Maedchengrab
als stamme er aus einer Farmerfamilie, die schwarzen Haare trug er aus der Stirn gekämmt. Das Gatter zum Feld stand offen, und Ruby konnte es kaum erwarten, sich dort umzusehen, aber bevor sie nicht die Erlaubnis bekommen hatte, rannte sie nirgendwohin.
»Brauchen Sie nicht …?«
» Was?«
»Ein Stück Kleidung oder etwas, das den Vermissten gehörte?«
»Das ist nicht Rubys Spezialgebiet«, entgegnete der Beamte.
» Was denn?«
»Sie ist ein Leichenhund.« Woraufhin er dem Spaniel ein Zeichen gab und Ruby über das Feld sauste. Einer der Suchtrupps kam zurück, magere Erträge in den Beweistüten. Sie gingen auf den Wohncontainer zu, um die Tüten abzulegen und aufzuschreiben, was sie gefunden hatten. Als die Leute zum Sandwichwagen weitergingen, warf Rebus einen Blick auf die Beute. Ein verrosteter Kronkorken, Chipstüten und Schokoladenpapier, eine alte Bierdose, ein halber Backstein …
Etwas Zwirn …
Eine zerfetzte Plastiktüte …
Ein Mäuseskelett …
Ein paar Federn …
Bedeutungsloser Kram. Das Team, das zu Anfang noch voller Elan gewesen zu sein schien, wirkte jetzt sehr viel düsterer, Pessimismus machte sich breit. Rebus hatte den Hundeführer aus den Augen verloren, fand ihn aber wieder: Er hatte das Feld bereits zur Hälfte überquert und ging jetzt auf die Baumreihe dahinter zu. Ein anderer Suchtrupp, der sich auf dem Rückweg befand, kam ihm entgegen. Einer der Beamten beugte sich hinunter, als wollte er Ruby streicheln, richtete sich dann aber wieder auf – war wahrscheinlich ermahnt worden, wie Rebus vermutete. Ruby war zum Arbeiten ausgebildet, nicht zum Spielen.
Am Sandwichwagen wurde getuschelt. Handys wurden auf Nachrichten überprüft oder in der Hoffnung auf eine Verbindung hochgehalten.
»Morgen haben wir mehr Glück«, meinte jemand.
»Solange das Wetter mitspielt.«
Rebus fragte nach der Vorhersage.
»Schlecht«, wurde ihm beschieden.
»Möglicherweise Schneeregen«, setzte eine weitere Stimme hinzu. Dann: »Sind Sie aus Edinburgh?«
Rebus nickte.
»Ich hasse die Stadt«, sagte der Cop. »Kann sie auf den Tod nicht ausstehen.«
»Dann kommen Sie wohl aus Inverness?«
Der Mann warf Rebus einen finsteren Blick zu. » Die Stadt hasse ich auch. Mir reicht Dingwall vollkommen.«
»Ist es nicht schon wieder Zeit für deine Pillen, Bobby«, fragte jemand und sorgte für müdes Grinsen ringsum.
Eine halbe Stunde später kam die Nachricht aus dem Präsidium: Schluss für heute. Dempsey würde nicht wiederkommen. Jemandem wurde die Aufgabe übertragen, den Wohncontainer abzuschließen.
»Lassen wir die Beweismittel über Nacht hier?«, fragte Rebus.
» Wenn Sie das ›Beweise‹ nennen wollen. Die Chefin wird sich das Zeug morgen ansehen und entscheiden, was damit geschieht.«
» Wie viel haben wir noch vor uns?«
»Mehr als genug.«
Rebus sah zu, wie sich die Trupps auf ihre Abreise vorbereiteten. Gebrumme seitens derjenigen, deren Fahrzeuge auf der falschen Seite des Wohncontainers standen – vor ihnen lag ein weiter Umweg. Autos mussten an anderen Autos vorbeimanövriert werden. Eins blieb mit durchdrehenden Reifen stecken und musste angeschoben werden. Als der letzte Streifenwagen rückwärts die Straße zurückfuhr, winkten die vier Beamten darin Rebus kurz zu. Sie sprachen über ihn, grinsten ihn an. Rebus machte sich nicht die Mühe zurückzuwinken. Der Transporter des Hundeführers stand noch da, ungefähr zwanzig Meter trennten ihn von Rebus’ Saab. Es waren die einzigen beiden Fahrzeuge. Die Dämmerung hatte sich herabgesenkt, und Rebus konnte nur noch ungefähr zwei Drittel des Feldes überblicken. Von Ruby und ihrem Kollegen keine Spur. Er lehnte sich an seinen Wagen und rauchte eine Zigarette, drückte sie hinterher im Aschenbecher des Saab aus – er wollte nichts zurücklassen, das irrtümlich für einen Hinweis gehalten werden konnte. Nicht dass die Suchtrupps so weit gedacht hätten. Brotrinden und Maiskörner verteilten sich an der Stelle der Straße, wo der Sandwichwagen gestanden hatte. Sogar eine weggeworfene Wasserflasche lag im Graben. Rebus nahm sie und warf sie auf den Beifahrersitz.
Wahrscheinlich war das Zeitverschwendung, aber trotzdem …
In ungefähr fünfzehn Minuten würde es stockfinster sein – hier draußen gab es keinerlei Straßenbeleuchtung. Er konnte bereits ein paar Sterne am Himmel erkennen, es wurde kühler. Er hupte dreimal in der Hoffnung, der Hundeführer würde die Botschaft verstehen. Als er eine Pfeife hörte, hielt
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