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Maenner fuers Leben

Maenner fuers Leben

Titel: Maenner fuers Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
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mehr als einmal in den Sinn gekommen ist.
    «Aber du hast ihn geküsst?»
    «Ja», sage ich, und irgendwie lässt dieses laut ausgesprochene Eingeständnis alles real werden. Meine Gefühle für Leo. Meine Untreue gegen Andy. Meine Ehe, die jetzt auf dem Spiel steht.
    «Du musst da weg», sagt sie besorgt und drängend. «Du musst sofort gehen.»
    «Suzanne … nein », sage ich.
    «Du wirst es bereuen.»
    «Vielleicht nicht.»
    «Doch, Ellen … Mein Gott, ich will nicht, dass es dir leidtut. Ich will nicht, dass du etwas bereuen musst.»
    Das Einzige, was ich in diesem Moment bereue, ist, dass ich meine Schwester zurückgerufen habe – oder dass mein Telefon überhaupt eingeschaltet war, aber das sage ich nicht. «Andy und ich hatten gestern Abend einen Riesenkrach. Es ist eine Katastrophe.»
    «Okay. Ich weiß, wie so was läuft», sagt sie, und zumindest tut sie so, als hätte sie Geduld mit mir. «Aber du … du machst es jetzt noch viel schlimmer.»
    Das kann ich nicht bestreiten. Also rechtfertige ich mich wie ein Schulmädchen. « Er hat mich verlassen», sage ich. «Gestern Abend. Wahrscheinlich ist er bei seiner Schwester –»
    «Nein», unterbricht Suzanne. «Er ist nicht bei seiner Schwester. Er ist in ein Hotel gegangen … und hat deine Schwester angerufen.»
    Ich blinzele, und dann starre ich den roten Lampenschirm an, bis ich Flecken an der weißen Wand darüber sehe. «Er hat dich angerufen?», bringe ich schließlich hervor.
    «Ja», sagt sie, «heute Morgen aus dem Ritz und dann noch einmal vor ungefähr einer halben Stunde …» Sie spricht nicht weiter, aber ich weiß, wie der Satz weitergeht: Während du Leo geküsst hast .
    «Was hat er gesagt?» Ich bin wie betäubt.
    «Er ist außer sich, Ellen. Er hat Angst, und er will mit dir sprechen.» In ihrer Stimme schwingt ein Hauch von Vorwurf, aber hauptsächlich klingt sie besorgt und ein bisschen traurig.
    «Nein, das will er nicht. Er hat mich nicht angerufen. Nicht ein einziges Mal.»
    «Weil er verletzt ist, Ell. Er ist wirklich verletzt … und er macht sich Sorgen.»
    «Das hat er dir gesagt?»
    «Ja. Mehr oder weniger.»
    «Was hast du ihm gesagt?» Ich weiß nicht genau, welche Antwort ich hören will.
    «Ich habe ihm gesagt, er braucht sich keine Sorgen zu machen. Du seist zum Fotografieren in New York, nicht wegen Leo, und er müsse Vertrauen zu dir haben.»
    Ich schaue auf meine Schuhe hinunter, die noch feucht sind vom Regen, und ich frage mich, ob das Gleiche passiert wäre, wenn Andy nicht gegangen wäre, wenn er den Zettel nicht geschrieben hätte. Hatte es von vornherein festgestanden? Oder doch nicht?
    «Okay», sagt Suzanne. «Ich behaupte nicht, dass Andy perfekt ist. Bei weitem nicht. Und du weißt, was ich von diesem egozentrischen Kontrollfreak Margot halte, von ihrem ganzen Quatsch. Herrgott, ich kann immer noch nicht fassen, dass sie dir nichts von Leos Besuch erzählt hat. Aber …»
    «Aber?»
    «Aber sie sind deine Familie. Und du hast großes Glück, eine Familie zu haben.»
    Ich denke an unseren Vater und daran, wie viel ihm das Leben mit Sharon und ihren Kindern bedeutet. Dann denke ich an Vince, der sich weigert, sich an meine Schwester zu binden, und ich stelle mir vor, wie frustriert sie sein muss. Und natürlich denke ich an unsere Mutter. Ich denke immer an unsere Mutter.
    «Du bist auch meine Familie», sage ich, und meine Schuldgefühle sind größer, als ich dachte.
    «Ich weiß», sagt sie. «Und du bist meine. Aber komm schon, Ell – du weißt, was ich sagen will … Sie sind eine richtige Familie. Und sie haben dich aufgenommen. Sie betrachten dich als eine der Ihren. Und das bist du.»
    Ich schließe die Augen und denke an Mr.   Grahams Trinkspruch an unserem Hochzeitstag: Genau das hat er da zu mir gesagt. Stella behandelt mich wie eine Tochter, und für Margot bin ich eine Schwester – und das war ich schon vor meiner Hochzeit mit Andy.
    «Willst du das wirklich alles aufgeben?», fragt Suzanne mütterlich, sanft, fürsorglich. «Willst du Andy aufgeben?»
    «Ich weiß es nicht.» Allmählich dämmert mir die Realität dieser Situation, hart und furchterregend. Aber ich will nicht aus Angst heraus eine Entscheidung treffen.
    Wir schweigen beide, und schließlich fragt Suzanne: «Darf ich dich etwas fragen?»
    «Natürlich.»
    Suzanne zögert. Dann sagt sie: «Liebst du ihn?»
    Ich weiß nicht genau, wen sie meint – Andy oder Leo –, aber so oder so sage ich ja.
    «Dann tu das nicht.»

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