, 2008 und 2012. Jetzt kommen noch 2007 und 2009 dazu.« Sie starrte die Zahlen an. »Ich weiß, was ein Profiler dazu sagen würde.«
»Klär mich auf, wenn’s sein muss.«
»Serientäter fangen langsam an und werden dann immer häufiger aktiv, je länger sie ungeschoren davonkommen.«
»Ach ja?«
»Drei Möglichkeiten: erstens, weil sie gefasst werden wollen; zweitens, weil sie aber nicht gefasst werden; drittens, sie werden süchtig danach – jedes neue Opfer verschafft ihnen eine immer weniger lang anhaltende Befriedigung.«
»Muss man so was heutzutage wissen, wenn man DI werden will?«
»Ich denke, es könnte sich lohnen, mal einen Blick auf die Texte zu werfen, die Christine ausgedruckt hat. Unser Mann stellt uns vor ein großes Problem: keine Leichenfundorte. Aber wir haben Edderton. Das muss etwas für ihn bedeuten.«
»Es sei denn, er hat den Ort ganz zufällig gewählt, um die Polizei von seiner Spur abzulenken. Vielleicht hat er nur ein einziges Mal dort Halt
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