Mädchenhass und Jungenliebe (Junge Liebe )
geworden. Du stehst wohl eher auf jüngere, hab ich recht?“
Noch nie hatte jemand weniger recht.
„Ich bin verliebt, aber doch nicht in Sarah.“
Wir wurden während unseres Gespräches immer lauter.
„Ach nein, warum willst du dann nicht hören, dass ich mit ihr glücklich bin? Ich hatte uns beide für Freunde gehalten. Warum darf man seinem Freund denn nicht erzählen, wie's mit seiner Freundin läuft?“
Ich war den Tränen nahe. Ich spürte meinen Herzschlag, den Schauer, der mich überkam und Milliarden von Schmetterlingen in meinem Bauch.
Meine einzige große Liebe stand vor mir und ich war so unglücklich wie in meinem ganzen Leben noch nie zuvor.
„Weil du mir damit wehtust.“
Er sprang auf.
„Du hast echt 'nen Schaden“, sagte er - schon etwas ruhiger.
„Womit tu ich dir denn bitte schön weh, wenn ich dir von Sarah und mir erzähle?“
„Weil ich verliebt bin.“ Jetzt konnte ich die Tränen nicht mehr wirklich zurückhalten. Ich wischte sie mir heimlich mit dem Ärmel meiner Jacke aus dem Gesicht, aber es waren zu viele, um sie verbergen zu können.
„In wen denn, wenn du solche Probleme damit hast.“
Ich hatte keine andere Wahl, ich musste es ihm sagen.
Ab morgen würde ich das Gespött der ganzen Schule sein und alle Freunde verloren haben. Dann würde mich meine erste große Liebe doch noch umgebracht haben.
„In dich, Henning. Ich liebe dich mehr als ich jemals zuvor irgendeinen Menschen auf der Welt geliebt habe. Ich kann nur noch an dich denken und der Gedanke, dich nicht für immer an meiner Seite haben zu können, bringt mich fast um.“
Er starrte mir ins Gesicht - ich starrte zurück. Wenn die Welt so einfach wäre, wie ich sie mir manchmal wünsche, dann wären wir uns jetzt in die Arme gefallen und wären für immer ein glückliches Paar geworden.
Aber diese Fassungslosigkeit in seinem Blick sprach eine andere Sprache.
„Du bist ja so ein Arschloch. Ich hatte wirklich gedacht, wir beide hätten Freunde werden können. Und jetzt kommst du mit so 'nem Scheiß an?“
Es war wie Zeitlupe für mich, als er seinen Arm hochriss, ausholte und mir mit voller Wucht ins Gesicht schlug.
„Ich will nie wieder so einen Scheiß von dir hören. Lass mich in Ruhe, für immer.“
Ich setzte mich wieder auf die Bank und rauchte eine Zigarette nach der anderen. Ich missachtete die Uhr und dass der Unterricht schon längst wieder angefangen hatte. Als ich mein Zeitgefühl wiederbekam, war die dritte Stunde schon fast vorbei.
Eine Rückkehr in den Unterricht würde jetzt zu viele Fragen aufbringen, denen ich mich nicht stellen wollte.
Jetzt hatte ich Henning endgültig verloren, sogar als Freund. Er hasste mich.
Es war mir scheißegal, ob er den anderen davon erzählte oder nicht.
Und wenn ich an jeder Ecke dieser grausamen Welt ausgelacht werden würde, es wäre mir egal.
Ich war unsterblich verliebt und das würde für immer so bleiben.
Obwohl es Mitte März war und es fast täglich wärmer wurde, war mir kalt.
Ich ging nicht zur Schule zurück, sondern durch den Park und auf der anderen Seite über die Straße zur Bushaltestelle. Das war die Bushaltestelle, die nach derjenigen an unserer Schule kam.
Ich musste nicht lange warten, bis ein Bus kam.
Der Bus war fast leer und ich setzte mich in die letzte Reihe.
Henning saß wohl gerade im Unterricht - wahrscheinlich noch neben seiner Sarah und dachte keine Sekunde daran, wie schlecht es mir ging.
Er hatte mir eine runtergehauen. Dass das körperlich wehtat, war unwichtig. Viel schlimmer war der seelische Schmerz.
Ausgerechnet Henning, der Junge, dem ich mein ganzes Leben widmen wollte, hatte mich geschlagen.
Zu Hause schaffte ich es nicht einmal mehr bis ins Bett. Ich legte mich aufs Sofa und lag dort wie versteinert. Nur meine Lippen flüsterten immer wieder und immer wieder: „Henning, ich liebe dich!“
Kapitel 11
„Ich glaube, ich kann morgen wieder zur Schule gehen.“
Was war passiert? Ich war eine Woche - vom Wochenende bis zum Wochenende - todkrank.
Es war eine ernstzunehmende Grippe, von der ich keine Ahnung hatte, wie ich sie mir eingefangen hatte.
Ich genoss - trotz aller Schmerzen - das beruhigende Gefühl, dass vierzig Grad Fieber einem geben konnten. Ich hatte eine Woche am Stück das Gefühl, mich in einem Dämmerzustand zwischen Wachsein und Schlafen zu befinden.
Ab Freitag war das Fieber dann weg. Am Samstag stand ich wieder auf, am Sonntag ging ich spazieren - endlich mal ohne
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