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Maedchenlose

Titel: Maedchenlose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Augusti
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zuzuflüstern. Ja, sie wollte geduldig und ergeben ausharren und durch vermehrte Treue und Vorsicht alle Vorwürfe zu entkräften suchen!
    Es war spät geworden, ehe Nora an dies Ziel gelangte, müde und zerschlagen von innerem Kampf, aber in sanfter, friedevoller Stimmung ging sie endlich zur Ruhe.
    Neuntes Kapitel

Große Sorge
    Mehrere ereignislose Wochen waren verflossen; Frau v. Westheim hatte ihr Benehmen gegen Nora nicht geändert, jedoch wollte es dieser zuweilen scheinen, als ob sie freundlicher und rücksichtsvoller behandelt würde, als früher. Seit einiger Zeit machte sie sich Sorge um Erna; das Kind, das eben angefangen hatte, ein wenig aufzublühen, das sich geistig erfreulich entfaltete, schlich matt und unlustig umher, ohne eigentlich krank zu sein.
    Eines Tages sollte auf einem benachbarten Gute ein größeres Fest stattfinden, zu dem auch Westheims geladen waren. Als der Wagen schon vor der Thür stand, kam die Mutter noch einmal herauf, um nach ihrem Kinde zu sehen. »Erna gefällt mir heute nicht ganz,« sagte sie, »sie hat ein fieberhaftes Aussehen. Ich hoffe, es hat nichts zu bedeuten, doch wird es gut sein, sie früh zu Bett zu bringen und morgen nach unserer Rückkehr den Doktor holen zu lassen. Ich kann mich darauf verlassen, daß Sie in meiner Abwesenheit Erna keinen Augenblick verlassen, nicht wahr, Lorchen?«»Gewiß, gnädige Frau, ich bleibe auf meinem Posten.«
    »Ich schenke Ihnen vollkommenes Vertrauen, liebes Fräulein,« sagte Frau v. Westheim mit Nachdruck und reichte Nora die Hand. »Adieu, meine kleine Erna; ich will dir etwas Schönes mitbringen, komm mir morgen frisch und froh entgegen.«
    Nora hörte den Wagen fortrollen, ein Gefühl großer Einsamkeit kam über sie; die gute alte Haushälterin, die sonst wohl einmal ein Stündchen bei ihr saß, lag zu Bett und konnte ihr keinen Rat geben, keine Hilfe bei dem kranken Kinde leisten. Sorgenvoll beobachtete sie das von Stunde zu Stunde steigende Fieber, die immer vermehrte Unruhe; endlich, als Erna, aus unruhigem Schlummer erwachend, über heftige Halsschmerzen klagte, konnte sie die Angst nicht länger ertragen, sie klingelte dem Mädchen, das nach einer Weile, schon halb verschlafen, erschien.
    »Ich fürchte, Erna ist sehr krank, Martha, schicken Sie gleich nach dem Doktor, damit nichts versäumt wird,« sagte Nora.
    »Aber Fräulein Lorchen,« erwiderte jene ganz betreten, »wer soll gehen? Der Diener ist mit den Herrschaften fortgefahren, Amalie ist zu ihrer kranken Mutter gegangen und kommt erst morgen früh zurück, und ich allein kann doch in dunkler Nacht nicht den weiten Weg gehen, ich fürchte mich zu sehr.«
    »O mein Gott,« seufzte Nora, »was sollen wir machen? ist denn niemand da, der in dieser Not helfen könnte?«
    »Machen Sie sich nur nicht gleich solche Sorgen, Fräulein,« tröstete das Mädchen, »das sieht bei Kindern immer schlimmer aus, als es wirklich ist. Wir wollen warme Umschläge um den Hals machen, das wird helfen.«
    Eilfertig trug Martha alles Nötige herbei; wirklich schien das Mittel etwas Linderung zu bringen. Doch nach kurzer Zeit stöhnte die Kranke wieder stärker, sie warf sich heftiger in ihrem Bett hin und her, die Augen glühten vor innerer Hitze, sie sprach wirre Worte und röchelte schwer. »Es hilft nichts,« sagte Nora mit plötzlichem Entschluß, »der Arzt muß geschafft werden; entweder Sie gehen, Martha, oder ich.«
    »Ach Fräulein Lorchen,« jammerte das Mädchen, »verlangen Sie nur das nicht von mir, ich ängstige mich tot in der Finsternis, es ist ja Mitternacht vorüber.«
    »So werde ich gehen, der liebe Gott wird mich beschützen. Aber erst schwören Sie mir, Martha, keinen Schritt vom Bett des Kindes zu weichen, bis ich zurückkomme.«
    »Ich schwöre es,« sagte das Mädchen, ganz erschüttert von Noras feierlichem Ernst.
    Zitternd eilte Nora durch die dunkeln Straßen, der Wind pfiff und heulte unheimlich, ein feiner Regen sprühte herab, sie achtete auf nichts, als ihren Weg, der hin und wieder von dem flackernden Schein einer Laterne matt beleuchtet wurde. Schon hatte sie den größten Teil zurückgelegt, schon atmete sie freier, als plötzlich laute, lachende Stimmen an ihr Ohr schlugen, offenbar kam eine Schar von Herren ihr entgegen. Sie drückte sich hart an die Mauer und hoffte unbemerkt zu entschlüpfen, als eine Handsie berührte. »Was ist das – wen haben wir hier – ein pikanter Fang, holla, laß sehen,« so tönte es von allen Seiten. Im nächsten

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