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Maedchenlose

Titel: Maedchenlose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Augusti
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niederkämpfend, antwortete sie in ruhigem Ton:
    »Ich gestehe zu, daß durch meine Schuld Erna gestern übermüdet wurde, es thut mir herzlich leid. Ich habe Herrn v. Lilienkron zufällig getroffen, er brachte mir Grüße und Bestellungen von Elly v. Mansfeld, und da er sonst keine Gelegenheit hat, mich zu sehen, benutzte er diese. Aber ich habe ihm kein Rendezvous gegeben und seine Frage, ob er mich öfter so treffen würde, gänzlich abgelehnt. Ich freute mich, ihn zu sehen«, fuhr Nora mit fliegendem Atem fort, »denn er ist der einzige Mensch hier, der mich in meinem frühern Leben gekannt hat, das von dem jetzigen so himmelweit verschieden war, – als ich noch nicht einsam und verlassen war, sondern unter der Obhut meiner Eltern und lieber Freunde stand. O, was würde meine Mutter, was würde Frau v. Mansfeld sagen, wenn sie hörten, wessen man mich hier beschuldigt!« Ihr ganzer Körper bebte unter der Gewalt der unterdrückten Entrüstung.
    »Regen Sie sich nicht unnötig auf, Fräulein,« sagte Frau v. Westheim kühl, aber doch weniger unfreundlich als vorher, »ich möchte die Sache ernst, aber nicht tragisch nehmen.Es ist mir lieb, daß Sie das Ungehörige Ihres gestrigen Benehmens schon selbst erkannt und einer Wiederholung vorgebeugt haben. Bedenken Sie, daß der Ruf eines jungen Mädchens ein Spiegel ist, den der leiseste Hauch trüben kann. Ich habe Ihnen weiter nichts zu sagen.« Sie neigte das Haupt zum Zeichen der Entlassung, schweigend verließ Nora das Zimmer.
    Sie eilte die Treppe hinauf und war froh, ihr Schlafzimmer ungesehen zu erreichen; sie mußte die heißen Augen kühlen, ehe sie zu Erna ging, niemand durfte ahnen, was vorgefallen war; erst abends, wenn sie ganz allein war, konnte sie über das bittere Herzweh nachdenken, das man ihr angethan hatte. Aber Ernas scharfe Augen durchschauten bald ihre Stimmung: »Warum bist du so still, Nora, hast du geweint?«
    »Ich bin sehr traurig, mein Liebling,« erwiderte sie unwillkürlich mit einem tiefen Seufzer.
    »Arme Nora,« sagte das Kind liebevoll und streichelte ihr sanft die blassen Wangen, »hat Mama dich gescholten?« »Warum glaubst du das? ich habe ja kein Unrecht gethan.«
    »Sie fragte mich so viel nach unserm Spaziergang und was Vetter Axel mit dir geredet hätte; ich wollte es ihr zuerst nicht sagen, aber da meinte sie, Lorchen hat dir wohl verboten, davon zu sprechen, und lachte, dabei so, daß es mir weh that. Da habe ich alles gesagt, was ich wußte. Bist du mir böse deshalb?«
    »Gewiß nicht, meine kleine Erna, du mußt der Mamaimmer alles sagen, was sie wissen will; wenn wir nichts Böses thun, brauchen wir uns vor niemand zu fürchten. Und nun bringe mir unser Buch, ich will dir die schöne Geschichte weiter vorlesen.«
    Mechanisch las Nora, ohne recht zu wissen, was; Ernas Zwischenfragen setzten sie zuweilen in Verlegenheit, aber wenigstens konnte sie nicht grübeln und denken. Endlich war die Kleine zu Bett gegangen, Nora war allein, und nun brach der Sturm in ihr um so heftiger los, je mehr er bisher zurückgedrängt worden war. Ein bitterer Haß gegen Frau v. Westheim, die sie so schonungslos und unbarmherzig verurteilte, so Schlimmes von ihr dachte, tobte in ihrer Seele; sie wollte fort, fort aus diesem Hause, wo man ihr so schnöde begegnen konnte, wo man ihr nur Pflichten, aber keine Rechte zuerkannte. So heftig war die Aufregung ihrer Seele, daß sie nach einer Weile selbst darüber erschrak, – wenn ihre Mutter, ihre Freunde, die oft ihre Sanftmut gerühmt hatten, sie so hätten sehen können! Sie faltete ihre Hände und betete inbrünstig um Kraft, den Groll und die Bitterkeit ihres Herzens zu überwinden. Allmählich legten sich die wilden Wogen, eine ruhigere Erwägung gewann Raum. Hatte nicht Frau v. Westheim ein Fünkchen Recht zu der Warnung, die sie freilich in der schroffsten Form ausgesprochen hatte? Und wohin sollte sie gehen? die Rückkehr ihrer Eltern war noch ebenso ungewiß, wie vor Wochen; Mansfelds mußten zwar gerade jetzt zu Hause angekommen sein, aber konnte sie bei ihnen um Aufnahme bitten, wenn sie hier mit Tadel und Unzufriedenheitentlassen wurde? Würde ihre Mutter sie mit Freuden in ihre Arme schließen, wenn sie in Zorn und Haß die Pflichten, die sie übernommen hatte, von sich schleuderte und Erna verließ, die mit so zärtlicher Liebe an ihr hing? –Nein! sprach ihr Gewissen, und: nein! sprach endlich auch der Wille nach. Geduld und Ergebung! schien ihr Tante Cäciliens sanfter Mund

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