Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maedchengrab

Maedchengrab

Titel: Maedchengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
Vom Netzwerk:
er dies für eine Antwort, aber es wurde immer und immer wieder gepfiffen – mit wachsender Dringlichkeit. Es war nicht die Art von Geräusch, die der Verständigung mit einem Hund diente. Es folgte ein Rufen irgendwo auf der anderen Seite des Feldes. Rebus konnte nichts sehen. Er hatte die Schuhe der Suchtruppleute gesehen und wusste, dass das Feld alles andere als trocken war. Er hatte keine Taschenlampe im Saab – wenn er sich verlief, würde ihm nur das Licht seines Handydisplays helfen.
    Erneutes Rufen.
    »Verfluchte Scheiße«, sagte Rebus und ging durchs Gatter.
    Auf dem Feld gab es Senken und Mulden, sehr heimtückisch. Rebus merkte, wie er bis zu den Knöcheln einsank. Er fluchte noch einmal, ging aber schwer atmend weiter. Ein Zaun trennte das Feld von den Bäumen dahinter. Er war gut über einen Meter zwanzig hoch und oben mit Stacheldraht verstärkt. Rebus spähte darüber hinweg.
    »Sind Sie da irgendwo?«, rief er.
    »Hier«, antwortete der Hundeführer.
    » Wo?«
    Ein schmaler Lichtkegel tauchte auf. Der Wald war dichter, als Rebus angenommen hatte. Ruby und ihr Herrchen befanden sich irgendwo mittendrin. Rebus sah über den Zaun, dann nach links und rechts, er suchte einen Übertritt oder ein Gatter. Da er nichts dergleichen entdecken konnte, schüttelte er seinen Mantel ab, hängte ihn über den Stacheldraht und schob erst ein Bein über den Zaun, dann das andere. Er blieb mit der Hose hängen und hörte, wie sie riss. Ein scharfer Zinken hatte sich durch Mantel und Hosenbein gebohrt.
    »Mist«, brummte er. Wieder sank er tief ein, hätte fast einen Schuh verloren, als er sich die flache Böschung hinauf in den Wald hineinschleppte.
    » Wo zum Teufel sind Sie?«
    »Hier«, sagte der Hundeführer und leuchtete wieder mit der kleinen Taschenlampe. »Können Sie einen Suchtrupp holen?«
    »Die sind schon alle weg.« Rebus sah jetzt sowohl Hund wie Mann. Ruby saß auf dem feuchten Boden, wedelte mit dem Schwanz, die Zunge hing ihr aus dem Maul. » Was ist los?«, fragte Rebus nach Atem ringend. Statt einer Antwort richtete der Hundeführer den Strahl der Taschenlampe auf eine Stelle direkt hinter Ruby. Der Hund drehte den Kopf in dieselbe Richtung, leckte sich übers Maul. Die Erde war frisch aufgeworfen, und Rebus wusste, was er da gezeigt bekam.
    Eine menschliche Hand ragte aus dem provisorischen Grab.
    »Oh Gott«, zischte er.
    »Und ich glaube«, sagte der Beamte und ließ den Lichtstrahl über die Lichtung tanzen, »Ruby ist noch nicht fertig – noch lange nicht …«

44
    Die Dieselmotoren der Generatoren brummten. Ein halbes Dutzend Bogenlampen erleuchtete das Geschehen. Beamte waren mit Absperrband zugange. Der Feldweg, der von der Straße zu den Bäumen führte, war mit blau-weiß gestreiftem Band gesichert worden. Der Täter musste ein Fahrzeug gehabt haben; die Leichen konnten kaum die ganze Strecke gezogen oder getragen worden sein.
    »Er muss Vierradantrieb gehabt haben«, hatte Rebus gegenüber Clarke argumentiert. » Wobei das wahrscheinlich auf drei Viertel aller Fahrzeuge hier in der Gegend zutrifft.«
    Sie hatte genickt und ihn dabei angestarrt.
    » Was?«, hatte er gefragt.
    »Ich kann nicht fassen, dass du hier warst.«
    Woraufhin er nur mit den Schultern gezuckt hatte.
    Page beriet sich mit Dempsey. Er hatte gut daran getan, sich irgendwo Stiefel zu borgen. Rebus’ Schuhe hätten dringend trocknen müssen – oder gleich entsorgt werden. Saubere Socken wären auch keine schlechte Idee, und was seine Hose betraf …
    »Blutest du?«, fragte Clarke, als er den Schaden begutachtete.
    »Bloß ein Kratzer.«
    »Vielleicht brauchst du eine Tetanusspritze.«
    »Ein Schluck Whisky wird’s auch tun.«
    Sie sprachen über alles, nur nicht über das, was vor ihnen lag. Bislang hatte Ruby drei Leichen gefunden und machte jetzt Pause, der Hundeführer hatte eine Schale und eine Flasche Wasser aus dem Transporter geholt. Das Team der Spurensicherung war eingetroffen und bereits bei der Arbeit. Man hatte einen Arzt aufgetrieben, und einige Beamte machten sich mit Videokameras am Fundort zu schaffen.
    »Und wie war dein Tag?«, fragte Rebus Clarke betont interessiert.
    »Ach, na ja, das Übliche.« Sie verschränkte die Arme vor der Brust, um sich warm zu halten.
    »Hast du schon im Hotel eingecheckt?«
    »Scheint ganz okay zu sein.« Sie scharrte mit den Füßen. Sie standen ein gutes Stück von den drei Gräbern entfernt, da es nicht genug Überschuhe gab und sie nicht herumlaufen durften.

Weitere Kostenlose Bücher