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Maenner fuers Leben

Maenner fuers Leben

Titel: Maenner fuers Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
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und wir gehen zu einem Tisch am vorderen Fenster, als es draußen anfängt zu regnen.
    «Ein perfektes Timing», sagt Leo.
    Ich schaue ihn über den Tisch hinweg an und sehe plötzlich Andy in Anzug und Schlips an seinem Schreibtisch vor mir. Der Kontrast zwischen diesen beiden Welten ist ungeheuer – ein Hot-Dog-Lokal in Brooklyn und eine funkelnde Anwaltskanzlei in Buckhead. Und noch größer ist der Kontrast zwischen den beiden Männern und den Gefühlen, die ich für sie habe.
    «Eher nicht», sage ich und schaue ihm in die Augen. «Ein ziemlich beschissenes Timing, würde ich sogar sagen.»
    Leo blickt von seinen Fritten auf. Dann nimmt er eine in die Hand, zeigt damit auf mich und sagt: «Du.»
    «Nein. Du », sage ich.
    «Du», antwortet er.
    So haben wir immer miteinander gesprochen – zwischen den Zeilen, scheinbar unsinnig, aber mit Bedeutung aufgeladen. Mit Andy habe ich nie so geredet; er ist immer offen und freimütig. Mindestens zum hundertsten Mal heute sage ich mir, das eine ist nicht besser als das andere – es ist nur anders .
    Leo und ich essen schweigend. Dann gehen wir wieder hinaus in den gleichmäßigen, leichten Regen und wandern auf der Surf, Neptune und Mermaid Avenue auf und ab. Leo hält den Schirm über mich, und ich mache unzählige Fotos. Fotos von geschlossenen Spielbuden und Fahrgeschäften. Von dem berühmten Cyclone und dem unglaublich großen weltberühmten Wonder Wheel. Von einem Basketballspiel, drei gegen drei. Von müllübersäten Brachgrundstücken. Von den Leuten – einem Bäcker, einem Metzger, einem Schneider.
    «Klingt wie ein Kindervers», sage ich.
    «Ja. Jetzt brauchen wir nur noch einen Hungerleider», sagt er.
    Ich lache, und dann sehe ich zwei Teenager, die sich die Preise im Schaufenster eines Tattoo-Ladens ansehen.
    «Oooh. Die Orchidee da gefällt mir», sagt die eine. «Die sieht so cool aus.»
    «Ja … Aber ich finde den Schmetterling besser», sagt die andere. «Auf meiner Schulter? Aber in Lila?»
    Ich fotografiere die beiden und denke: Tu’s nicht. Eines Tages wird es dir leidtun .

    Es wird Abend auf Coney Island, und ich habe endlich genug, zumindest was die Fotos angeht. Der Regen hat aufgehört, die Wolken haben sich verzogen, und es verspricht, eine frische, windige Herbstnacht zu werden. Leo und ich kehren zu unserer Bank zurück, durchfeuchtet, müde, frierend. Wir sitzen dichter nebeneinander als vorher, und er legt beiläufig den Arm um meine Schultern – eine Geste, die sich behaglich anfühlt und dennoch sehr romantisch ist. Ich widerstehe dem Drang, meinen Kopf auf seine Schulter zu legen, und schließe die Augen. Das alles wäre so viel einfacher, wenn ich meine Gefühle besser einordnen könnte. Wenn Leo ganz das eine und Andy etwas völlig anderes sein könnte. Aber so einfach und klar umrissen ist es nicht – und ich frage mich, ob es das in Herzensdingen jemals ist.
    «Woran denkst du?», fragt Leo. Sein Atem streicht warm über mein Haar.
    Ich knicke ein und sage die Wahrheit. «An den Tag im Dezember damals … als du zu mir zurückgekommen bist.»
    Jetzt streift Leos Atem meinen Hals, und ich bekomme eine Gänsehaut.
    «Ich wünschte, ich hätte davon gewusst», sage ich.
    «Das wünschte ich auch», sagt er. «Und ich wünschte, ich hätte gewusst, dass es etwas geändert hätte.»
    «Es hätte etwas geändert», bestätige ich schließlich, und ich empfinde Wehmut und Bitterkeit, Schuld und Sehnsucht auf einmal.
    «Es könnte immer noch anders sein.» Leo legt eine Hand unter mein Kinn und hebt sanft meinen Kopf, sodass er mir in die Augen sehen kann.
    «Leo … ich bin verheiratet …» Ich weiche zurück und denke an Andy und unser Eheversprechen. Wie sehr ich ihn liebe, auch wenn ich nicht alles an unserem Leben liebe. Auch wenn ich jetzt hier bin.
    Leo lässt die Hand sinken. «Das weiß ich, aber …»
    «Aber?» Ich bin plötzlich erschöpft von so vielen Nuancen, vom endlosen Spekulieren, Interpretieren, Rätseln.
    «Aber ich kann nichts daran ändern, dass ich … wieder mit dir zusammen sein möchte», sagt er.
    «Jetzt? Heute Abend?», frage ich verwirrt.
    «Ja. Heute Abend. Und morgen … und übermorgen …»
    Ich rieche seine Haut und sage seinen Namen, und ich weiß nicht, ob ich protestiere oder nachgebe.
    Er schüttelt den Kopf, legt mir einen Finger an die Lippen und flüstert: «Ich liebe dich, Ellie.»
    Es ist eine Feststellung, aber es klingt eher wie ein Versprechen. Mein Herz explodiert, und ich kann

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