Maenner fuers Leben
ob das die Wahrheit ist, aber im Zweifel entscheide ich großzügig zu meinen Gunsten. «Es tut mir leid.»
Wieder denke ich an Suzanne, aber ich sage mir, ein schlichtes Es tut mir leid ist noch lange kein Winseln.
«Es braucht dir nicht leidzutun», sagt Margot sofort. «Es ist okay.»
Einen Augenblick lang herrscht gelöstes Schweigen zwischen uns, und als ich gerade denke, ich bin aus dem Schneider, dreht sie ihren diamantenen Ohrstecker einmal ganz herum und fragt mich unverblümt: «Weiß Andy es?»
Aus irgendeinem Grund habe ich diese Frage nicht erwartet, und sie macht mein schlechtes Gewissen größer – und leider auch meinen Kater. Ich schüttele den Kopf und bin ziemlich sicher, dass dies nicht die Antwort ist, die sie erhofft hat.
Und richtig – sie sieht mich mitleidig an und fragt: «Wirst du es ihm erzählen?»
«Ich … ich sollte es wohl tun?» Ich hebe fragend die Stimme.
Margot streicht sich mit der Hand über den Bauch. «Ich weiß nicht», sagt sie versonnen. «Vielleicht nicht.»
«Wirklich nicht?»
«Vielleicht nicht», sagt sie entschiedener.
«Meinst du nicht, er sieht … den Namen?» Mir wird bewusst, dass wir seit Jahren nicht mehr über Beziehungsstrategien und -analysen dieser Art geredet haben. Andererseits hatten wir es auch nicht nötig. Abgesehen von ein paar albernen Streitereien, die im Laufe unserer Hochzeitsplanung aufkamen (und bei denen Margot auf meiner Seite stand), haben Andy und ich eigentlich nie über Kreuz gelegen – zumindest nicht so, dass komplizenhaftes Eingreifen meiner Freundin notwendig gewesen wäre.
«Wahrscheinlich nicht», sagt Margot. «Er ist ein Mann … Und kennt er überhaupt Leos Nachnamen?»
«Ich bin nicht sicher», sage ich. «Er kannte ihn mal, aber vielleicht hat er ihn vergessen.»
«Und eigentlich», sagt sie und legt die Fußknöchel übereinander, «was macht das schon?»
Ich sehe sie an. Ich bin froh, dass sie so denkt, frage mich aber, ob sie mir am Ende nicht vielleicht, als loyale Schwester, um ihres Bruders willen eine Falle stellt.
Blut ist dicker als Wasser , höre ich Suzanne sagen. Ich nicke unverbindlich und warte darauf, dass Margot ihren Gedanken zu Ende bringt.
«Es ist ja nicht so, als wäre Leo die große Liebe deines Lebens gewesen oder so was», sagt sie schließlich.
Als ich nicht sofort antworte, zieht sie ihre wohlgeschwungenen Augenbrauen noch ein Stück höher. Offensichtlich wartet sie auf Bestätigung und Beruhigung.
Also sage ich so entschieden, wie ich kann: «Nein, das war er nicht.»
Diesmal weiß ich, dass ich lüge, aber was bleibt mir übrig?
«Er ist nur … irgendein Typ von früher», sagt Margot und lässt den Satz in der Schwebe.
«Genau», sage ich und winde mich innerlich, als ich an diesen gemeinsamen Flug denke.
Margot lächelt.
Ich zwinge mich, zurückzulächeln.
Und als die Stewardess am Gate zum Einsteigen aufruft und Webb und Andy mit einem Stapel Zeitungen, Illustrierten und Wasserflaschen zurückkommen, beugt sie sich zu mir herüber und flüstert verschwörerisch: «Was meinst du, wenn wir es einfach für uns behalten?»
Ich nicke und sehe uns beide vor mir, wie wir buchstäblich einen Haufen Müll unter einen teuren Orientteppich kehren und dabei die Titelmusik von Golden Girls summen, einer unserer Lieblingsserien nach dem Unterricht auf dem College.
«Ende gut, alles gut», sagt Margot, und diese Worte beruhigen mich und erfüllen mich seltsamerweise zugleich mit düsteren Vorahnungen. Sie hallen in meinem Kopf wider, als wir vier unsere Sachen zusammensuchen und durch die Fluggastbrücke meinem nächsten Leben entgegenschlendern, einem neuen Anfang – ja, es fühlt sich ein bisschen an wie eine Erlösung.
Zweiundzwanzig
In den nächsten paar Wochen, während Andy und ich uns in unserem neuen Zuhause einrichten, tue ich mein Bestes, um auf der Straße zur Erlösung zu bleiben. Ich wache jeden Morgen auf und richte ein paar anfeuernde, aufrüttelnde Worte an mich selbst, und unter der Dusche wiederhole ich muntere Klischees – zum Beispiel: Zuhause ist da, wo dein Herz ist und Glücklichsein ist ein Gemütszustand . Ich sage Andy und Margot und Stella und sogar Fremden wie der Kassiererin bei Whole Foods und einer Frau, die bei der Fahrzeugzulassungsstelle in der Schlange hinter mir steht, dass ich hier glücklich bin und dass ich New York nicht vermisse. Ich sage mir selbst, wenn ich nur will , dass es wahr ist, dann wird meine Akte gelöscht, meine Weste
Weitere Kostenlose Bücher